Zelot - Reza Aslan

  • Der Autor: der gebürtige Iraner Reza Aslan kam mit seinen Eltern in die USA und konvertierte als Jugendlicher zum Christentum, kehrte jedoch später zum Islam zurück.
    Sein Buch über Jesus und die Frühgeschichte des Christentums sorgte in den Staaten für einen Skandal! Kein Wunder....


    Das Buch: .... Beschreibt er doch vieles, was dem "christlichen" Bild des Messias und Erlösers und Friedensboten usw. radikal widerspricht.


    Er löst den historischen Jesus nicht aus der Geschichte heraus, er beschreibt ihn nicht als jemanden der losgelöst von seine Umgebung und den Ereignissen in seiner Heimat operiert sondern fügt ihn als Teil der Geschichte in einen Gesamtzusammenhang wieder ein. Er nimmt ihm somit, zumindest am Anfang, den Nimbus des Besonderen, Einzigartigen sondern beschreibt in als Produkt seiner Zeit, und löst sich somit auch radikal von dem Bild, welches die Bibel zeichnet. Der Autor geht also nicht von den Evangelien aus quasi rückwärts zum historischen Kern, er geht den umgekehrten Weg, vom Wanderprediger zur literarisch verklärten Erlöserfigur, wobei er die Bibel auf eine Sammlung von zweckgebundenen Erzählungen reduziert.


    Ich selbst habe vor einiger Zeit schon begonnen mich mit der geschichtlichen Seite des Christentums eher rudimentär zu befassen, und dabei "nach Lust und Laune" so manches populärwissenschaftliche (im Sinne von: für Laien und nicht für Fachleute und Historiker geschrieben) Werk zu dem Thema gelesen.


    Mein Wissen beziehe ich also ausschließlich aus Publikationen dieser Art, und muß deshalb darauf vertrauen das die jeweiligen Autoren sauber recherchiert haben und kann - aufgrund fehlender weitergehender Informationen, die Schlüssigkeit ihrer Argumentation nur aus dem Buche selber ableiten.


    Aslans Buch ist ein Geschichtsbuch, kein Buch über Religion - auch wenn diese natürlich eine der Hauptrollen spielt - und wahrlich nicht geschrieben um mit irgendeiner revolutionären neuen Erkenntnis den gläubigen Christen zu beweisen wie blöd sie eigentlich sind auf den Unsinn immer wieder hereinzufallen.
    Aslan sagt in seinem Vorwort das ihm der historische Jesus den er beschreibt näher ist und als sehr viel "stärker" und eindrucksvoller erscheint als der fiktionale Jesus der Evangelien.
    Seine Motivation dieses Buch zu schreiben war auch der Wunsch, seine "Frohe Botschaft" (Aslan) zu verkünden. Was er allerdings sehr sachlich tut.


    Natürlich geht es nicht ohne Bibel. Im Alten Testament wird immer wieder ein Messias angekündigt, so das jeder der als solcher daherkommt oder als die Erfüllung dieser Prophezeiung angesehen wird zumindest einige der Voraussagen erfüllen muß.


    Das Neue Testament brauchen wir weil es die einzige umfassende Beschreibung des Lebens und Wirkens des Messias ist. Das Problem dabei ist allerdings, so Aslan, (und nicht nur er - auch andere Autoren gehen darauf ein) das diese Texte nicht als genaue Wiedergabe der Ereignisse gelesen werden dürfen, und auch nicht unter diesem Aspekt geschrieben wurden, (Die Idee einer korrekten Wiedergabe von geschichtlichen Ereignissen so nahe wie möglich an der Wahrheit und als Beschreibung von - wenn möglich - korrekten Tatsachen ist wesentlich jünger, und stellt Historiker immer wieder vor das Problem, das auch als "Geschichtsbücher" verfasste Texte mit großer Vorsicht zu behandeln sind)
    sondern ein bestimmtes Bild malen sollten, um den Gläubigen ein Leitbild zu geben, von dem sie sich leiten lassen sollten.


    Aslan legt nun dieses idealisierte Bild über die bisher erforschten historischen Fakten und destilliert so die nach dem heutigen Forschungsstand wahrscheinlichsten Ereignisse frei. Er frag einfach; Wie war das damals, und hätte ein in den Evangelien geschildertes Ereignis so stattfinden können?


    Fast immer kommt er dabei zu dem Schluss:


    Nö!


    Nur ein Beispiel:


    Warum sollte jemand wie Pontius Pilatus plötzlich irgendeinen Aufrührer besonders beachten, wo solcherlei Pöbel doch alle Nase lang irgendwo an bereitgestellte Kreuze genagelt wurden?


    Tatsächlich, so Aslan in diesem Buch, liefen zu dieser Zeit einige Messiasse durch die Gegend, einige selbsternannte, einige die von irgendwem dazu erklärt wurden.


    Das ganze Land war im Aufruhr, der Abstand zwischen einem Banditen, einem Revolutionär und einem Messias war extrem klein, und ein Strassenräuber konnte schnell zu einem "Robin Hood" und Volkshelden werden, und Schwupps - schon war er Messias!


    Und wenn einem das Strassenräubern nicht so lag konnte man immer noch durch die Gegend ziehen und predigen, dabei vielleicht noch einige Wunder - davon konnte man recht gut leben....



    ...bis man möglicherweise von den Römern geschnappt und irgendwo angenagelt wurde.


    All das mag für einen Christen recht ernüchtern klingen, andererseits finde ich persönlich die Geschichte und ihre Personen viel interessanter und - wie Aslan - viel mehr geeignet jemanden zu inspirieren als die biblische Belletristik, an die so viele bedingungslos glauben.


    Ein weiterer Punkt, den praktisch alle, die zu diesem Thema schreiben immer wieder heranziehen um ihre Thesen zu beweisen, ist die Übersetzung eines Textes von einer Sprache in die andere!
    Wann immer ein Punkt strittig und ihrer Argumentation zuwider zu laufen zu droht wurde etwas falsch übersetzt.


    (Sehr bekannt wurde das "Kamel-durchs-Nadelöhr"-Gleichnis, bei dem einerseits erklärt wird das die Worte für "Kamel" und "Seil" einfach sehr ähnlich sind und somit einfach verwechselt wurden, andererseits soll es in der Stadtmauer eine kleine "Hintertür" - als besagtes Nadelöhr bekannt - gegeben haben, durch welche ein voll bepacktes Kamel kaum hindurch gepasst hätte)


    Auch Aslan kommt nicht ohne Übersetzungsfehler aus, wobei ich ihm tatsächlich keinerlei Taschenspielertrick unterstellen möchte - allerdings werden Probleme dieser Art wohl niemals abschließend zu klären sein.


    Ich persönlich vertraue einfach seiner Argumentation - nicht nur in diesen Punkten - da er niemals versucht, irgendeine krude Theorie zu beweisen sondern ein recht nüchternes Sachbuch verfasst hat, welches in meinen Augen ehrlich versucht, ein bisschen Licht in das Dunkel der Geschichte zu bringen.