Lisa Williamson: Zusammen werden wir leuchten
Verlag: FISCHER Kinder- und Jugendtaschenbuch 2015. 384 Seiten. Klappenbroschur
ISBN-13: 978-3733500764. 12,99€
Vom Verlag empfohlenes Alter: 14 - 17 Jahre
Originaltitel: The art of being normal
Übersetzerin: Angelika Eisold Viebig
Verlagstext
Eine Geschichte über Freundschaft und Vertrauen – leichtfüßig, humorvoll und herzerwärmend. Es ist Davids vierzehnter Geburtstag und als er die Kerzen ausbläst, ist sein sehnlichster Wunsch … ein Mädchen zu sein. Das seinen Eltern zu beichten, steht auf seiner To-do-Liste für den Sommer – gaaaanz unten. Bisher wissen nur seine Freunde Essie und Felix Bescheid, die bedingungslos zu ihm halten und mit denen er jede Peinlichkeit weglachen kann. Aber wird David jemals als Mädchen leben können? Und warum fasziniert ihn der geheimnisvolle Neue in der Schule so sehr? Mutig, wichtig und mit Witz erzählt – ein Buch wie ein Leuchtfeuer!
Die Autorin
Lisa Williamson wurde 1980 in Nottingham, England, geboren. Während ihres Schauspielstudiums hielt sie sich mit Bürojobs über Wasser. Und wenn der Chef gerade nicht hinsah, feilte sie an ihren literarischen Werken. Lisa Williamson lebt mit ihrem Freund Matt im Norden Londons.
Inhalt
David Piper ist seit der 1. Klasse mit Felix und dem Mädchen Essie befreundet. Dass seine besten Freunde mittlerweile ein Paar sind, hat der Zuneigung offenbar nicht geschadet. Davids Eltern sorgen sich um ihren pubertierenden Sohn wie um einen Nerd; denn mit nur zwei besten Freunden scheint David in ihren Augen ein Sorgenkind zu sein. Davids Interessen sind speziell - Mode, Design und Castingshows. Dass der junge Mann sich im falschen Körper eingesperrt fühlt und schon immer ein Mädchen sein wollte, wundert deshalb nicht. Den üblichen Qualen der Pubertät lädt Davids Wunsch nach Genderwechsel noch eine zusätzliche Last auf. David misst und dokumentiert regelmäßig sein körperliches Wachstum. Seine größte Sorge scheint zurzeit die Aussicht zu sein, als großer Mann mit großen Füßen rein körperlich aus der Masse herauszuragen und zukünftig keine Frauenkleider zu finden. Doch zunächst hat er sich das Ziel gesetzt, seinen Eltern die Entscheidung für ein Leben als Frau zu eröffnen.
In diesem Schuljahr wechselt aus einem anderen Stadtteil Leo in den Jahrgang über Davids Schulklasse. Den Schulwechsel umweht Leos Aura des schweigsamen Bad Boys, zusätzlich angefeuert von dem Gerücht, Leo hätte angeblich keinen Facebook-Account. An seiner alten Schule muss mehr als nur ein Jugendstreich vorgefallen sein; denn Leo ist seit frühester Kindheit in therapeutischer Behandlung. Die Geschichte der beiden Geheimnisträger wird abwechselnd von Leo und David aus der Ichperspektive erzählt, so dass man beide Sichtweisen und beide Familien kennenlernt. Neben Schulklatsch, Mobbing und weiteren Alltagsproblemen Jugendlicher scheint die Transgender-Problematik über eine längere Strecke nur eins von mehreren Problemen zu sein. So leidet Leo darunter, dass er seinen Vater nie kennengelernt hat und seine verplante Mutter nicht gerade einen Preis für die Organisation einer Patchwork-Familie erringen würde.
Ein Jugendroman soll seine Leser fesseln, ihnen Identifikationsmöglichkeiten oder Rollenmodelle bieten und er darf gern durch Sprachwitz und Tiefe brillieren. Mit dem zusätzlich zur Transgender-Frage geschaffenen Problemmix des Buches scheint die Autorin sich stark verzettelt zu haben, so dass sie keinen dieser Wünsche erfüllen kann. In der ersten Hälfte der fast 400 Seiten bleibt zunächst unklar, wer die Hauptfigur/en ist/sind und welches der zentrale Konflikt des Buches ist. In einem Jugendroman für Leser ab 14 finde ich einen ausufernden Handlungsbogen wie diesen zu wenig gradlinig. Wie genau es sich in Davids als falsch empfundenem Körper lebt, das bleibt für eine zentrale Romanfigur nur vage angedeutet. Ich hatte den Eindruck, dass Lisa Williamson an den körperlichen Fakten einer Transgender-Pubertät entweder verschämt vorbei laviert oder diese ihr fremde Gefühlswelt nur behaupten, aber nicht zeigen kann. Empfindlich vermisst habe ich größere Tiefe in der Darstellung der Nebenfiguren. Leos Verhältnis zu seiner Zwillingsschwester Amber z. B. hätte gerade in der Perspektive eines Icherzählers breiteren Raum verdient.
Fazit
Wer sich mit der Aussicht auf ein Transgender-Thema geduldig durch Nebenhandlungen zu arbeiten bereit ist, dem sei der Roman trotz einiger Abschweifungen empfohlen.
gute 6 von 10 Punkten