Sterne über der Alster - Micaela Jary

  • Taschenbuch: 432 Seiten
    Verlag: Piper Taschenbuch (9. November 2015)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3492306977
    ISBN-13: 978-3492306973


    Inhaltsangabe:


    Die Revolution von 1918/19 bringt nicht nur Chaos in das geordnete Leben der Hamburger Reederfamilie Dornhain, sondern auch der Dienstboten: Der Patriarch nimmt sich das Leben, sein Chauffeur gerät unter Mordanklage und Nele Dornhain erwartet ein Kind vom Mann ihrer kleinen Schwester. Indes kämpft die älteste Tochter Ellinor um das wirtschaftliche Überleben des Familienunternehmens und auch um ihr eigenes Lebensglück, dessen Zukunft in den Sternen über der Alster geschrieben steht ...


    Autoreninfo:


    Micaela Jary wurde als Tochter des Filmkomponisten Michael Jary in Hamburg geboren. Sie wuchs in der Welt des Kinos und der Musik auf und arbeitete als Zeitungsredakteurin, ehe sie sich ganz der Schriftstellerei widmete. Seit vielen Jahren schreibt sie nun erfolgreich Bücher. Sie lebte lange in Paris und wohnt heute mit Mann und Hund in Berlin und München.


    Meine Meinung:


    Titel: Überzeugende Fortsetzung mit Suchtpotenzial...


    Nachdem mir "Das Haus am Alsterufer" unheimlich gut gefallen hatte, wollte ich unbedingt wissen wie es mit Familie Dornhain weiter geht. Mit großen Erwartungen und voller Vorfreude begann ich mit der Lektüre und wurde vollends zufrieden gestellt.


    Dieser zweite Band startet genau da, wo der erste endete, denn der Familienvater Victor Dornhain hat sich das Leben genommen und seine Familie muss nun mit seinem Tod klar kommen. Was wird das Jahr 1918 der Familie bringen und wird Hausmädchen Klara endlich die Wahrheit über ihre Herkunft erfahren?


    Bereits auf den ersten Seiten gelang es Micaela Jary mir die Erinnerung zum ersten Band wieder ins Gedächtnis zu rufen und ich war sofort wieder mitten in der Familie.


    Die Autorin beleuchtet auch hier wieder sowohl die Reederfamilie Dornhain als auch dessen Angestellte im Haus, die mit den Umbrüchen der damaligen Zeit zurechtkommen müssen. Besonders Tochter Ellinor hat es hart getroffen, denn sie soll für den Fortbestand der Reederei sorgen. Am meisten gefangen genommen haben mich die Zwistigkeiten zwischen dem Dreiergespann Nele, Lavinia und Konrad. Diese Konstellation ist schon etwas Besonderes und das Hin und Her war schon sehr spannend, denn ich war mir wirklich nicht sicher, wer am Ende das Paar sein wird. Und Lavinia war wieder einmal der Knaller. Bei ihr wusste ich oft nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Auch Klara habe ich wieder sehr gern begleitet, sie ist einfach eine Figur, die man gern haben muss.


    Frau Jary hat es wieder einmal geschafft einen spannenden Teil der Geschichte Deutschlands dem Leser zu vermitteln. Gerade die politischen Veränderungen waren im Hintergrund stets spürbar.


    Fazit: Eine würdige Weiterführung der Geschichte um die Reederfamilie, die förmlich nach einem dritten Band schreit. Ich kann dieses Buch nur wärmstens empfehlen und ich würde mich sehr über einen weiteren Band freuen. Lesenswert!


    Bewertung: 10/ 10 Eulenpunkten

  • Die Dornhain Mädchen gehen den unterschiedlichsten Aufgaben nach, als ihr Vater, der Reeder Victor Dornhain sich das Leben nimmt. Lavinia, die jüngste der Drei, dient als Telefonistin dem deutschen Reiche, Nele verbringt ihre Zeit mit Lavinias Ehemann Konrad in der Schweiz, damit dieser dort weiter genesen kann, und Ellinor bleibt als Erbin des Dornhain Vermögens in der elterlichen Villa in Hamburg zurück. Allein mit der Last, die der Vater ihr nicht nur mit seinem Tod, sondern auch der Enthüllung eines prekären Geheimnisses, auferlegt hat.


    Während das private Umfeld der Dornhain Mädchen zusammen zustürzen droht, entwickelt sich ein politischer Umbruch, für den Nele einst gekämpft hat, dessen Auswirkungen sie aber in dieser Form nicht gewollt hat. Kaiser Wilhelm II. erklärt seinen Rückzug. Arbeiterproteste und Aufstände durch gewaltbereite Mitbürger, die sich davon ein freieres Leben und Unabhängigkeit von der oberen Bevölkerungsschicht versprechen, krempeln den Alltag der Familie völlig um und werden zur unübersehbaren Gefahr.


    Romane, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts spielen, üben seit einer gewissen Zeit eine große Faszination auf mich aus. Obwohl ich froh bin, nicht zwischen zwei Weltkriegen, Arbeiterevolten und einem Zeitalter, in dem Frauen so wenige Rechte hatten, aufzuwachsen, finde ich es spannend auf literarischem Wege dorthin zu reisen. Eine Zeit, in der viele Menschen Not leiden mussten, in der das Land aber auch in großer Aufbruchsstimmung war, Hoffnungen geschürt wurden und Entwicklungen vonstatten gingen, die vielleicht nicht so schnelllebig waren wie heute und für uns nun zum Alltag gehören, damals aber als revolutionär galten. Um einen authentischen Roman darüber zu schreiben, ist eine ausführliche Recherche von Nöten. Eine aufwendige Arbeit, die von Micaela Jary sehr gewissenhaft betrieben wird und ihren Lesern den Genuss bereitet, einiges über die beschriebenen Gegebenheiten des Zeitalters zu lernen.


    Und das ganz nebenbei. Ohne belehrend zu wirken. Viel mehr noch – sie bietet großartige Unterhaltung. Versteht ihr Handwerk in solchem Maße, dass sie mühelos das eine mit dem anderen verknüpft und Historie in eine Geschichte einbettet, die einen großen Sog entwickelt. Mit dem zweiten Band noch mehr, als mit Teil eins. Ich lese mich immer mehr hinein in die Geschichte, fühle mich schon als Teil der Dornhain Sippschaft und genieße die Zeit mit ihnen. Versuche mich Großmutter Charlottes mahnenden Blicken zu entziehen, runzle die Stirn über Livis Eigenschaft sich in jeden adretten, gut situierten Mann zu verlieben, hege große Sympathien für Nele und Klara und bin sehr gespannt, wie Ellinors Entwicklung weiter gehen wird. In wie weit wird man sie als Erbin der Reederei akzeptieren? Und wie werden sich die Dornhain Schwestern weiterhin in die historischen Ereignisse des Landes, die mir als Leser ja zum Teil bekannt sind, einfügen?


    Micaela Jary hat eine wundervolle Familien Saga entworfen, in der die Bedeutung vier starker Frauen im Vordergrund steht. Vier Frauen, die trotz gleichen Blutes, sehr unterschiedlich sind und mit viel Liebe zum Detail entworfen wurden. Figuren, die sich authentisch in die Historie Deutschlands einfügen.


    „Sterne über der Alster“ ist eine ausgesprochen gelungene Fortsetzung des Romans „Das Haus am Alsterufer“ und hat mir sogar noch ein bisschen besser gefallen, als der Vorgänger. Mit Begeisterung bin ich zwischen die Buchseiten getaucht und habe mich von der Atmosphäre der Kaiserzeit und den widrigen Umständen, denen Familie Dornhain ausgesetzt war, mitreißen lassen. Wer den ersten Teil mochte, der wird an der Fortsetzung seine wahre Freude haben. Wer noch keinen Band der Saga oder anderen Roman der Autorin gelesen hat, der sollte dringlichst damit beginnen.

  • Bereits "Das Haus am Alsterufer" gefiel mir außerordentlich gut. Über eine Fortsetzung der Familiengeschichte aus Hamburg habe ich mich daher sehr gefreut. Auch hier ist es Micaela Jary wunderbar gelungen, mich an das Buch zu fesseln. Wie schon im ersten Band beschreibt sie nicht nur die Stadt zur damaligen Zeit sehr bildlich und toll vorstellbar, auch die Beschreibungen der Personen im Dornhainschen Haushalt sind ihr wieder sehr gut gelungen.
    Mir hat gut gefallen, dass die Fortsetzung direkt an das Ende des ersten Bandes angeknüpft hat und keine größere Zeitspanne dazwischen lag. Wie bereits im ersten Band erzählt die Autorin nicht nur die Geschichte einer gut situierten Hamburger Reederfamilie und ihrer Hausangestellten, sondern auch ein wenig die Geschichte einer Stadt.


    Alle bereits bekannten Figuren sind wieder mit von der Partei. Die Patriarchin der Familie, Charlotte Dornhain. An ihrer Figur wird der Bruch zwischen den Generationen meiner Meinung nach besonders deutlich. Charlotte steht für eine mittlerweile vergangene, "untergegangene" Zeit; ihre Ansichten sind geprägt durch eine kaisertreue Erziehung.
    Die drei Schwestern, Ellinor, Helene und Lavinia Dornhain. Die Dreiecksbeziehung zwischen Nele, Lavinia und Konrad nimmt natürlich viel Raum in der Geschichte ein, denn es ist ein zentraler Punkt in diesem Roman. Es war spannend zu lesen, welche Hoffnungen sich Nele und Konrad machten, welche Pläne sie schmiedeten - und wie Lavinia mit der ihr eigenen Rücksichtslosigkeit wieder einmal alles über den Haufen warf. Hatte man zu Beginn noch die Hoffnung, dass Lavinia durch ihren Einsatz an der Westfront erwachsener geworden wäre, so wurde im Verlauf klar - nein, das ist sie nicht. Gerade ihre Träumereien in Bezug auf ein Leben als Freifrau zeigen dieses deutlich. Dennoch gibt es Momente, in denen eine mutige, tatkräftige und durchaus praktisch denkende Lavinia auftritt.


    Das Hausmädchen Klara war wieder einmal meine Lieblingsfigur. Das bescheidene Mädchen mit der bis dato unbekannten Herkunft lernt nun endlich ihren Hintergrund kennen und erschüttert die halbe Familie Dornhain. Die Autorin hat diese junge Frau so sympathisch gezeichnet, dass man einfach mit ihr mitleiden und sich mitfreuen muss. Genrell wurde das Hauspersonal mit Herz und Verstand ausgestattet, was auch die Köchin, den Fahrer und den Wach-Matrosen etc zu symphatischen Figuren macht.


    Mit dem Ende bin ich dagegen nur so halb zufrieden. Zu viele Erzählstränge bleiben für mich noch offen. Aber vielleicht gibt es ja doch noch einen dritten Teil. Wünschen würde ich es mir. Obwohl des etwas offenen Endes vergebe ich 10 von 10 Eulenpunkten für dieses großartige Buch.

  • Es handelt sich hier um die Fortsetzung des Buches "Das Haus am Alsterufer", welches man nicht zwingend gelesen haben muss - es ist aber zu empfehlen.
    Während im ersten Buch die künstlerisch begabte Nele und die leicht flatterhafte Lavinia im Mittelpunkt stehen, geht es hier verstärkt um die älteste Schwester Ellinor. Sie ist besonnen und vernünftig und wird vom Vater als seine Nachfolgerin in der Reederei angesehen. Als dieser in den Wirren der Nachkriegszeit 1918 Selbstmord begeht ändert sich für die Familie Dornhain das Leben gründlich.
    Ellinor sieht sich neuen Aufgaben und Problemen gegenüber, entwickelt sich aber dadurch zu einer selbstbewussten Frau!
    Nele, die mit ihrer großen Liebe Konrad (Lavinias Ehemann!) in der Schweiz lebt, muss ihrer Familie beichten, schwanger zu sein. Die Beziehung zu Konrad wird auf eine harte Probe gestellt, denn Lavinia verweigert weiter die Scheidung und denkt wie immer nur an sich. Trotz aller Probleme in der schweren Zeit ist diese weiterhin sehr egoistisch und unreif. Klara, das Hausmädchen der Familie wartet auf die Rückkehr ihres Verloben aus der russischen Gefangenschaft. Das sie eine uneheliche Tochter des verstorbenen Haushern ist, weiß sie selber gar nicht.


    "Sterne über der Alster" ist eine nahtlose Fortsetzung zu "Das Haus am Alsterufer" und ich war sofort wieder in der Geschichte drin. Irgendwie war es fast wie ein frohes Wiedersehen nach längerer Abwesenheit. Die Hauptpersonen werden auch hier wieder wunderbar mit all ihren Unterschieden und Eigenheiten beschrieben. Ellinor und Nele haben sich positiv verändert und sind zu selbstbewussten Frauen geworden, nur Lavinia ist immer noch das naive und selbstsüchtige kleine Mädchen, das immer ihren Willen durchsetzen will.


    Der Schreibstil ist angenehm, das Buch ist flott zu lesen. Da am Ende noch ein paar Fragen offen bleiben, bin ich sicher, es wird eine Fortsetzung geben auf die ich mich schon jetzt sehr freue.