Unschuld - Jonathan Franzen

  • Der Autor (Quelle: Amazon)
    1959 in Western Springs / Illinois geboren, wuchs in einer Vorstadt von St. Louis auf. 1988 veröffentlichte er den Roman "The Twenty-Seventh City", 1992 "Strong Motion". Für seinen dritten Roman und sensationellen Erfolg "The Corrections" erhielt er 2001 den National Book Award verliehen. Schon vorher hat ihn die Zeitschrift The New Yorker unter die "Twenty Writers for the 21st Century" gerechnet. Jonathan Franzen lebt in New York.


    Das Buch (Quelle: Amazon)
    Die junge Pip Tyler weiß nicht, wer ihr Vater ist. Das ist keineswegs ihr einziges Problem: Sie hat Studienschulden, ihr Bürojob in Oakland ist eine Sackgasse, sie liebt einen verheirateten Mann, und ihre Mutter erdrückt sie mit Liebe und Geheimniskrämerei. Pip weiß weder, wo und wann sie geboren wurde, noch kennt sie den wirklichen Namen und Geburtstag ihrer Mutter. Als ihr eines Tages eine Deutsche beim „Sunlight Project“ des Whistleblowers Andreas Wolf ein Praktikum anbietet, hofft sie, dass der ihr mit seinem Internet-Journalismus bei der Vatersuche helfen kann. Sie stellt ihre Mutter vor die Wahl: Entweder sie lüftet das Geheimnis ihrer Herkunft, oder Pip macht sich auf nach Bolivien, wo Andreas Wolf im Schutz einer paradiesischen Bergwelt sein Enthüllungswerk vollbringt. Und wenig später bricht sie auf.
    «Unschuld», eine tiefschwarze Komödie über jugendlichen Idealismus, maßlose Treue und den Kampf zwischen den Geschlechtern, handelt von Schuld in den unterschiedlichsten Facetten: Andreas Wolf, in Ost-Berlin als Sohn eines hochrangigen DDR-Politfunktionärs geboren, hat aus Liebe zu einer Frau vor Jahren ein Verbrechen begangen; ein Amerikaner, dem er in den Wirren des Berliner Mauerfalls begegnet, hat den Kinderwunsch seiner Frau nicht erfüllt und sie dann verlassen; dessen neue Lebensgefährtin kann ihrem Ehemann, der im Rollstuhl sitzt, nicht den Rücken kehren und pflegt ihn weiter ... In diesem fulminanten amerikanisch-deutschen Gesellschaftsroman eines der größten, sprachmächtigsten Autoren unserer Zeit überschlagen sich die Ereignisse. Und bannen den Leser bis zum Schluss.


    Meinung
    Nicht viele Autoren beherrschen die Kunst, auf über 800 Seiten so gut wie gar nicht zu langweilen. Noch weniger Autoren können Figuren schaffen, von denen man nicht genug bekommen kann und die man sofort vermisst, nachdem man die letzte Seite gelesen hat. Und nur ganz wenige Autoren erzählen Geschichten, die man gerne wiederlesen möchte. Franzen beherrscht alle drei Künste.

    Der einzige Wermutstropfen: Manchmal hätte die Ausdrucksweise klarer und eindeutiger sein können und an einigen Stellen musste ich einen Abschnitt mehrmals lesen, um den Sinn zu verstehen. Das könnte auch an der Übersetzung liegen.

    Allerdings schmälert das meinen Gesamteindruck so gut wie gar nicht: Unschuld ist ein Meisterwerk.

  • Titel: Unschuld
    OT: Purity
    Autor: Jonathan Franzen
    Übersetzt aus dem Englischen von: Bettina Abarbanell und Eike Schönfeld
    Verlag: Rowohlt
    Erschienen: September 2015
    Seitenzahl: 829
    ISBN-10: 3498021370
    ISBN-13: 978-3498021375
    Preis: 26.95 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    Die junge Pip Tyler weiß nicht, wer ihr Vater ist. Das ist keineswegs ihr einziges Problem: Sie hat Studienschulden, ihr Bürojob in Oakland ist eine Sackgasse, sie liebt einen verheirateten Mann, und ihre Mutter erdrückt sie mit Liebe und Geheimniskrämerei. Pip weiß weder, wo und wann sie geboren wurde, noch kennt sie den wirklichen Namen und Geburtstag ihrer Mutter. Als ihr eines Tages eine Deutsche beim "Sunlight Project" des Whistleblowers Andreas Wolf ein Praktikum anbietet, hofft sie, dass der ihr mit seinem Internet-Journalismus bei der Vatersuche helfen kann. Sie stellt ihre Mutter vor die Wahl: Entweder sie lüftet das Geheimnis ihrer Herkunft, oder Pip macht sich auf nach Bolivien, wo Andreas Wolf im Schutz einer paradiesischen Bergwelt sein Enthüllungswerk vollbringt.
    Und wenig später bricht sie auf.


    Der Autor:
    Jonathan Franzen, 1959 geboren, erhielt für seinen Weltbestseller "Die Korrekturen" 2001 den National Book Award. Er veröffentlichte weitere Romane. Seit 2010 ist er Mitglied der Berliner Akademie der Künste, 2013 wurde ihm für sein Gesamtwerk der WELT-Literaturpreis verliehen. Jonathan Franzen lebt in New York und Santa Cruz, Kalifornien.


    Meine Meinung:
    Jonathan Franzen gehört ohne Frage zu den großen Erzählern unserer Zeit. Aber ob man ihn deshalb gleich als „literarisches Genie“ bezeichnen muss, wie es weiland der GUARDIAN tat, mag mal dahingestellt bleiben.
    „Unschuld“ ist ein sehr lesenswerter und guter Roman – mehr aber auch nicht. Er ist ganz sicher kein Geniestreich. Dazu ist er einfach zu banal und bedient zudem auch viele Klischees. Manches wirkt dann doch arg konstruiert und wenig authentisch.
    Hervorzuheben ist aber die Weitschweifigkeit des Erzählens. Franzen beleuchtet auch Hintergründe, schaut über den Tellerrand und begnügt sich nicht damit, nur das Offensichtliche zu beschreiben. Er breitet seine Geschichte quasi wie auf einem riesigen Tischtuch aus und versteckt nichts vor seinen Lesern.
    Sehr zu loben ist auch die Recherche von Franzen. Der Mann hat sich wirklich in die DDR-Vergangenheit „gekniet“ - da stimmen die Details und es gibt wahrlich nichts zu bemängeln. Gerade bei einem US-Autor beileibe keine Selbstverständlichkeit.
    Im Gesamtergebnis ein lesenswerter und guter Roman, der aber auch einige Schwächen hat, die man nicht verschweigen sollte. Franzen gehört sicher in die Spitzengruppe der zeitgenössischen amerikanischen Autoren, aber innerhalb dieser Spitzengruppe ist er eher im Mittelfeld einzuordnen. Das Format eines T. C. Boyle oder auch eines Dave Eggers hat er noch nicht – aber das kann ja noch werden. 7 Eulenpunkte mit einigem Wohlwollen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.