Worum es geht
Die Profiseglerin Ally d'Apliese verbringt mit ihrem Freund Theo zwischen anstrengenden Wettbewerben einige erholsame Tage auf seinem Schiff in der Ägäis, als sie die Nachricht vom Tod ihres geliebten Adoptivvaters erreicht.
Auf dem Familiensitz in der Schweiz trifft sich Ally mit ihren fünf Schwestern. Sie alle hat Pa Salt, wie die Mädchen ihren Vater nennen, im Babyalter von seinen Reisen mitgebracht, und nach den Plejaden (oder Siebengestirn) benannt. Keine seiner Töchter kennt ihre wahre Herkunft, doch der Verstorbene hat jeder einen sehr persönlichen Brief hinterlassen, der entscheidende Hinweise auf ihre jeweilige Identität enthält.
Im Falle Allys (Alkyone) ist es die Biografie eines norwegischen Komponisten, die Licht ins Dunkel ihrer Abstammung bringen soll, und sie in den hohen Norden Europas führt.
Wie es mir gefallen hat
Von Anfang an konnte mich Lucinda Riley mit der spannenden Geschichte um Ally, die zweite der sechs Schwestern (von der siebten fehlt nach wie vor jede Spur), auf der Suche nach ihrer Familiengeschichte in ihren Bann ziehen.
Weil ich auch den ersten Band der Reihe mit dem Titel "Die sieben Schwestern" gehört hatte, war mir der Aufbau des Buches bereits bekannt. Auch dieser Roman beginnt mit der Schilderung der Ereignisse um Pa Salts Tod, diesmal natürlich aus Allys Sicht. Genau wie ihe ältere Schwester Maia, die den Hinweisen des Vaters folgend ihre brasilianischen Wurzeln entdeckte und nach Rio de Janeiro reiste, nimmt auch Ally die Herausforderung einer Spurensuche und Konfrontation mit der Vergangenheit an. Ihr Weg führt sie nach Bergen, wo der begabten Flötistin langsam klar wird, wem sie ihr musikalisches Talent zu verdanken hat, und warum ihr der Violonist Thom gleich so vertraut erschien.
Obwohl mir die Idee um das "Siebengestirn" gut gefällt, hat mich in beiden Büchern weniger der gegenwärtige, als der in der Vergangenheit spielende Handlungsstrang angesprochen.
Im ersten Teil "Die sieben Schwestern" bin ich Maias schöner Urgroßmutter Izabela Bonifacio gerne von Rio de Janeiro ins mondäne Paris der 1920er Jahre gefolgt, wo sich die leidenschaftliche, in der Heimat bereits verlobte Brasilianerin in einen Bildhauer verliebte. Den Bezug zur Realität, den ich in Romanen immer sehr schätze, stellte die Errichtung der berühmten Christusstatue her, die ihre Arme schützend über Rio ausbreitet.
Im vorliegenden Buch ist es die Geschichte um die begabte Sängerin Anna Landvik und den treulosen Jens Halvorsen, die mir noch besser gefallen hat, als das Schicksal von Maias Vorfahrinnen. Als historische Figur hat sich die Autorin für Edvard Grieg entschieden, den berühmten norwegischen Pianisten und Komponisten. Die Schilderung der Uraufführung seiner Peer-Gynt-Suite 1876 in Christiania (heute Oslo) hat mich nicht nur auf das Werk, sondern auch auf die Biografien von Edvard Grieg und Henrik Ibsen neugierig gemacht.
Meiner Meinung nach ist es Lucinda Riley ganz hervorragend gelungen, Gegenwart und Vergangenheit in diesem äußerst hörenswerten Roman zu einer stimmigen Komposition zu verknüpfen. Selbst eine letzte erstaunliche Wende - als bereits alle Rätsel um Allys Familie gelöst zu sein scheinen - fügt sich durchaus glaubhaft ins Geschehen. Im großen und ganzen hat mich die Geschichte so gut unterhalten, dass ich kleine Ungereimtheiten im Handlungsverlauf keiner weiteren Erwähnung wert finde. Für ihre lebhafte Phantasie, ihr erzählerisches Talent und die gewiss aufwändige Recherchearbeit kann ich der Autorin nur allerhöchste Anerkennung zollen.
Wollte ich es nach dem ersten Teil beim Erscheinen des Folgebandes noch meiner momentanen Lesestimmung überlassen, ob ich mir auch die weiteren Bücher zu Gehör führe, freue ich mich nach der gelungenen "Sturmschwester" schon sehr auf die noch ausständigen Teile dieses großangelegten Romanprojektes. Schließlich möchte ich jetzt nicht nur die anderen Schwestern näher kennenlernen, sondern auch das Geheimnis, das Pa Salt umgibt, gelüftet sehen, und last but not least alles über den Verbleib seiner letzten Adoptivtochter erfahren.
Was gibt es Schöneres, als beim Sticken in große Familiengeheimnisse und dramatische Liebesgeschichten einzutauchen, vor allem dann, wenn sie von einer so begabten Autorin ausgedacht, und von so angenehmen Stimmen (Oliver Siebeck, Simone Kabst und Sinja Diecks) vorgetragen werden!
Für mich war dieser Roman ein pures Hörerlebnis, das ich sehr gerne weiterempfehle, und das man auch dann genießen kann, wenn man "Die sieben Schwestern" nicht kennt.