'Schlaf der Vernunft' - Seiten 138 - 195

  • Ich finde, dass man als Leser in diesem Abschnitt sehr tief abtaucht in die damalige Welt. Martina nimmt zum ersten mal bewusst gesuchte Terroristen auf und bringt auch ihre Tochter in Gefahr. Dennoch wirkt sie nicht radikal, was es für mich schwer macht KEINE Sympathie zu empfinden. Ich kann ihre Schritte verstehen, obwohl ich weiß, wohin es führt.


    In der "Gegenwart" komme ich noch nicht dahinter, woher so viele von der Freilassung Martina wissen und warum darum so ein eiertanz gemacht wird. Oder haben die hohen Tiere Angst, dass herauskommen könnte, dass sie im Attentat mit drin steckten?


    Die fallanalytikerin gefällt mir. Knallhart und gerade raus.

  • Noch bin ich nicht ganz durch.
    Schön, wie Martina mit ihrer kleinen Tochter gezeigt wird. Die Nöte einer jungen alleinerziehenden Frau. Ganz normal eigentlich. Und dann taucht Holger Meins auf. Was mich immer wieder umhaut ist, wie gut ich mich an die Sprüche und Argumentation erinnern kann.


    Es ist ja kein allgemeines Interesse an Martinas Freilassung, sondern es sind ganz bestimmte Mitbetroffene Personen, die ihre Gründe haben, mehr darüber wissen zu wollen. Und ich bin mir sicher, die gute Freundin Renate hat gehörig ihre Finger im Spiel.

  • Martina ist mir in diesem Abschnitt sehr sympathisch, selbst, dass sie Holger Meins und seinem Freund Unterschlupf gewährt hat, kann ich noch nachvollziehen und sie zieht ja auch rechtzeitig die Notbremse und schmeißt die beiden raus. Umso gespannter bin ich jetzt, wie es zu ihrer Radikalisierung kommen konnte.


    In der "Gegenwart" blicke ich im Moment so gar nicht durch, wer da was von wem will, irgendwie traue ich dem Michael Werder nicht über den Weg, warum will der so umbedingt verhindern, dass jemand mit Martina spricht?

  • Zwergin,da nach allen Zeugnissen, die ich finden konnte, die Radikalisierung wirklich ein längerer Prozeß war, habe ich das auch bei Martina so gehalten.


    Michael Werder: behalte ihn im Auge. Übrigens habe ich gerade einen Leserbrief bekommen, in dem ich gefragt wurde, ob der Name eine Anspielung auf Goethes Werther sein sollte. Ganz bestimmt nicht, um das schon mal vorweg zu nehmen. :-)

  • Ja, spannende Erzählung aus Martina Wohnung. Gab es für die Person "Mutter mit Kind" eine Vorlage oder ist das reine Fiktion?


    Die Dialoge zwischen Martina und Angelika wundern mich ein wenig. Immerhin haben die sich ja mehr als.10 Jahre nicht gesehen. Dass die beiden dann nicht erstmal eine zarte Annäherung wagen, sondern gleich intensiv diskutiert, ist schon gewagt. Aber Martinas Verbitterung kommt sehr deutlich rüber. Von der sympathischen Studentin ist nichts mehr zu spüren.

  • Xexos, Rumpelstilzchen hat Ulrike Meinhof schon erwähnt. (Auch Gudrun Ensslin und Andreas Bader hatten Kinder, doch sie hatten den Kontakt noch viel früher abgebrochen, als Ulrike Meinhof es tat.)


    Re: keine behutsame Annäherung - Angelika plant zwar eine, aber wie bei so vielen guten Vorsätzen scheitert dieser an der Wirklichkeit. Gerade, wenn man sich vornimmt, über bestimmte Themen NICHT zu reden, landet man garantiert bei genau diesen...

  • Xexos, nein, weil dann das betreffende "Kind" garantiert als Original zu Angelika gesehen worden wäre, auch wenn das gar nicht die Absicht war. Ich wollte Angelika als eigenständige Person kreieren, nicht als Porträt.


    Allerdings habe ich natürlich die Interviews, die es gibt, gelesen/gehört/gesehen. Die meisten wollen sich nicht öffentlich äußern, aber es gibt Ausnahmen. Am prominentesten Bettina Röhl, die... ein Fall für sich ist, was ihre eigenen politischen Ansichten betrifft. Siehe jüngste Verlautbarungen zum Thema Flüchtlinge. Aber in bezug auf die emotionale Auswirkungen, die eine Terroristin als Mutter hat, ist sie natürlich Zeitzeugin Nr. 1; hier ist ein Gespräch, daß sie mit Margarethe Mitscherlich geführt hat:


    https://chrismon.evangelisch.d…ist-eine-gute-mutter-6807

  • Diesen Abschnitt fand ich ganz interessant.


    Man sieht Martina als junge Mutter, die ihr Kind ganz offensichtlich liebt. Kaum zu glauben, dass sie sich in absehbarer Zeit für die Sache und Ideologie von ihrer Tochter lossagen wird. Martinas Einstellung zu Staat und System sind, nach ihren Erfahrungen als Jugendliche in Berlin, für mich gut nachzuvollziehen. Und, derzeit distanziert sie sich noch ganz klar von radikalen Handlungen, aus denen Verletzte oder Tote hervorgehen. Bin sehr gespannt auf dem Punkt, an dem sich alles ändern wird. Die Begegnungen und Gespräche mit Holger Meins haben natürlich dazu beigetragen. Irgendwie muss er ihre innere Stärke und auch Härte gespürt haben, sonst hätte er sicher nicht so auf sie eingewirkt.


    Weiterhin erfährt man von Steffens Anfängen beim Personenschutz und was für ein geschulter, trainierter und irgendwie abgeklärter Mann er einmal war. Davon ist dann nach dem Attentat nichts mehr übrig....


    Welche Rolle Michael Werder spielen wird bzw. welche Ziele er verfolgt, ist mir noch nicht ganz klar....mal schauen.... :gruebel

  • Ein weiterer spannender Abschnitt.


    Vielen Dank xexos für den Link! :knuddel1


    Martina als junge Mutter finde ich sehr sympathisch - auch, dass sie Holger und seinem Freund Unterkunft bietet ist stimmig.


    Schwerer ist es, mit ihr nach dem Gefängnis klarzukommen. Angelika hat es sicher nicht leicht - da sie ja auch nie weiß, was sie ansprechen "darf". Und ihre Mutter ist für sie ja auch eine völlig Fremde.


    Steffen finde ich weiterhin sehr sympathisch. Schön, hier seine Anfänge kennenzulernen.


    Michael Werder ist mir suspekt. Ich bin neugierig, wie es mit ihm weitergeht.... :wave

  • Ein Phänomen in der Frühzeit der RAF war ja, wie viele (und nicht nur Ulrike Meinhofs ehemalige Kollegen aus der Journalistenbranche) bereit waren, den Mitgliedern Unterschlupf zu geben. Das änderte sich erst allmählich mit der sogenannten "Mai-Offensive" (und dem steigenden Gewaltlevel). Ein paar dieser Frühsympathisanten wurden später selbst Terroristen, wie Martina, andere nicht (und waren im Nachhinein erleichtert, den Absprrung geschafft zu haben), aber Tatsache bleibt, daß es in der Frühphase diese Bereitschaft gab (die natürlich das Selbstbild der RAF bestätigte). Einer der berühmtesten Fälle: Luise Rinser, die Gudrun Ensslin und Andreas Baader in Italien kennenlernt, bewirtet, und danach an Gudrun Ensslins Mutter schreibt, "Gudrun hat in mir eine Freundin fürs Leben gefunden".

  • Zitat

    Original von Zwergin
    Martina ist mir in diesem Abschnitt sehr sympathisch, selbst, dass sie Holger Meins und seinem Freund Unterschlupf gewährt hat, kann ich noch nachvollziehen und sie zieht ja auch rechtzeitig die Notbremse und schmeißt die beiden raus. Umso gespannter bin ich jetzt, wie es zu ihrer Radikalisierung kommen konnte.


    Diesen Abschnitt habe ich heute morgen gelesen und ich kann deine Worte nur :write.