'Der Fänger im Roggen' - Kapitel 08 - 14

  • Kapitel 8-11 habe ich gelesen, und ich werde heute nicht mehr zu mehr kommen. Aber ich muss schon ein paar Gedanken loswerden.


    Wie ich im Vorfeld mitbekommen habe, haben viele das Buch in der Schule lesen müssen.
    Das ist aber jetzt nicht mehr so, oder?
    Mein Sohn hat Deutsch Leistungskurs, und der Fänger ist nicht auf dem Lehrplan.
    Es ist eine Geschichte über einen Jugendlichen in den 50ern (?), und das merkt man auch. Immerhin ist das schon wieder lange her.


    Mir gefällt, wie Holden einerseits cool dargestellt wird, auf seine Eigenständigkeit bedacht, und andererseits so liebevolle, fast kindliche Gedanken über seine Geschwister hat. Der tote Bruder Allie steht scheinbar immernoch wie ein Geist in Holdens Gedanken. Und er liebt seine Schwester, von der er erst erzählt, so dass man meint, sie sei älter als man es kurz darauf erfährt, nämlich erst 10.


    Man staunt schon, dass er sich so einfach in einem Hotel ein Zimmer nehmen kann.
    Man staunt, wie er der Mutter eines Schulkameraden im Zug das Blaue vom Himmel runter lügt, ohne auch nur zu zögern.
    Noch bin ich mir nicht klar, in welche Richtung sich das Buch entwickeln wird, aber ich bin gespannt.

  • Ich brauch nach Kap. 10 auch erstmal eine Pause.

    Zitat

    Original von Clare


    Mir gefällt, wie Holden einerseits cool dargestellt wird, auf seine Eigenständigkeit bedacht, und andererseits so liebevolle, fast kindliche Gedanken über seine Geschwister hat.


    Ist das der Übergang von der Kindheit in das Erwachsenenleben?



    Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, wie Holden mit Frauen, die deutlich älter sind als er, spricht.
    Ist das die maßlose Selbstüberschätzung der Heranwachsenden, die meinen, bereits die Welt und die Menschen zu kennen. Oder glaubt er, etwas darstellen zu müssen, was er gar nicht ist?
    Ist es Arroganz oder pure Verzweiflung?


    Ganz anders hingegen wirkt er auf mich, wenn er von seiner Schwester spricht, so liebevoll. Er findet, dass sie reizende Ohren hat! Da war ich platt. Welchem älteren Bruder fällt auf, dass seine kleine Schwester reizende Ohren hat!

  • Zitat

    Original von made
    Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, wie Holden mit Frauen, die deutlich älter sind als er, spricht.Ist das die maßlose Selbstüberschätzung der Heranwachsenden, die meinen, bereits die Welt und die Menschen zu kennen. Oder glaubt er, etwas darstellen zu müssen, was er gar nicht ist?Ist es Arroganz oder pure Verzweiflung?


    Ich weiß überhaupt nicht, was ich von Holden halten soll.
    Mir kommt er in vielen Dingen widersprüchlich vor.
    Wie er sich mit den drei doppelt so alten Frauen in der Bar an einen Tisch setzt und mit ihnen tanzt "und so", fand ich außergewöhnlich.
    Dann traut er sich nicht mit der Prostituierten zur Sache zu kommen, sagt auch irgendwann von sich selbst, er sei feige - um dann diesem Fahrstuhlluden derart halsstarrig Paroli zu bieten bis der ihm eine reinhaut - verblüffend, gelinde gesagt.
    Am Geld liegt es ja nicht. Davon hat er genug und es sitzt ihm locker. Es geht ihm einfach ums Prinzip. Gerechtigkeitsempfinden? Oder Blödheit? War doch klar, dass er den Kürzeren ziehen wird.


    Er ist unglaublich einsam, will trotzdem auf keinen Fall nach Hause, und immer häufiger fällt das Wort "deprimiert".

  • Zitat

    Original von Clare
    Wie ich im Vorfeld mitbekommen habe, haben viele das Buch in der Schule lesen müssen.Das ist aber jetzt nicht mehr so, oder?Mein Sohn hat Deutsch Leistungskurs, und der Fänger ist nicht auf dem Lehrplan.


    Ich hab es in der Schule auch nicht gelesen, trotz Deutsch-Leistungskurs.
    Und mein Sohn auch nicht.


    Bisher erschließt sich mir die Genialität auch noch nicht, ehrlich gesagt.
    Aber es ist ganz interessant zu lesen.

  • Zitat

    Original von Lumos


    Ich hab es in der Schule auch nicht gelesen, trotz Deutsch-Leistungskurs.
    Und mein Sohn auch nicht.


    Bisher erschließt sich mir die Genialität auch noch nicht, ehrlich gesagt.
    Aber es ist ganz interessant zu lesen.


    Genau so hätte ich es auch zusammengefasst bisher.
    Ich habe im Vorfeld von Rebellion und Auflehnung gelesen. Davon sehe ich bisher nichts. Ich sehe einen Jungen auf der Schwelle zum Erwachsensein, mit genau den Problemen, die es in verschiedenen Färbungen in jeder Zeit gegeben hat und geben wird.


    Ich bin froh, dass ich das Buch vorgeschlagen habe und über diese LR. Ich finde es ganz interessant. Gut finden muss ich ja nicht alles. :grin

  • Zitat

    Original von made
    ...
    Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, wie Holden mit Frauen, die deutlich älter sind als er, spricht.
    Ist das die maßlose Selbstüberschätzung der Heranwachsenden, die meinen, bereits die Welt und die Menschen zu kennen. Oder glaubt er, etwas darstellen zu müssen, was er gar nicht ist?
    Ist es Arroganz oder pure Verzweiflung?


    Ganz anders hingegen wirkt er auf mich, wenn er von seiner Schwester spricht, so liebevoll. Er findet, dass sie reizende Ohren hat! Da war ich platt. Welchem älteren Bruder fällt auf, dass seine kleine Schwester reizende Ohren hat!


    Mir ist sein Verhalten auch sehr fremd. Konnte in den 50ern ein Junge von 16 nachts in Bars rumhängen? Egal ob in Amerika oder hier.
    Lassen sich Damen von Anfang Dreißig von so einem Jungen aushalten, beschäftigen?
    Selbst in den versuchten Gesprächen mit den Frauen bleibt er auf Distanz, ganz so, als sei er sein eigener Beobachter. Er entlarvt sie vor sich, stellt sich weit über sie, die sie doch so viel linkischer in der Konversation und kleiner im Geist zu sein scheinen.


    Ich werde aus Holden nicht schlau.
    Was soll mir das sagen?
    Ich bin weiter gespannt.

  • Zitat

    Original von Lumos
    ...
    Dann traut er sich nicht mit der Prostituierten zur Sache zu kommen, sagt auch irgendwann von sich selbst, er sei feige - um dann diesem Fahrstuhlluden derart halsstarrig Paroli zu bieten bis der ihm eine reinhaut - verblüffend, gelinde gesagt.
    Am Geld liegt es ja nicht. Davon hat er genug und es sitzt ihm locker. Es geht ihm einfach ums Prinzip. Gerechtigkeitsempfinden? Oder Blödheit? War doch klar, dass er den Kürzeren ziehen wird.


    Er ist unglaublich einsam, will trotzdem auf keinen Fall nach Hause, und immer häufiger fällt das Wort "deprimiert".


    Alles dreht sich um Einsamkeit. So empfinde ich es auch.
    In ihm ist eine Lücke, die er nicht füllen kann, so sehr er sich auch bemüht. Da helfen ihm seine ganze coole Fassade und seine Sprüche und sein scheinbares Draufgängertum nicht. Was bleibt, ist sein Schulterzucken und eine gewisse Gleichgültigkeit im Sinne von "Dann eben nicht!".
    Deprimierend.

  • Von Rebellion und Auflehnung merke ich bei Holden auch gar nichts, da ist für mich nur Einsamkeit und Verzweiflung, so richtig schlau werde ich aus ihm aber auch nicht, vor allem, warum er nicht nach Hause will, seinen Eltern scheinen seine Eskapaden zwar ziemlich gleichgültig zu sein, aber seine kleine Schwester scheint er ja wirklich zu lieben.


    Dass er alleine mitten in der Nacht in Bars rumhängt, kommt mir auch sehr seltsam vor, vor allem, weil der eine Barkeeper ja merkt, dass er ncoh keine 21 ist und ihm keinen Alkohol verkaufen will.

  • Zitat

    Original von Lumos



    Bisher erschließt sich mir die Genialität auch noch nicht, ehrlich gesagt.


    Meine Gedanken in einem Satz zusammengefasst.


    Ich habe jetzt bis einschließlich Kapitel 10 gelesen. Momentan quäle ich mich nur durch das Buch. Auch wenn er sich ohne Kontrolle ein Hotelzimmer besorgen kann, darf er wenigstens keinen Alkohol trinken.
    "Piefig" mein Unwort des gesamten Buches.
    Hoffentlich kann ich meine Gedanken zu dem zweiten Teil morgen besser zusammenfassen.

  • Kap. 11


    Dieses Kapitel fand ich wunderschön. Holden zeigte Jane Allies Baseball-Handschuh. Und er sieht sie weinen. Das sind sehr innige Momente.


    Noch zwei Zitate, die mir sehr gut gefallen haben:
    "Der Nachmittag, an dem wir uns beinahe geküsst hätten" klingt wie der Titel eines locker leichten Romans.
    "Wenn sie über etwas redete und dabei aufgeregt wurde, bewegten sich ihre Lippen in fünfzig Richtungen gleichzeitig." :rofl

  • Zitat

    Original von Zwergin
    Von Rebellion und Auflehnung merke ich bei Holden auch gar nichts, da ist für mich nur Einsamkeit und Verzweiflung


    Holden raucht verbotenerweise im Zimmer. Ob er das aus Rebellion tut oder eher um seinen Zimmergenossen zu provozieren, ist schwer zu sagen.
    Aber ich sehe Holdens Verhalten auch eher weniger als Auflehnung, sondern als Frust oder Ausdruck des Gefühls "Keiner versteht mich".

    Zitat

    Original von Zwergin
    so richtig schlau werde ich aus ihm aber auch nicht, vor allem, warum er nicht nach Hause will, seinen Eltern scheinen seine Eskapaden zwar ziemlich gleichgültig zu sein, aber seine kleine Schwester scheint er ja wirklich zu lieben.


    Dass er noch nicht nach Hause will, kann ich gut verstehen. Er hat ja selbst gesagt, dass er seinen Eltern erst mal Zeit geben will, seinen Rauswurf zu verdauen, und dass seine Mutter ganz schön hysterisch werden kann.

  • Kap. 13


    Ja, man hat's nicht so leicht als junger Mann. Man weiß nie, was die Mädchen möchten, und irgendwas kommt immer dazwischen.
    Das fand ich süß! Für Holden ist das sicher ein Problem. Aber sich deswegen eine Prostituierte aufs Zimmer kommen lassen! Na ja, irgendwie ist er in diese Situation hineingerutscht. Aber so ganz fern ist ihm die Idee wohl nicht gewesen, sonst hätte er den Vorschlag doch rundweg abgelehnt.


    Ob es die Jungs heute leichter haben? Ich denke, sie sind besser informiert. Und die Mädchen sagen vielleicht eher, was sie wollen. Und sie müssen sich heute nicht im Auto treffen.


    Kap. 14


    Das ist ja irre! Holden krümmt sich, kriegt keine Luft wegen des Magenhiebs und er phantasiert sich einen Film zusammen.


    Hier kam zum zweiten Mal das Wort "Lümmel" vor. Es würde mich interessieren, wie das in neueren Ausgaben übersetzt wurde. Das war in Kap. 14 gegen Ende kurz vor dem Magenhieb. Holden sagt da zu Maurice: "Ein blöder Betrüger sind Sie, ein gemeiner Idiot, und in zwei Jahren sind Sie einer von den zerlumpten Lümmeln, die auf der Straße betteln."

  • Was hat es eigentlich mit den Enten auf dem zugefrorenen See auf sich? Er hat jetzt mindestens schon 3 Leute gefragt.
    Weiß er schon die Antwort und testet so den IQ der Menschen um sich herum?
    Oder ist es wirklich etwas, das er unbedingt wissen will?

  • Zitat

    Original von made
    Kap. 13


    Ja, man hat's nicht so leicht als junger Mann. Man weiß nie, was die Mädchen möchten, und irgendwas kommt immer dazwischen.
    Das fand ich süß! Für Holden ist das sicher ein Problem. Aber sich deswegen eine Prostituierte aufs Zimmer kommen lassen! Na ja, irgendwie ist er in diese Situation hineingerutscht. Aber so ganz fern ist ihm die Idee wohl nicht gewesen, sonst hätte er den Vorschlag doch rundweg abgelehnt.


    Ob es die Jungs heute leichter haben? Ich denke, sie sind besser informiert. Und die Mädchen sagen vielleicht eher, was sie wollen. Und sie müssen sich heute nicht im Auto treffen.
    ...


    Ich denke, er will es unbedingt, also seine Unschuld verlieren. Andererseits trägt er auch hier eine gewisse Gleichgültigkeit zur Schau. Und eine große Menge unterschwelliger Unsicherheit.
    Ich bin überzeugt, dass die Szene ganz anders ausgegangen wäre, wenn bei ihm eine etwas ältere, erfahrenere Prostituierte aufgetaucht wäre, eine, die nicht selber so voller Nervosität gewesen wäre.


    Ob es die Jungs heute einfacher haben?
    Aufgeklärter sind sie sicher, schon als Kinder, aber einfacher wird es sicher nicht sein. Unsicherheit und Nervosität verschwinden wohl nie.

  • Zitat

    Original von Matoaka
    Was hat es eigentlich mit den Enten auf dem zugefrorenen See auf sich? Er hat jetzt mindestens schon 3 Leute gefragt.
    Weiß er schon die Antwort und testet so den IQ der Menschen um sich herum?
    Oder ist es wirklich etwas, das er unbedingt wissen will?


    Da bin ich auch noch überfragt.

  • Zitat

    Original von Clare
    [quote]Original von Matoaka
    Was hat es eigentlich mit den Enten auf dem zugefrorenen See auf sich? Er hat jetzt mindestens schon 3 Leute gefragt.
    Weiß er schon die Antwort und testet so den IQ der Menschen um sich herum?
    Oder ist es wirklich etwas, das er unbedingt wissen will?


    Keine Ahnung.
    Er war da schon ganz schön penetrant. Könnte Provokation sein - aber man weiß es nicht.
    Manchmal ist er doch sehr strange, lässt sich auf jeden Fall in keine Schublade stecken.

  • Ich bin noch nicht fertig mit dem Abschnitt (gerade habe ich Kapitel 11 beendet), bin aber gerade etwas irritiert in Bezug auf Holdens Alter. Er ist angeblich erst 16 Jahre alt, weiß und kann aber scheinbar schon so gut wie alles. Diese ersten Kapitel in diesem Abschnitt lesen sich fast so, als würde jemand eine öde Geschichte ziemlich aufbauen und prahlen. Sympathischer wird mir Holden hier nicht. :rolleyes

  • Zitat

    Original von Lumos


    Keine Ahnung.
    Er war da schon ganz schön penetrant. Könnte Provokation sein - aber man weiß es nicht.
    Manchmal ist er doch sehr strange, lässt sich auf jeden Fall in keine Schublade stecken.


    Die Intelligenz testet er sicher nicht, allerdings ist die Frage wohl eher sowas wie ein Vorwand die Leute auf ihre Aufmerksamkeit der Umwelt gegenüber zu testen oder die Reaktionen. Daraufhin teilt er die Leute dann ein.


    Zitate auf goodreads, das würde da wohl passen: “People never notice anything.”
    ― J.D. Salinger, The Catcher in the Rye


    Interessant seine Einschätzung und Haltung zu Mädchen. Eigentlich eine sympathische Seite an ihm.

    "Leute die Bücher lesen, sind einfach unberechenbar." Spruch aus "Wilsberg "
    smilie_winke_039.gif

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  • Zitat

    Original von made
    Kap. 11


    Dieses Kapitel fand ich wunderschön. Holden zeigte Jane Allies Baseball-Handschuh. Und er sieht sie weinen. Das sind sehr innige Momente.


    Noch zwei Zitate, die mir sehr gut gefallen haben:
    "Der Nachmittag, an dem wir uns beinahe geküsst hätten" klingt wie der Titel eines locker leichten Romans.
    "Wenn sie über etwas redete und dabei aufgeregt wurde, bewegten sich ihre Lippen in fünfzig Richtungen gleichzeitig." :rofl


    Das ist es was ich meine, er ist fasziniert von den Mädchen, von Jane wohl ganz besonders, die Häßlichen tun ihm leid, er verabscheut sie nicht, weiß aber auch nicht, wie mit ihnen umgehn. Nur wie die andern Jungs mit ihnen umgehn, behagt ihm garnicht.