Dann will ich mal zu ein paar Stellen, an denen in Zettel ins Buch gelegt habe, etwa anmerken.
S. 107: Die Vorstellungen der damaligen Zeit waren vom Denken der heutigen offensichtlich sehr verschieden.
Ähm, ja. Leider wird genau dieses - ganz allgemein gesehen - heute weitgehend „vergessen“ und alles meist aus heutiger Sicht betrachten und beurteilt.
S. 116: Auf einer allzu bescheiden materialistischen Vorstellung vom menschlichen Geist lässt sich nämlich kein herausgehobener Platz des Menschen im Kosmos behaupten. Und es lässt sich auch keine kosmisch-menschliche Ethik oder gar ein idealer Staat entwerfen.
Sowie S. 151: Dem Materialismus fehle damit die Tiefe, die erst zur wahren Einsicht der menschlichen Natur und ihrer Vernunft führt. Sie beantworte zwar das Wie?, aber nicht das Warum?. Die rein naturalistische Betrachtung des Menschen könne sein Wesen folglich nicht ergründen. Auch für alle ethischen Fragen bleibe sie blind.
Oder, anders und leicht überspitzt formuliert: auf einer rein materialistischen Sicht läßt sich keine Ethik begründen - außer vielleicht die vom Recht des Stärkeren.
S. 131: Wenn nur der Mensch das Maß der Dinge ist, dann bestimmt nicht die Qualität einer Aussage ihren Wahrheitsgehalt, sondern allein die Quantität derjenigen, die ihr zustimmen.
Und:
Der Relativismus des Protagoras ist überraschend neuzeitlich. Und erscheint gut zu einer Stadt und einem Zeitgeist zu passen, in denen die traditionellen Werte der archaischen Zeit in Auflösung begriffen sind: durch Gewinnstreben und Geldwirtschaft, Mitbestimmung und Marktgeschrei, Vielvölkermix und Entwurzelung, Korruption und Waffengeklirr.
Meint Precht jetzt die Antike oder die Gegenwart?
Und dann mußte ich doch erst mal grinsen, S. 160: Wir wissen nicht, was Wissen ist, weil wir immer schon etwas wissen müssen, um zu Wissen zu kommen.