Für meine Enkelkinder wollte ich ein Kinderbuch finden, das die aktuelle Flüchtingsproblematik aufgreift, für Kinder verständlich macht und ihr Mitgefühl weckt und stieß bei der Suche auf das Buch Mein Freund Salim.
Dieser Roman hat mir sehr gut gefallen, nur war es für mich (als Erwachsene) viel zu schnell ausgelesen. Doch für Kinder im Alter von etwa 8-11 Jahren ist der Umfang dieses Romans genau richtig.
Das Thema Flucht aus Syrien wird aus der Perspektive eines etwa 10-jährigen Jungen erzählt, der in die 4.Klasse einer Grundschule geht. Auf dem Spielplatz beobachtet er nachmittags einen Jungen, Salim, der ihm fremd ist und dessen Verhalten ihm rätselhaft erscheint. Dieser Junge begegnet ihm und seiner jüngeren Schwester in verschiedenen Situationen wieder, gemeinsam kommen sie ihm ein wenig näher und freunden sich mit ihm an. Doch der "Vogeljunge", wie sie ihn zunächst nennen, hat ein Geheimnis. Gleichzeitig geht der Alltag der Kinder mit ihren Freunden abenteuerliche Wege. Ein richtig tolles Gruselzimmer für das Schulfest einzurichten ist Aufgabe der beiden Geschwister und ihrer Freunde, doch das stellt sich als viel schwieriger heraus, als die Kinder es erwartet hätten. Schließlich verknüpfen sich die beiden Handlungsstränge miteinander...
Dieser Roman ist sehr geschickt aufgebaut und spannend erzählt. Dank der gewählten Perspektive ist der Leser immer ganz nah am Geschehen und den Gefühlen der Kinder.
Ein sehr aktuelles Kinderbuch, das die Situation eines Flüchtlingskindes zeigt, das sich allein in Deutschland durchschlagen muss, weil es seine Familie unterwegs verloren hat, das fast kein Wort Deutsch sprechen kann und sich verstecken muss.
Salims Verhalten ist für die Kinder zunächst oft unverständlich und löst Spekulationen aus, die nicht freundlich gemeint sind. Doch nach und nach klärt sich auf, was es wirklich damit auf sich hat. Und das geht nahe.
Sehr angenehm finde ich, dass die Erzählung nie ins Übertriebene oder Kitschige abgleitet.
Nebenbei gefällt mir außerdem sehr gut, dass das Verhältnis des Ich-Erzählers zur jüngeren Schwester und deren Freundinnen freundlich bis liebevoll und vor allem anerkennend ist, wobei gegenseitige Neckereien natürlich dazu gehören. Die Mädchen in der Geschichte zeigen ein erfreulich natürlich-selbstbewusstes Verhalten.
Der Erzählton ist sehr gut getroffen, nicht zu naiv, nicht zu hochgestochen, so dass sowohl Erwachsene, die das Buch vorlesen, als auch die zuhörenden Kinder gebannt der Geschichte folgen können.
Sehr gut vorstellbar wäre es m.E., dieses Buch im Unterricht zu lesen, da sowohl Jungen als auch Mädchen Angebote zur Identifikation mit einer der Hauptfiguren vorfinden. Zudem bietet der Roman hervorragende Anknüpfungspunkte für die Fragen der Kinder, für die Weiterarbeit zum Thema Flucht, Angst und Isolation. Für die Integration von Kindern aus anderen Ländern im Klassenverband ist das Lesen dieser Lektüre sicher ein guter Schritt in die richtige Richtung. Da im Roman auch eine Notaufnahme für Kinder vorkommt, jedoch nur von außen "gezeigt" wird, bleibt eine Leerstelle, an die man anknüpfen kann, indem man z.B. eine/n Betreuer/Betreuerin aus einer solchen Einrichtung in die Schule einlädt.
Eine klare Lese-Empfehlung und 10 Eulenpunkte!