Okay, ich war skeptisch – sehr skeptisch sogar.
Würden Deep Purple einfach nur noch absahnen wollen, eine Altherren-Riege die nicht loslassen kann?
Mitnichten!
Die britische Rocklegende legte ein grandioses Konzert hin.
An diesem Abend passte wirklich alles.
Eine sehr gute Vorgruppe. Rival Sons spielten grandlinigen echte Rock und stimmten die 6.000 Besucher in der Barlaycard-Arena richtig gut ein.
Nach dem Intro powerten Deep Purple gleich mit „Highway Star“ temporeich los. Fünf schnelle Nummern ohne Pause zu Beginn. Toller Sound, volle Dröhnung auf die Ohren -eine echte Trommelfellmassage. So soll es aber auch sein.
Ian Gillan, Ian Paice, Roger Glover, Steve Morse und Don Airey machen fast die legendäre Live-Aufnahme von 1972 „Made in Japan“ wieder lebendig. Geht natürlich nicht, aber sie schafften es, den Konzertbesuchern ein ähnliches Feeling zu vermitteln.
Ian Paice trommelte sich bei „The Mule“ - wie eigentlich immer – fast die Seele aus dem Leib. Aber auch seine Kumpels bewiesen mit solchen Nummern wie "Highway Star", "Strange Kind Of Woman", "Space Truckin'" und "Smoke On The Water" – das sie noch voll im Saft stehen. „Smoke On The Water“ beendet den normalen „Gig“ bevor es mit zwei Zugaben weiter ging. „Black Night“ beendete dann einen wirklich hammergeilen Konzerabend.
Ian Gillan mit sehr kurzen Haaren, aber immer noch richtig gut bei Stimme, Roger Glover ist als Bass-Urgestein aus dieser Formation ebenso nicht wegzudenken. Und Steve Morse hat Richie Blackmore mehr als eins zu eins ersetzt. Keyboarder Don Airey macht sein eigenes Ding und versucht nicht den 2012 verstorbenen Jon Lord zu kopieren.
Begeistert war ich darüber, das ich auch bei diesem Konzert ganz sicher nicht der älteste Besucher war. Da waren auch Besucher zugegen, die mir einige Lebensjährchen voraus hatten.
Natürlich kann man seine Jugend nicht zurückholen, das ist ja leider unmöglich – aber man kann das Gefühl wieder erleben, welches man seinerzeit hatte. Und auch wenn die Haare weniger und grau bzw. weiß sind, wenn die Prostata einen zwingt öfter mal den Platz zu verlassen, wenn die Knochen ein wildes Headbangen nicht mehr gut vertragen – so merkte man den Besuchern doch an, welch riesigen Spass ihnen dieses Konzert gemacht hat.
Den jungen Leuten – davon waren überraschend viele da, schien die Sache aber auch gefallen zu haben. Da gab es kein mitleidiges Grinsen in Richtung der Rollator-Rocker.
6.000 Besucher in zu zwei Dritteln gefüllten Halle erlebten 100 Minuten Rockmusik so, wie Rockmusik sein muss. Gradlinig, laut und kompromisslos.
Ja, so einige Götter meiner Jugend haben sich der Götterdämmerung bisher erfolgreich entzogen.