Der Jahrhundertwinter - Richard Dübell

  • Es war nicht die Kunst, das Versagen zu vermeiden; die wahre Kunst war es, darum zu wissen und weiterzumachen. (Seite 151)


    189 Seiten, kartoniert
    Verlag: List Taschenbuch Verlag, Berlin 2015
    ISBN-10: 3-548-61307-1
    ISBN-13: 978-3-548-61307-9



    Zum Inhalt (Quelle: eigene Angabe)


    Am Heiligabend 1845 wird auf Gut Briest Paul Baermann, ein Freund der Familie, erwartet. Als dieser nach Stunden nicht eingetroffen ist, macht sich Alvin von Briest mit einigen Knechten sowie Otto von Bismarck auf die Suche nach dem Vermißten.
    Derweil erzählt seine Frau Louise ihrem Sohn eine mittelalterliche Geschichte über einen „Hirten“. In beiden Fällen - Suche wie Geschichte - ist nicht klar, ob es am Ende gut ausgehen wird.



    Über den Autor


    Richard Dübell wurde 1962 geboren und lebt mit seiner Familie bei Landshut. 2003 erhielt der den Kulturpreis der Stadt Landshut.


    Informationen im Internet:
    - < Klick > - die Webseite des Autors
    - < Klick > - die Seite zum Buch beim Verlag (mit Leseprobe)
    - < Klick > - der Wikipediaeintrag zum Autor




    Meine Meinung


    Das Buch hat mich sowohl vom Cover, vom Titel als auch von der Inhaltsbeschreibung angesprochen, so daß ich ein stimmungsvolles Weihnachtsbuch erwartete. Ein gutes Buch habe ich bekommen, stimmungsvoll auch. Aber ob ich es als regelrechte „Weihnachtsbuch“ bezeichnen würde, da bin ich mir noch nicht so ganz sicher.


    Der Roman besteht aus zwei Zeitebenen: der Haupthandlung am Heiligabend des Jahres 1845 und einer darin eingebetteten Erzählung, die im 12. Jahrhundert spielt. Während sich bei mir in der Hauptgeschichte des 19. Jahrhunderts durchaus so etwas wie ein Weihnachtsgefühl einstellte, wollte das bei der mittelalterlichen Erzählung nicht so recht gelingen. Dafür war sie mir, obwohl ebenfalls an Weihnachten spielend und mit mehr als genug Schnee „versehen“, zu rauh, zu „kämpferisch“ und zu abenteuerlich.


    Sehr gut anfreunden konnte ich mich jedoch mit der Rahmenhandlung. Auch wenn die Protagonisten nicht im gemütlichen Zimmer saßen, sondern sich mit den Unbilden eines Schneesturmes und manch anderen Ärgernissen herumschlagen mußten, kam bei mir so etwas wie Weihnachtsstimmung auf. Was möglicherweise auch daran liegen mag, daß die Eisenbahn eine gewisse Rolle spielte. Und (Modell-) Eisenbahn und Weihnachten gehören für mich seit früher Kindheit zusammen und erzeugen für mich per se so etwas wie „Weihnachtsstimmung“.


    Den „Jahrhundertsturm“ des selben Autors habe ich leider noch nicht gelesen, was andererseits vielleicht nicht ganz verkehrt ist, da der „Jahrhundertwinter“ vor den Ereignissen des „Jahrhundertsturms“ angesiedelt ist. Andererseits wären umgekehrt natürlich die Figuren bekannt. Im Nachwort geht der Autor sowohl auf das Verhältnis der beiden Bücher zueinander als auch auf die im mittelalterlichen Teil eine Rolle spielenden Wölfe und deren Verhalten ein. Da hier eine Legende innerhalb eines Romans erzählt wird, habe ich mit dem von Dübell beschriebenen eher unnatürlichen Verhalten der Wölfe keine Probleme und kann so manche Kritik daran nicht ganz nachvollziehen.


    Figuren wie Handlung waren mir in beiden Teilen gleichermaßen verständlich, wenngleich es Dübell gelungen ist, mich gegen Ende mehrfach zu überraschen. So wenig ich solche „unvorhersehbaren Wendungen“ in Büchern normalerweise mag, hier sind diese absolut gelungen, sinnhaft und passen zu Inhalt und Bedeutung von Weihnachten, auch wenn ich nicht unbedingt Weihnachtsstimmung empfunden haben mag.


    Seltsamer war schon der Gedanke, daß ein gewisser Fürst Otto von Bismarck, der hier auftritt und eine wesentliche Rolle spielt, zu jener Zeit ein junger Mann war; ist er mir von Bildern her doch praktisch nur in seinen älteren Jahren geläufig. Auf jeden Fall empfand ich ihn sehr gut getroffen und kann mir vorstellen, daß er wirklich so sprach und dachte, wie im Buch geschildert. Vielleicht sollte ich dies endlich einmal zum Anlaß nehmen, seine „Gedanken und Erinnerungen“ zu lesen?


    Auf jeden Fall ist dieses Buch nun der Anstoß, den „Jahrhundertsturm“, der seit geraumer Zeit im Bücherregal steht, anzugehen. Für ein Buch mit einer Lok im Winter auf dem Cover ist die Weihnachtszeit sicherlich die richtige.



    Kurzfassung


    Ein Roman, dessen beide Erzählstränge an Weihnachten spielen, mir aber nur bedingt ein Weihnachtsgefühl vermittelten. Davon abgesehen ein gutes bis sehr gutes Buch, das auf seinen relativ wenigen Seiten eine deutliche Tiefe entfaltet.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Heiligabend 1845 auf Gut Briest, Louise und Alvin erwarten ihren Freund Paul, doch dann erfahren sie, dass sein Zug nicht angekommen ist. Während Alvin und sein Freund Otto von Bismarck einen Suchtrupp organisieren, erzählt Louise ihrem kleinen Sohn Moritz die Geschichte vom „Hirten“, eine jahrhundertealte Legende.


    Im „Jahrhundertwinter“ trifft man die Protagonisten aus dem „Jahrhundertsturm“ wieder. Ich habe den Roman bisher noch nicht gelesen, man kann „Jahrhundertwinter“ problemlos ohne Vorkenntnisse lesen, aber sicher ist es für Kenner des „Jahrhundertsturms“ schön, die Charaktere wieder zu treffen.


    Die Geschichte splittet sich in zwei Teile. Die Rahmenhandlung um Louise, Alvin und Paul wird auch zwischendurch immer wieder aufgenommen, man erlebt nicht nur Louise beim Erzählen sondern erfährt auch, warum Pauls Zug nicht ankam und was mit den Menschen dort passierte. So wechseln immer wieder die Perspektiven, wodurch sich Spannung aufbauen kann.


    Mir hat die Rahmenhandlung besser als die Legende gefallen, die Charaktere wirken authentisch und sympathisch und auch hier ergibt sich ein Abenteuer. Zudem habe ich nun große Lust, den „Jahrhundertsturm“ auch noch zu lesen.


    In der Legendenerzählung ist der verbitterte Ritter Rainald mit seinen Kindern zu einem Verbündeten unterwegs, durch einen Wolfsangriff wird sein Pferd so verletzt, dass er es töten muss. Nun zu Fuß unterwegs, die Wölfe im Nacken, ist der vor ihm liegende Weg kaum zu schaffen. Die Familie trifft unterwegs die Klosterfrau Venia, die Rainald beschwört, in die nahe gelegene Stadt Trier zu gehen, doch dort will er nicht hin, warum, erschließt sich erst im Laufe der Handlung.


    Die Legende muss man als solche auffassen, man darf nicht jedes Wort ernst nehmen. Im Laufe des Romans wird noch einmal ganz klar daraufhin gewiesen, dass es eine Erzählung ist, die sich durch die Jahrhunderte verändert hat und auch, dass sie metaphorisch zu begreifen ist. Dadurch relativiert sich in meinen Augen auch die Sache mit den Wölfen, die in vielen Rezensionen angesprochen wird. Wölfe jagen keine Menschen, jedenfalls nicht in der Form, wie es hier geschildert wird. Aber, dies ist gar nicht wörtlich gemeint, Louise erklärt das und Richard Dübell auch noch einmal in seinem Nachwort.


    Viel schwerwiegender finde ich, dass es die Hirtengeschichte schon als Veröffentlichung gab (so mir bekannt ist, als Ebook-only), was mit keinem Wort, z. B. im Klappentext, erwähnt wird. Nimmt man diesen Part weg, bleibt nur wenig übrig, so dass man die Verkaufspolitik des Verlags und/oder des Autors an dieser Stelle schon kritisieren muss. Für mich, die beide Bücher bisher nicht kannte, nicht so schlimm, für andere sehr ärgerlich.


    Dennoch möchte ich das Buch nicht danach beurteilen, sondern danach, wie es mir gefallen, mich unterhalten hat. Und das hat es, ich habe es gerne gelesen, war zwar zwischendurch schon etwas kritisch gestimmt, habe es am Ende aber zufrieden zugeschlagen. Dübell-Fans, die „Der Hirte“ noch nicht kennen, können bedenkenlos zuschlagen. Als Weihnachtsgeschichte ist das Buch nur bedingt zu empfehlen. Wer zu Weihnachten gerne besinnliche Geschichten liest oder einen Heile-Welt-Roman möchte, für den ist der Roman weniger geeignet. Die Handlung spielt in beiden Handlungssträngen zwar an Weihnachten, besinnlich sind die Geschichten, vor allem die Legendenhandlung, jedoch nicht. Allerdings gibt es natürlich schon eine „weihnachtliche“ Moral.

  • Mir hat das Buch leider gar nicht gefallen. Ich habe es eigentlich auch nur zu Ende gelesen, weil es nicht besonders dick war. Bei mir kam keine weihnachtliche Stimmung auf und auch die Charaktere waren mir eigentlich ziemlich egal. Der Erzählstil hat mir ebenfalls nicht gefallen. Schade, denn der Klappentext hat sich sehr gut angehört.

  • Ich habe die drei Romane der Jahrhundert-Trilogie sehr gern gelesen und so griff ich auch zu, als ich gesehen habe, dass es noch einen Weihnachtsroman zu der Serie gibt.


    Ich habe den Klappentext vor dem Lesen nicht mehr gelesen und so war ich ziemlich überrascht, als der Großteil der Handlung von der Geschichte in den Geschichte beherrscht wird. Diese hat mich zunächst eher verwirrt und ich habe diese Zeile der Erzählung nur überflogen.


    Ich hatte mich auf ein Wiedersehen mit den bekannten Figuren Louise, Paul und Alvin gefreut, doch diese kamen sehr kurz. Die Rahmenhandlung hat mich jedoch mehr interessiert als die Legende.


    Schade, ich bin sehr enttäuscht.