Originaltitel: The Book of You (2014)
List Verlag 2015, 357 S.
Über den Inhalt:
Ein Mann, der ihr die Welt zu Füßen legt: der Traum einer jeden Frau. Doch für Clarissa ist es ein Alptraum. Denn sie will seine Geschenke, seine Blumen, seine Nähe nicht. Nirgends ist sie mehr sicher. Er lauert ihr auf, Tag und Nacht. Aber keiner erkennt die Gefahr, selbst ihre beste Freundin nicht. Für alle anderen sieht es aus wie die große Liebe. Was sie auch macht, sie kann sich nicht wehren, er kommt ihr näher und näher. Dann erfährt sie, dass seine Exfreundin seit Jahren vermisst wird. Clarissa fürchtet um ihr Leben. Bis sie endlich zurückschlägt.
Über die Autorin:
Claire Kendal wurde in den USA geboren und ist in England aufgewachsen. Du bist mein Tod ist ihr erster Roman und erscheint in zweiundzwanzig Ländern. Sie unterrichtet Literaturwissenschaft und Kreatives Schreiben und lebt mit ihrer Familie im Südwesten Englands. Sie arbeitet bereits an ihrem nächsten Roman.
Meine Meinung:
Die 38-jährige Clarissa arbeitet als Sekretärin an der Universität in Bristol. Sie trauert ihrem Freund Henry nach, von dem sie vergeblich versucht hat schwanger zu werden und der sie vor kurzem verlassen hat. Eigentlich wollte sie mit Rafe, einem Hochschullehrer aus der Uni, nach einer Veranstaltung nur ein Glas Wein trinken. Doch daraus wurde ein One-Night-Stand und von da an beginnt Rafe Clarissa massiv zu stalken.
Nachdem sie einige Ratgeber zum Thema Stalking gelesen hat, in denen geraten wird, das Verhalten des Stalkers schriftlich festzuhalten, um die Beweiskraft gegenüber der Polizei zu verstärken, beginnt Clarissa in einer Art Tagebuch Rafes Verhalten zu dokumentieren.
Währenddessen gibt ihr ihre Berufung zur Geschworenen in einem Vergewaltigungsprozess die Möglichkeit, sich täglich für einige Stunden ihrem Verfolger zu entziehen.
Claire Kendal erzählt flüssig in einfacher Sprache. Offensichtlich hat sie sich sehr gründlich mit dem Thema Stalking auseinandergesetzt. Es ist ihr aber leider nicht gelungen, daraus einen spannenden Roman zu machen. Um Mitfiebern zu können, fehlt es der Geschichte an Intensität. Zu oberflächlich und allgemeingültig werden die Personen behandelt, ihre Psyche wird nicht ausgelotet, der Täter bleibt konturenlos.
Etwas gewöhnungsbedürftig ist, dass Clarissa in der 2. Person Präsens erzählt und die Szenen aus der Vergangenheit sich fast dokumentarisch lesen. Die Szenen des Gerichtsprozesses werden aus neutraler Perspektive heraus erzählt. Die Idee, Clarissa hier Vergleiche zu ihrer eigenen Situation ziehen zu lassen, fand ich gut, aber die Schlüsse, die sie daraus zieht, sind doch eher fragwürdig. Gegen Ende wird deutlich, wie sehr diese Gerichtsverhandlung Auswirkungen auf ihr Verhalten hat.
Clarissa ist 38 Jahre alt, wirkt auf mich aber wesentlich jünger. Verlassen von ihrem Liebhaber Henry, erscheint sie seltsam kraft- und antriebslos. Leider ist sie eine langweilige Person, außer den Stalkingszenen und ihrer Anwesenheit beim Gerichtsprozess passiert in ihrem Leben nicht viel. Sie wirkt altjüngferlich, wie aus der Zeit gefallen und lebt in ihrer eigenen Märchenwelt. Sie näht ihre Kleidung selbst, sehnt sich danach, Mutter zu werden und ist selbst das verhätschelte Kind alter Eltern. Ich konnte mich nicht in sie hineinversetzen, war zu keinem Zeitpunkt in der Geschichte an ihrer Seite, sondern habe eher aus einiger Entfernung auf das Geschehen hinabgesehen. Auch als Clarissa herausfindet, dass sie nicht die erste Frau ist, die von Rafe verfolgt wird, kann das der Geschichte kaum Spannung hinzufügen. Sie kommt einfach nicht richtig von der Stelle, Rafes Attacken wiederholen sich in verschiedenen Variationen.
Die Handlung entwickelt sich leider genauso, wie man sich das „protokollartige“ Vorgehen eines Stalkers vorstellt und auch das Ende kann nicht wirklich überraschen. Dazu agieren alle Personen einfach zu vorhersehbar. Es gibt ein paar wenige spannende Szenen und einige gute Ansätze, aus denen man mehr hätte machen können, doch die Chancen blieben ungenutzt.
Ich habe das Buch dann am Ende schulterzuckend zugeklappt und kann nicht mehr als 6 Punkte vergeben.