Broschiert: 480 Seiten
Verlag: Ullstein Taschenbuch
erschienen am 15. Januar 2016
Originaltitel: You Should Have Known
zur Autorin:
Jean Hanff Korelitz ist in New York City aufgewachsen und hat am Dartmouth College als auch am Clare College in Cambridge studiert. Mit ihrer Familie lebt sie jetzt wieder in New York City. Sie ist Gründerin von BOOKTHEWRITER, einem Service, der Autoren mit Verlagen zusammen bringt.
zum Inhalt:
Grace Sachs ist Ehetherapeutin in Manhattan und hat ihr erstes Buch geschrieben. Der Titel lautet Du hättest es wissen können. Ihren Patienten vermittelt sie stets diese These, dass sie mehr auf Kleinigkeiten hören sollten und somit so manche Überraschung in ihrer Beziehung zu anderen Menschen ausbliebe. Grace selber ist seit zwanzig Jahren mit ihrem Mann Jonathan zusammen, der als Kinderarzt in der Onkologie vielen Menschen Beistand leistet. Ihr gemeinsamer Sohn Henry geht auf eine angesehene Privatschule. Alles scheint perfekt und bildet die ideale Kulisse für die demnächst anstehende Veröffentlichung ihres Buches. Doch dann wird die Mutter eines Mitschülers von Henry ermordet und Jonathan verschwindet. Hätte Grace das wissen können?
meine Meinung:
Jean Hanff Korelitz zeichnet in ihrem Roman ein realistisches Bild der Gesellschaft in Manhattan. Wer hier lebt, hat es beruflich geschafft und kann sich einen gewissen Wohlstand leisten. Man ist bestrebt, auch seinen Kindern die bestmöglichen Chancen auf eben dieses Leben zu bieten. Der Beruf fordert viele Stunden und als Paar sieht man sich nicht immer regelmäßig, geschweige denn, kann die Dinge des Alltags ausreichend besprechen. Grace scheint durch ihre Erfahrung als Therapeutin mit beiden Beinen fest im Leben zu stehen. Sie kümmert sich liebevoll um ihren Sohn und hält ihrem Mann so weit es geht den Rücken frei. Sie hat Vertrauen in ihre Umwelt und versucht, das auch an ihre Patienten weiter zu geben. Als Leser bringt man ihr sofort Sympathien entgegen. Fast zu schön liest man auch von den Anstrengungen Jonathans, krebskranken Kindern und deren Eltern einfühlsam zu begegnen.
Alles ändert sich, als die Schule über ein „Problem“ informiert. Es stellt sich heraus, dass die Mutter eines Schulfreundes von Henry ermordet wurde. Der Fall entwickelt sich hier wie ein Krimi. Der tragische Vorfall nimmt von Kapitel zu Kapitel mehr Einfluss auf Grace. Seit diesem Zeitpunkt erreicht sie auch ihren Mann nicht mehr, wobei sie zunächst noch an einen unvorhergesehenen Schichtwechsel glaubt. Ihre Kooperation mit den Polizeibeamten ist dementsprechend abweisend. Sie will diesen dunklen Fleck einfach nicht in ihr Leben lassen.
Nebenbei wird immer mehr aus Graces Leben bekannt. Der frühe Tod ihrer Mutter und der Einfluss ihrer Stiefmutter lassen immer mehr Puzzleteile an die richtige Stelle fallen, sodass auch Graces Psyche ein farbiges Bild liefert. Durch die Ankündigung ihres Buches gewinnt auch die Öffentlichkeit immer mehr Interesse und Grace befürchtet schnell schlechte Publicity. Mehr als die Klärung des Mordfalls rückt jetzt ihre Position in den Vordergrund. Der psychologische Spannungsroman stellt immer wieder auch an sich selbst die Frage, ob man wirklich alles im Leben hätte wissen können. Die amerikanische Autorin vermeidet hier eine Antwort, sondern lässt den Leser in der ausführlichen Analyse einer Beziehung seine eigene Meinung bilden. Die anfänglich ruhige Erzählgeschwindigkeit nimmt mit jeder Enthüllung mehr Fahrt auf und konzentriert sich immer mehr auf Grace. Bis zum Schluss werden so viele Themen offen gehalten, dass sich der Spannungsbogen hält, obwohl einiges vorhersehbar ist. Das wirkt allerdings in keiner Weise störend, sodass der Roman eine unbedingte Leseempfehlung bekommt.