Fieber am Morgen - Péter Gárdos

  • Noch ganz frisch sind die Emotionen zu "Fieber am Morgen", das ich vor zwei Tagen beendet habe. Gedanken dazu haben sich festgesetzt. In meinem Kopf. Und vor allem in meinem Herzen. Eine Liebesgeschichte von ernster Schönheit. Tragisch in Vorgeschichte und Verlauf, aber zum Glück - so viel darf ich verraten - mit Happy End. Wohlverdient.


    "Fieber am Morgen" ist die wahre Geschichte des Ungars Miklós Gárdos. Vater des Autors Péter Gárdos. Miklós hat das KZ überlebt, den Aufenthalt bei den Russen, konnte bis nach Schweden fliehen und bekommt nun gesagt, dass ihn eine Krankheit das Leben kosten wird. Nach allem, was er durchgemacht. Nach all diesen Augenblicken, in denen er dem Tod von der Schippe gesprungen ist, will dieser ihn nun tatsächlich für sich selbst beanspruchen. Ohne Miklós. Das lässt er sich nicht bieten. Er ist ein Kämpfer, ein Streiter. Und wenn der Tod ihn haben möchte, dann soll er nur kommen.


    " 'Weißt du was, Harry? Dann lass ich mir eben Kiemen wachsen. Er kriegt mich nicht klein.' "


    Mit ihm gehen wird er auf keinen Fall. Denn in naher Zukunft möchte er endlich heiraten. Keine Schwedin, sondern eine Ungarin. Eine Frau, die seine Sprache spricht, die - wie er auch - ungarischer Herkunft ist, eine ungarische Seele hat. In Schweden wurden 117 Frauen aufgenommen, die ebenfalls dem Nationalsozialismus entkommen konnten und aus Miklós Heimatstadt stammen. Jeder einzelnen der 117 Frauen schickt er einen Brief mit demselben Text. Einige von ihnen antworten ihm. Doch nur eine kann sein Herz berühren. Lili.


    " 'Es gibt keine andere. Entweder sie - oder ich sterbe.' "


    Péter Gárdos, preisgekrönter Theater- und Filmregisseur, hat in "Fieber am Morgen" die Liebesgeschichte seiner Eltern aufs Papier gebracht. Rekonstruiert anhand der Liebesbriefe, die sie sich ein halbes Jahr lang hin und her geschrieben haben, und an Erzählungen beider Elternteile, die lange Zeit eher vage waren. Zu tief sitzt auch nach all den Jahren der Schmerz, den die Erlebnisse des Krieges verursacht haben. Narben, die vermutlich nie ganz verheilen und bei zu starker Berührung aufreißen könnten.


    " 'Mit der Abscheu muss man vorsichtig sein. Sie kann leicht in Hass umschlagen. Gleich darauf folgt die Aggression. Dann kommt die Ideologie. Und am Ende werden sie in ihrem gesamten Leben nichts anderes mehr tun, als Fliegen zu verfolgen.' "


    All dies kann der Leser spüren. In den feinen Worten, die Péter Gárdos wählt, um die zarte Geschichte der beiden Flüchtlinge nachzuerzählen. Schnell weicht der Klang seiner Stimme der von Lili und Miklós, die sich ganz behutsam annähern. Der Kostbarkeit ihrer Liebe bewusst. Einem Lichtblick in einer Zeit, die auch nach ihrem Entkommen aus der Todesmaschinerie, noch allzu düster und bedrückend ist. Das Leben als Flüchtling ist schwierig. Sie sind Fremde in einem fremden Land. Bekommen Hilfe angeboten, aber keiner versteht sie so wirklich. Nur wer dergleichen Herkunft ist, wer ähnliches mitgemacht hat und die von Tod, Schmerz, Leid und Dunkelheit geprägten Erlebnisse am eigenen Körper erfahren hat, weiß wie Krieg und weiterleben sich anfühlen.


    "Kleines Kerlchen, noch weißt du nicht, was die Stirn
    unseres Erdteils zerfurcht,
    für dich hier im Norden war's nur ein Gestirn
    das Flugzeug am Himmel, für uns war's Furcht.
    [...] "


    "Fieber am Morgen" ist ein berührender Roman über Krieg, Liebe und Hoffnung. Die sanfte fast literarische Schreibe des Autors dringt mit einer auf den ersten Blick ungeahnten Heftigkeit unter die Haut. Grausame Erlebnisse, verpackt in die Schönheit der feinen Worte Gardós' schlagen ein und erzielen ihre Wirkung, indem sie dafür sorgen, nichts zu vergessen. Sie haben Kraft. Eine ähnliche Kraft, wie die Liebe seiner Eltern. Eine Kraft, die dazu geführt hat, dass Miklós Gardós etwas schier unglaubliches gelungen ist.

  • Es ist der Sommer 1945 und der 2. Weltkrieg ist endlich beendet. Manche der Überlebenden des Holocaust werden vom Roten Kreuz über ganz Europa verteilt, damit sie sich von den Qualen der Konzentrationslager erholen und körperlich und psychisch genesen können. Wobei der Körper wohl deutlich schneller gesunden kann als Geist und Seele. Ein paar hundert traumatisierte ungarische Frauen und Männer kommen nach Schweden. Unter ihnen Miklós Gárdos der bei der Überfahrt kaum 30 Kilo wiegt. Durch die medizinische Versorgung und Pflege gewinnt er schnell an Körpergewicht aber es wird die tückische Tuberkulosekrankheit bei ihm diagnostiziert. Der behandelnde Arzt teilt ihm den ernüchternden Befund mit: Seine Lebenserwartung beträgt noch rund sechs Monate.


    Miklós scheint über eine unglaubliche Resilenz zu verfügen. Wenn man schon das grosse Glück hatte das KZ zu überleben, so soll man die verbleibende Lebenszeit gefälligst nutzen. Miklós träumt vom trauten Glück zu zweit. Er schreibt 117 Briefe an junge ungarische Frauen die in Krankenhäuser, Sanatorien, Kurheime oder Ausländerlager in Schweden gebracht wurden.


    Liebe Nora … Liebe Erzsébet … Liebe Lili … Liebe Zsuzsa … Liebe Sara … Liebe Szeréna … Liebe Agnes … Liebe Giza … Liebe Baba … Liebe Katalin … Liebe Judit … Liebe Gabriella …

    Rund 20 von ihnen senden ihm ein Antwortschreiben, darunter Lili mit der er eine Brieffreundschaft beginnt. Nach mehreren Monaten des vertrauten Schreibens treffen sie sich das erste Mal …


    Der Nachnahme von Miklós ist derselbe wie der vom Verfasser dieses Buches: Gárdos. Peter erzählt die Geschichte wie sich seine Eltern im schwedischen Exil kennengelernt und sich ineinander verliebt haben. Es ist also eine Familiengeschichte mit authentischem Hintergrund. Von Beginn weg ist mir der warmherzige aber einfache Schreibstil aufgefallen für den man auch den auch den Begriff trivial verwenden könnte. Man gleitet mühelos durch die Seiten bis man erstaunlich schnell am Schluss der Geschichte angelangt ist. Dieses süssliche Gefühlskino, basierend auf realen Begebenheiten, ist mir persönlich zusammen mit dem leichten Erzählstil zu viel des Guten, oder besser gesagt zu wenig des Guten. Ich glaube, dieses Buch dürfte bei der weiblichen Leserschaft deutlich mehr Gefallen finden als bei männlichen. Auch wenn es mich sprachlich nicht überzeugen konnte, so ist diese Erzählung insgesamt ein lebensbejahender Aufruf gegen allfällige Schwermut die einem im Leben befallen kann anzukämpfen. Wertung: 7 Eulenpunkte

  • Zitat

    Original von pepperann
    "Fieber am Morgen" ist ein berührender Roman über Krieg, Liebe und Hoffnung. Die sanfte fast literarische Schreibe des Autors dringt mit einer auf den ersten Blick ungeahnten Heftigkeit unter die Haut. Grausame Erlebnisse, verpackt in die Schönheit der feinen Worte Gardós' schlagen ein und erzielen ihre Wirkung, indem sie dafür sorgen, nichts zu vergessen. Sie haben Kraft. Eine ähnliche Kraft, wie die Liebe seiner Eltern. Eine Kraft, die dazu geführt hat, dass Miklós Gardós etwas schier unglaubliches gelungen ist.


    Dem kann ich voll und ganz zustimmen. Ich habe das Buch regelrecht verschlungen und seine Nachwirkungen sind noch in meinen Gedanken.


    Es ist ein interessantes Thema und Gárdos seine Sprache ist unglaublich einfühlsam und geht teilweise sehr unter die Haut. In wenigen Stunden war das Buch ausgelesen. Ich würde mich über weitere Bücher des Autoren freuen.


    Ich vergebe volle 10 Eulenpunkte für das Buch.

  • Von Beginn weg ist mir der warmherzige aber einfache Schreibstil aufgefallen für den man auch den auch den Begriff trivial verwenden könnte. Man gleitet mühelos durch die Seiten bis man erstaunlich schnell am Schluss der Geschichte angelangt ist. Dieses süssliche Gefühlskino, basierend auf realen Begebenheiten, ist mir persönlich zusammen mit dem leichten Erzählstil zu viel des Guten, oder besser gesagt zu wenig des Guten.

    So ging es mir leider auch, so dass mich das Buch leider nicht fesseln konnte und mir sicher auch nicht lange in Erinnerung bleiben wird.


    6 von 10 Punkten