Kranichfrau: Die Geschichte einerBlackfeet-Kriegerin - Kerstin Groeper

  • "Oyate witschani'ktelo! - Das Volk soll leben!"


    Informationen zum Buch:


    Broschiert: 600 Seiten
    Verlag: TraumFänger Verlag GmbH & Co. Buchhandels KG; Auflage: 2 (15. Januar 2012)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3941485148
    ISBN-13: 978-3941485143
    Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 16 Jahren



    Kurzbeschreibung:


    Eine Frau und ihre Vision! Kranichfrau, eine junge Frau der Blackfeet-Indianer, trauert fassungslos um ihren getöteten Bruder. In einer Vision wird ihr befohlen, als Kriegerin zu leben. Sie beginnt Männerkleidung zu tragen und schließt sich einem Rachefeldzug gegen die Feinde an. Schwer verletzt bleibt sie zurück und wird von Nata-He-Yukan, einem Krieger der Lakota, gefunden. Von seinem Volk aufgrund der Intrige seines ärgsten Widersachers in die Verbannung geschickt, verschont Nata-He-Yukan das Leben des fremden Mädchens und nimmt sie entgegen ihrer Vision zur Frau. Bedroht von feindlichen Stämmen, beginnt für beide ein Kampf ums nackte Überleben in der Wildnis. Doch auch zwischen Kranichfrau und Nata-He-Yukan eskaliert der Konflikt, denn zu unterschiedlich sind ihre Herkunft und Bestimmung…



    Zur Autorin:


    Kerstin Groeper, als Tochter des Schriftstellers Klaus Groeper in Berlin geboren, lebte einige Zeit in Kanada. In Kontakt mit nordamerikanischen Indianern entdeckte sie ihre Liebe zur indianischen Kultur. Durch viele Gespräche mit indianischen Freunden und Ratgebern gelingt es ihr, ein authentisches Bild der verschiedenen Stämme zu vermitteln. Kerstin Groeper spricht Lakota, die Sprache der Teton-Sioux und führt regelmäßig Vortraege und Seminare über Sprache, Kultur und Spiritualität der Lakota-Indianer durch. Zuletzt war sie Beraterin der Ausstellung "Indianer" im Lokschuppen Rosenheim. Kerstin Groeper studierte Sozialpaedagogik, arbeitete als Journalistin für verschiedene Zeitschriften und schreibt heute Artikel zum Thema Indianer, u.a. für das renommierte Magazin für Amerikanistik. Im Sommer 2011 verfasste sie eine Reportagereihe zum Thema "Indianerstaemme" für das OVB. Sie lebt mit ihrem Mann und einem Sohn in der Naehe von Muenchen. Zwei erwachsene Kinder sind bereits ausgezogen.
    Im Juli 2015 wurde ihr Titel "Indianisch für Anfänger - ein Au-pair-Maedchen auf Pine Ridge" bei "Book meets film" beim Muenchner Filmfest vorgestellt.




    Eigene Meinung:


    Kranichfrau gehört zum Stamm der Blackfeet-Indianer. Bei einem Kampf mit den Crow wird ihr geliebter Bruder getötet und Kranichfrau steht alleine da. Zwar kann sie fortan im Tipi ihres Onkels wohnen, jedoch sucht sie ihren Weg im Leben. Um diesen zu finden, geht sie fort und betet um eine Vision.


    Ihr wird eine Vision gewährt, allerdings wird ihr darin von ihrem Bruder befohlen, dass sie seinem Weg folgen und künftig Tötet-die-Crow heißen soll. Kranichfrau nimmt die Vision ernst und lebt voran als Krieger, lernt kämpfen und zieht mit den anderen Kriegern in ihren ersten Kampf mit den Crow.


    Aber dann soll alles ganz anders kommen, denn statt Rache zu nehmen für ihren Bruder, wird Kranichfrau selbst schwer verwundet und lebt fortan als Gefangene eines verbannten Lakotakriegers. Wird sie dem Lakotakrieger entkommen und je ihre Vision erfüllen können?


    Ich muss gleich zu Beginn gestehen, dass ich zwar viele historische Romane bisher gelesen habe, aber Romane über Indianer, die Zeit, Konflikte zwischen den Stämmen etc. habe ich bislang gemieden. Nun ergab es sich, dass ich die Autorin auf einer Buchmesse kennengelernt habe und mich mit ihr unterhalten konnte. Ich muss zugeben, sie machte mich neugierig auf ihre Bücher. Dennoch sollte es fast ein dreiviertel Jahr dauern, ehe ich das Buch zur Hand nahm, um einen Blick hinein zu werfen.


    Was dann folgte, habe ich sehr selten erlebt. Obwohl ich der Thematik skeptisch gegenüberstand und sie mich eher weniger interessierte, hatte ich mich bereits nach rund 10 Seiten festgelesen habt. Aber nicht genug damit. Die Autorin hatte mich nicht nur gefesselt, sondern sogar für die Thematik begeistern können. Schnell tauchte ich in das Leben der Blackfeet und Lakota ab, erlebte ihre Bräuche und Denkweisen, ging mit ihnen gemeinsam auf die Jagd und wunderte mich, wieso ich mich nicht schon früher mit der Thematik befasst habe.


    Kerstin Groeper schildert in diesem Roman zum einen den Kampf einer jungen Blackfeet – Kriegerin, die auf der Suche nach ihrem Weg ist. Zeitgleich macht sie einen zweiten Handlungsstrang auf, in dem der Leser den Lakota-Krieger Nata-He-Yukan bei seinem Versuch begleitet, zu seinem Stamm zurückkehren zu dürfen, nachdem er durch eine Intrige verbannt wurde.


    Das Buch ist vom Schreibstil der Thematik angepasst, dabei so ausgefeilt, dass ich mich mehr als einmal gewundert habe, wie schön man schreiben kann und wie gut Kerstin Groeper der Umgang mit Metaphern, Adjektiven u.ä. von der Hand geht. Die Namen sind keineswegs modernisiert, sondern entsprechen den Gebräuchen des jeweiligen Stammes. Auf der einen Seite fand ich das sehr gut, auf der anderen Seite habe ich mir fast die Zunge daran gebrochen. Auch gibt es viele typische Begrifflichkeiten, die sich aber im Kontext erschießen.


    Der Lesefluss wird trotz der vielen Informationen zu den Stämmen und dem Leben der Indianer nicht etwa ausgebremst, sondern eher sogar beflügelt. Man möchte immer mehr und mehr erfahren und so liest sich das Buch fast von ganz alleine. Die Kampf- oder Jagdszenen sind bildhaft beschrieben, was den Lesefluss zusätzlich noch steigert.


    Man merkt der Geschichte deutlich an, dass Kerstin Groeper sich das Wissen über die verschiedenen Stämme nicht bloß angelesen hat, sondern dass sie es verinnerlicht und authentische Quellen genutzt hat.


    Kurzum, ich bin begeistert von dem Buch, der Thematik und vor allem dem Schreibstil der Autorin, so dass ich mir gleich das nächste Buch auf meinen Kindle geladen habe. Zu meinem Glück hat die Autorin schon einige Bücher veröffentlicht, so dass mir nicht so schnell der Lesenachschub ausgehen wird.



    Fazit:


    Obwohl ich das Buch nun schon einige Tage beendet habe, geht mir die Geschichte von Nata-He-Yukan und Kranichfrau immer noch nicht aus dem Kopf und ich bin schon gespannt auf das nächste Abenteuer, das mich in Amerika bei den Ureinwohnern erwarten wird. Denn eines ist gewiss, die Autorin kennt sich mit der Materie sehr gut aus und weiß selbst den skeptischsten Leser für sich zu begeistern.

  • „Folge meinen Weg!“, hatte ihr Bruder gesagt. Aber noch immer wusste sie nicht, was diese Worte bedeuteten. (Seite 328)



    Meine Meinung


    Das war zwar nicht das erste Buch der Autorin, welches ich gelesen habe, anscheinend aber der erste historische Indianerroman, den sie veröffentlicht hat. Selbiges merkt man der Erzählung allerdings überhaupt nicht an; bereits in ihrem ersten Buch entwickelt die Autorin eine Meisterschaft im Erzählen, die ihresgleichen sucht.


    Allerdings ist der Lesegenuß nicht ganz ungetrübt; und das hat vor allem mit dem Verlag zu tun. Schon in meiner Rezension zu „Im Eissturm der Amsel“ hatte ich eine große Anzahl von Satzfehlern bemängelt. Hier, obwohl einige Jahre früher erschienen, gilt ein Gleiches. Selten habe ich ein Buch gelesen, das satztechnisch dermaßen nachlässig erstellt wurde wie dieses. Als mir der fehlende Randausgleich erstmals begegnete, dachte ich „gut - kann mal durchrutschen, selbst wenn es zwei Mal auf einer Seite passiert“ (vgl. S. 48). Stutzig wurde ich, als es ein paar Seiten weiter (vgl. S. 55) wieder der Fall war - zwei Mal. Irgendwann habe ich dann aufgehört zu zählen und mich nur noch gewundert. Es ist viele Jahre her, daß ich selbst Bücher Korrektur gelesen habe. Mein damaliger Drucker hätte sich geweigert, das zu drucken, denn da würde auch sein Name mit dran hängen. So häufig wie der fehlende Randausgleich in diesem Buch vorkam, führte es denn doch zu einem Punkteabzug. Denn was nützt die schönste Geschichte, wenn ich beim Lesen dauernd über (Satz-)Fehler stolpere?


    Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Namensgebung. Da ich das schon in anderen Büchern der Autorin kritisiert habe, zitiere ich mich einfach leicht abgewandelt selbst (aus der Rezension zu „Donnergrollen im Land der grünen Wasser“): „Wie in ihren anderen Büchern verwendet die Autorin für die meisten der Figuren deren indianische Namen, hier empfand ich diese jedoch als dermaßen fremd, daß das durch das ganze Buch hindurch für eine gewisse Distanz sorgte und nicht, wie die Autorin vermutlich im Sinne hatte, mir die Figuren oder deren Völker näher brachte. Ich persönlich hätte es besser gefunden, wenn hier durchgehend deutsche Namen Verwendung gefunden hätten (wenn die Indianer im Buch sprechen, steht das ja auch auf Deutsch da und nicht in deren Sprache mit Übersetzung).“ Zur Verwirrung trägt bei, daß nur die Namen der Lakota in Originalsprache gehalten sind, die der Blackfeet oder Shoshonen auf Deutsch sind - selbst in Nata-He-Yukans eigener Familie gibt es also deutsche Namen und solche in Lakota.


    Damit sind meine kritischen Bemerkungen allerdings an ihr Ende gekommen. Erzählmäßig gehört der Roman für mich zur Spitzenklasse, von der ersten bis zur letzten Seite. Der Autorin ist es hervorragend gelungen, eine Geschichte, die sich folgerichtig entwickelt, zu erzählen und dabei Fakt und Fiktion so gut zu vermengen, daß Fakt wie Fiktion und Fiktion wie Fakt wirkt. Mit anderen Worten: genau so, wie im Buch geschildert, könnte sich das damals um 1830 herum zugetragen haben.


    Einige Personen und Ereignisse sind historisch, wie die Autorin im Nachwort schreibt; manche der erzählten Begebenheiten dürften dem westerninteressierten Leser bekannt vorkommen. Was mehr als deutlich wird ist, daß die indigenen Stämme einen guten Teil selbst Schuld an ihrem Untergang tragen. Alle sind mir allen verfeindet - da hatten „die Weißen“ leichtes Spiel. Es ist müßig zu überlegen, wie die Historie verlaufen wäre, hätten sich die Nationen verbündet. Doch auch das hätte vermutlich am Ende nichts genützt, denn gegen die eingeschleppten Pocken waren sie wehrlos.


    Eine der übelsten Figuren, die mir je in einem Buch begegnete, ist Bleza-Si. Eine Figur so hinterhältig und böse, daß man ihr im realen Leben nicht mal im Traum begegnen möchte - und ihr im Buch den schlimmstmöglichen „Abgang“ wünscht. Auch wenn er recht wenige Facetten, und keine positive hat, so ist auch diese Figur selbst in ihrer Bosheit glaubwürdig. An einigen Stellen wird über Bleza-Sis Vergangenheit berichtet, schwache Menschen mögen sich dann so entwickeln, wie Bleza-Si das im Buch tut, insofern handelt auch er in sich folgerichtig. Sympathien konnte er jedoch keine sammeln, Haßgefühle, wie ich sie mir nie zugetraut hätte, dafür um so mehr.


    Oft liest man, daß Indianer sehr humorvoll sind. Dieses hat die Autorin so gut ins Buch übernommen, daß ich alle paar Seiten laut aufgelacht habe, sofern nicht gerade eine der Katastrophen zugange war, mit denen die Figuren fertig werden mußten. Auffällig (und das meine ich jetzt im positiven Sinne!) ist, daß die Figuren Grau- und bisweilen sogar Schwarztöne haben, die „Guten“ also keine strahlenden Helden ohne Fehl und Tadel sind, sondern Menschen, die in guten wie in schlechten Zeiten ihr Schicksal meistern, mit den Nackenschlägen fertig werden müssen und dabei stets menschlich reagieren, auch wenn man nicht immer ihrer Meinung ist.


    Ausgelesen habe ich das Buch mit etwas gemischten Gefühlen zugeklappt, denn die Katastrophen gegen Ende waren doch heftig, da bleiben Blessuren zurück - bei den Figuren wie beim Leser. Diese Geschichte ist auserzählt, und es sei den Figuren ein möglichst ruhiges weiteres Leben von Herzen gegönnt. Daß dies nicht allzulange ruhig bleiben wird, zeigt ein Blick in die Geschichtsbücher (oder auch Rosanne Bittners „Savage-Destiny“-Serie, die 1845 einsetzt). Auf jeden Fall hat Kerstin Groeper mit Kranichfrau, Nata-He-Yukan und wie sie alle heißen beeindruckende Figuren geschaffen, die einen tiefen Eindruck hinterließen und noch lange im Gedächtnis bleiben werden.



    Mein Fazit


    An anderer Stelle schreibt die Autorin, daß Sie mit ihren Büchern „unterhalten, Wissen vermitteln und Betroffenheit auslösen“ möchte. Eine bessere Zusammenfassung für diesen Roman gibt es nicht, denn genau das bot der Roman. Ein hervorragendes Buch, das lange nachhallen wird.



    Meine gelesene Ausgabe:

    589 Seiten, 1 Landkarte im Vorsatz, gebunden

    Verlag: TraumFaenger Verlag, Hohenthann 2009

    ISBN-10: 3-941485-00-8

    ISBN-13: 978-3-941485-00-6



    ASIN/ISBN: 3941485008

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")