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Originalausgabe, 288 Seiten
erschienen am 18. Dezember 2015
über die Autorin:
Ulrike Herwig arbeitete zehn Jahre in London als Deutschlehrerin, bevor sie 2001 mit ihrer Familie nach Seattle/USA zog. Um sich nicht den ganzen Tag über die verrückten amerikanischen Moms wundern zu müssen, zieht sich Ulrike Herwig in jeder freien Minute an ihren Schreibtisch zurück. Außerdem regnet es ganz schön oft in Seattle, und da will man sowieso nicht vor die Tür. Ideal für eine Autorin!
zum Inhalt:
Tine bekommt einen riesigen Schreck als just in dem Moment, wo sie sich einen Snack in der Tankstelle kaufen will, diese überfallen wird. Doch der Räuber kommt ihr irgendwie bekannt vor. Der Schreck wird umso größer als sie ihren eigenen Mann in ihm erkennt. Markus wusste sich bei all den Schulden keinen anderen Ausweg als die Tageseinnahmen einer Ingolstädter Tankstelle zu erbeuten. Das Paar flüchtet mit dem einzig verfügbaren Auto vom Tatort, ohne zu bemerken, dass sie im Krankenwagen nicht allein sind. Der 87-jährige Oskar sieht allerdings im ganzen Tumult seine Chance, dem Seniorenheim zu entkommen und sein Lebensende an der Nordsee zu erwarten. Er überredet das Ehepaar, ihn dorthin zu bringen und stellt eine Belohnung in Aussicht. Der Roadtrip quer durch Deutschland auf der Flucht vor der Polizei beginnt.
meine Meinung:
Ulrike Herwig hat bereits mit Martha und Wanda bewiesen, dass sie ihre humorvollen Romane auch mit der älteren Generation besetzen kann. Auch Oskar geht nicht mit seiner Familie konform, die den rüstigen Alten lieber im Pflegeheim sehen würde. Er ist realistisch genug, dass er die Dauer seiner verbleibenden Zeit einschätzen kann und nutzt die sich bietende Chance auf ein weiteres Abenteuer. Er blickt bereits auf ein bewegtes Leben zurück und verfolgt nun noch einen letzten Traum, zu seinem Elternhaus zu kommen. Seine Tochter und vor allem seinen Schwiegersohn interessiert eher der Verkauf von selbigen. Durch Oskars Geschichte, die einige Lacher aufweist, werden so manche Lebensweisheiten transportiert, sodass nicht nur Tine und Markus über ihr eigenes Leben nachdenken.
Das Paar hat sich vor 25 Jahren kennengelernt und ist langsam in die Sprachlosigkeit geglitten. Ihr gemeinsamer Sohn Paul ist inzwischen volljährig und braucht seine Eltern nicht mehr. Markus wechselt seine Jobs zu häufig, als dass er irgendwo Karriere machen konnte. Tina nimmt den ganzen Tag telefonisch Bestellungen von Kordblazer in Grüngelb und passenden Kombinationsstücken auf. Hier kommt der Witz bei den bildhaften Beschreibungen der Objekte zum Tragen, die diese teils doch recht tragischen Geschichten immer wieder amüsant darstellen. So skurril diese Flucht auch geschildert wird, hat sie immer wieder Stellen, in denen sich die Leser im eigenen Alltag wiederfinden können.
Die Figuren werden authentisch genug gezeichnet, um ihnen Leben einzuhauchen. Sie sind wie gute Bekannte, überraschen aber doch mit unerwarteten Seiten. Eine Kollegin wie Tine wünscht man sich ebenso, wie man mit Oskar gut auskäme. Markus hat zwar eine Straftat begannen, kann aber seine Verzweiflung dahinter erklären, sodass er ebenso Sympathien sammeln kann. Es wäre allerdings kein Buch von der Autorin, wenn sich nicht auch ein paar Zufälle glücklich aneinander reihen würden. Diese stören in ihrer Unglaublichkeit aber keineswegs, weil Oskar einfach kein „normal“ vertragen würde. Letztendlich fügt sich alles bis ins Detail, sodass man das Buch viel zu schnell zu Ende gelesen hat. Zurück bleiben ein Wohlgefühl und der Gedanke an Liebe, Loyalität und Freundschaft.