Ulla Hahn - Das verborgene Wort

  • Zitat

    Original von Ines
    Ich sprach von VERBALER Enthaltsamkeit. Hast du etwas anderes gedacht?


    Das gibt es?


    Edit: Ich versteh die Frage aber immer noch nicht ganz ...


    Zitat

    Und selbstverständlich hatte ich angenommen, dass du auf der STelle meine Warum-Wieso-Weshalb-Frage beantworten kannst, aber ich sehe, du schwächelst an der Stelle auch. :lache


    Hab ich doch! Hab einen neuen Fred eröffnet: Sprach-Probleme :wave

  • Das lese ich gerade *wink zu Iris*. Mit dem Dialekt habe ich allerdings weiter keine Probleme, auch wenn mein eigener so ganz anders ist ;-).


    Ich habe einen guten Einstieg gefunden, bin aber noch nicht allzuweit gekommen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Soooooo, inzwischen habe ich den Schinken durchgeackert.


    Das Buch hat mir erstaunlicherweise sehr gut gefallen. Erstaunlich deswegen, weil es eigentlich relativ ereignislos ist. Weil viel in in einem mir fremden Dialekt geschrieben ist. Weil es eigentlich ein sperriges Buch ist, kein einfach zu lesendes.


    Und dennoch... es hat mir gefallen, diese Beschreibung von Kindheit und Jugend der "Heldejaad" im kleingeistigen Arbeitermuff der 50er Jahre.


    Oft verurteile ich ja, daß Autoren zu Schwafulierungen neigen (sie wollen fabulieren, schwafeln aber bloß daher). Ulla Hahn ist meiner Meinung nach aber die Kunst gelungen, sich in sehr schönen Fabulierungen auszudrücken. Sie beherrscht das Spiel mit den Worten sehr, sehr gut.


    Ich hatte bei den vielen kleinen Anekdötchen und Episödchen aus Heldejaads Leben oft ein genaues Bild vor den Augen.


    Das Buch ist wahrhaft keine leichte Kost für mal eben zwischendurch - aber es lohnt sich, es sich zu erarbeiten.


    Danke noch mal für den Tipp, Iris! :knuddel1

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von Batcat
    Danke noch mal für den Tipp, Iris! :knuddel1


    Gern geschehen! :knuddel1


    Irgendwo im Netz habe ich gelesen, daß Ulla Hahn darüber nachdenke, die Hildegards Erlebnisse weiterzubeobachten. Irgendwie bin ich mir unshlüssig, ob das wirklich so eine gute Idee ist ... Okay, ich mache ja selbst in Fortsetzungen, aber es gibt Juwelen, die machen sich als Solitaire einfach besser ... finde ich ...

  • Hmmmm, ich tendiere dazu, Dir hier zuzustimmen.


    Aber falls dem so sein sollte und es eine Fortsetzung geben würde, kann man seine Meinung gegebenenfalls immer noch ändern. ;-)

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von Iris
    Lese würde ich es trotzdem. :-)


    Dann würde ich einfach mal Dein Urteil abwarten und mir dann durch Reinlesen meine eigene Meinung bilden. :lache

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • "Ein Mann im Haus" joh, da geht man zunächst einmal davon aus: Beziehungskisten usw.. Aber diese gute Frau hat ihren Mann gefesselt und geknebelt im Bett liegen.
    Wisst Ihr, wie bei Sie von Stephen King :lache
    (Ich lese gleich mal gaaanz vorsichtig weiter ... )

  • Ich habe "Das verborgene Wort" in den letzten Tagen gelesen. Zum Glück hatte ich genügend Zeit zum Lesen - für meine üblichen "paar Seiten vorm Einschlafen" wäre das Buch nichts gewesen.


    Ich fand es hervorragend. Inhaltlich kenne ich vieles, was die Zeit nach dem Krieg betrifft, aus Erzählungen meiner Eltern bzw. - vor allem alles zum Thema Kirche und Katholischsein - aus eigenem Erleben. Das machte es mir schon leicht, eine Beziehung zum Buch zu finden.


    Wie "Heldejaad" sich in ihren Wörtern und schönen Sätzen eine eigene Art der Bewältigung der Alltagsnöte schafft, hat mich fasziniert und mitgerissen.


    Das rheinische Platt bereitete mir keine grossen Verstehensschwierigkeiten, und es wurde mit der Zeit auch immer leichter, als ich die "Jesetzmässischkeiten" mal erkannt hatte. ;-) Leider hatte ich anfangs immer eine bestimmte Person im Ohr, die manchmal so spricht - ich kann diese Person nicht leiden, und das hat mir den Lesespass zuerst etwas verleidet. Dafür kann Ulla Hahn aber nix. Es bestätigt höchstens, welche Bedeutung Sprache für die Gestaltung meiner Welt hat... da fühlte ich mich Hildegard sehr nah.


    Die Fussnoten und das Glossar fand ich hingegen ein bisschen unglücklich. Nicht alles wurde erklärt, was nicht sofort verständlich war; dafür wurde manches erklärt, was sich von selbst verstand, und trotzdem musste ich immer auf die Fussnoten gucken. Lieber hätte ich am Anfang des Buchs einen Hinweis auf die Wörterliste und hinfort meine Ruhe gehabt.


    Die Sprache Ulla Hahns war für mich ein reiner Genuss. Selbst banale Inhalte wurden sprachlich so aufbereitet, dass sie nicht mehr banal waren, und oft wurden Wörter - ohne sie überzustrapazieren - ein Stückchen aus dem Alltagseinerlei herausgehoben und neu beleuchtet. (Beispiel, aus dem Gedächtnis zitiert: "'Passt es dir am Dienstag?' Schon lange hatte mich niemand mehr gefragt, ob mir etwas passte." Das hatte oft Humor, oft auch Weisheit.)


    Das Buch ist lang, und es passiert eigentlich nicht viel, aber gegen Schluss überschlug sich der Inhalt für mich sogar:


    Ein zweiter Band? Ja....... vielleicht......... aber gerade die (von mir aus gern auch etwas altkluge) kleine Hildegard und ihre Art, sich die Welt der Wörter zu erschliessen, hat mich besonders angesprochen. Ein zweiter Band hätte es da vermutlich schwerer... schon so fand ich nicht das ganze Buch gleich gut gelungen, es hatte zwischendurch ein paar sprachlich nicht ganz so dichte Abschnitte.


    Interessieren würde mich aber doch

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

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  • @ Iris


    ich habe das Buch auf Deine Rezi hin an Weihnachten meiner Schwester, die ihre Jugend ca. 10 Jahre später als Handlungszeitraum des Buches hatte, geschenkt. Gestern hat sie mir zurückgemeldet, daß sie es sehr gut fand, es sie sehr mitgenommen hat, sie allerdings auch einiges redundant fand.


    Bin mal sehr gespannt, wie ich es finde, wenn ich es nächstens bei ihr ausleihe.

  • Zitat

    Original von Pelican
    ... sie allerdings auch einiges redundant fand.


    Naja... bei der Dicke des Buches kann man sicher was redundantes finden. ;-) Letztendlich war es aber wirklich ein super Buch und eines meiner Highlights 2005.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Ich habe hier zwar eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, aber das Buch hat es unbedingt verdient noch einmal ins Eulengedächtnis zurückgerufen zu werden.


    Ich lebe im Eichsfeld, dass ist ein höchst katholischer Landstrich in Thüringen und die Geschichte hätte so ähnlich auch hier passieren können. Mir wäre in dem Buch sicher einiges übertrieben vorgekommen, wenn ich nicht die Berichte von Familienmitgliedern gekännt hätte.


    Berührt hat mich auch die Begebenheit, als Hildegard Violine lernen wollte.

  • Zitat

    Original von Nieselpriem67
    aber das Buch hat es unbedingt verdient noch einmal ins Eulengedächtnis zurückgerufen zu werden.


    Stimmt.


    592 Seiten sind ein ziemlicher Brocken. Aber schon nach wenigen Seiten hatte ich mich eingelesen. Der Dialekt ist mir als Westfälin nur bedingt geläufig. Da ich aus dem Fernsehen Hausmeister Krause und den Kölner Karneval kenne :grin, hatte ich keine Verständnisschwierigkeiten.
    Ich bin normalerweise nicht der Fan von Kindheitserinnerungen, erst recht nicht, wenn sie als Bildungsroman daherkommen und zeigen, wie sich ein tapferes Kind gegen eine spießig-ungebildete Erwachsenengemeinschaft durchsetzt. Aber hier waren es die Sprache und der Detailreichtum der Erinnerungen, die mich fasziniert haben.
    Die Handlung selbst bzw. die Romanpersonen sind nah am Klischee und deshalb schwerer zu ertragen: Brutaler Vater, fürsorglicher Großvater, trostspendende Natur, fromme Verwandtschaft, todkranke Cousine, gewaltsame Erziehung - ich habe den Eindruck, dass Ulla Hahn ein bisschen zu viel vom Mief der fünfziger Jahre in den Roman packt.


    Übrigens hieß Hilde Domin in den 50ern Hilde Palm. Ob Hahns Protagonistin mit Absicht so heißt?



    Lieben Gruß


    polli

    Die Zeit schreitet voran. Und du, Mensch?

    S. J. Lec

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  • Ich habe dieses Buch eigentlich nur begonnen, weil ich mich über die 50ger Jahre informieren wollte - und habe weit mehr bekommen, als ich erwartet hatte.
    Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Ich konnte kaum mit dem Lesen aufhören und wann immer es mir die Zeit erlaubte, musste ich weiter lesen.


    Ich fand die "Zeitreise" ungemein spannend und kann gar nicht nachvollziehen, wenn hier im Thread an einigen Stellen gesagt wurde, dass das Buch sich hinziehe.
    Das fand ich überhaupt nicht. An keiner Stelle hatte ich das Gefühl, das unnütze Worte geschrieben würden.
    Ich fand die Geschichte großartig. Ich litt mit der kleinen Hildegard, mir kamen sogar bei der Beerdigung ihres Großvaters und angesichts der Krankheit ihrer Cousine ein paar Tränen. Ich empfand die kleine Hildegard auch nicht als altklug. Auch ihrem weiteren Lebensweg als Schulkind und später als Backfisch, ihrem ungebrochenem Streben nach Wissen folgte ich ich gern. Es gab viele Episoden und Kleinigkeiten, die mir so nahe gingen (z.B. das Akkordeon, die Gespräche der Männer bei ihrer Kommunion)
    Von besonderem Interesse war für mich auch der Katholisizmus und die strikte Trennung von den "Evangelischen" sowie die Haltung gegenüber den "Müppen" (die Flüchtlinge aus der kalten Heimat und später den Italienern)


    Lediglich die Sache mit dem Alkohol fand ich etwas zu glatt gelöst.


    Gefreut hat es mich immer, wenn ich einiges wiedererkannte, sei es aus Erzählungen meiner Eltern oder eigener Erfahrung. (Z.B. Hörzu und Bäckerblume, Plumsklo und wöchtenliches Bad.) Auch einige Sicht- und Verhaltensweisen der Tanten und Co kam mir bekannt vor. (z.B. wo Hildegard von ihrem Besuch bei Inge - der "Müpp" erzählt und nicht das Schöne und Gute gesehen wird, sondern nur, dass "Unkraut in der Vase war; und dass immer darauf geachtet wird, was die "Lück", die Leute denken.)


    Der Dialekt bereitete mir glücklicherweise keine Schwierigkeiten, im Gegenteil, er passte einfach hin und machte das Buch erst komplett. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie man dieses Buch beispielsweise in eine andere Sprache übersetzen kann.


    Überhaupt fand ich die Sprache von Ulla Hahn einfach schön. Viele Sätze würde ich auch gern wie Hilla abschreiben oder sie mir in den Schuh stecken.


    grüße von missmarple, die sich nochmal bei MaryRead für diesen Buchtipp bedanken möchte :knuddel1



    edit: Da habe ich einen blöden Tippfehler entdeckt!

    "Ein Archäologe ist der beste Ehemann, je älter eine Frau wird, um so mehr interessiert er sich für sie."
    Agatha Christie

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  • Zitat

    Original von missmarple
    Ich habe dieses Buch eigentlich nur begonnen, weil ich mich über die 50ger Jahre informieren wollte - und habe weit mehr bekommen, als ich erwartet hatte.
    Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Ich konnte kaum mit dem Lesen aufhören und wann immer es mir die Zeit erlaubte, musste ich weiter lesen.
    ...


    grüße von missmarple, die sich nochmal bei MaryRead für diesen Buchtipp bedanken möchte :knuddel1


    Gern geschehen! :knuddel1
    Das freut mich ja wirklich, dass ich dir da einen Überraschungsgenuss beschert habe. :-)

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