Taschenbuch: 480 Seiten
Verlag: Egmont INK (1. Oktober 2015)
Originaltitel: A Different Blue
Klappentext:
Die 19-jährige Blue Echohawk hat nur ein einziges Ziel: herausfinden, wer sie wirklich ist. Sie weiß nicht, woher sie kommt oder wer ihre Eltern sind und fühlt sich nirgends dazugehörig. Auch unter ihren Kommilitonen ist sie eine Außenseiterin. Sie kleidet sich anders als die anderen, sie schminkt sich auffällig und umgibt sich mit den falschen Menschen. Blue spürt, wie ihr Leben ihr jeden Tag ein bisschen mehr zu entgleiten droht. Doch dann trifft sie auf Darcy Wilson, der – als Erster und Einziger – an sie glaubt und ihr zeigt, warum es sich lohnt, ein guter Mensch zu sein und für das Leben zu kämpfen. Blue entwickelt Gefühle für Darcy, obwohl sie weiß, dass eine Liebe zwischen ihnen unmöglich ist. Denn Darcy ist ihr Lehrer ...
Die Autorin:
Amy Harmon wusste schon als Kind, dass sie einmal Schriftstellerin werden würde. Sie wuchs ohne Fernseher auf, umgeben von Weizenfeldern, und hat ihre Freizeit mit Singen und Lesen verbracht. Schon bald schrieb sie eigene Lieder und Geschichten. Später arbeitete sie als Lehrerin und war Mitglied des Saints-Unified-Gospel-Chors, der 2005 einen Grammy erhielt.
Meine Meinung:
Blue Echohawk ist anders. Nicht nur ihr Aussehen, mit dem sie jede Menge Blicke auf sich zieht, ist darauf ausgerichtet, aufzufallen, sondern auch im Inneren trägt das Mädchen Kämpfe aus, von denen niemand das Geringste ahnt.
Blue hat intensiv blaue Augen, die sie gern durch dramatisches Make up betont, sie trägt hautenge Jeans und hochhackige Stiefel und definiert sich ausschließlich über sexuelle Beziehungen. Was niemand weiß, ist, dass ihre Herkunft ungeklärt ist, den sie weiß nicht, wie ihr richtiger Name ist. Sie kennt ihre Mutter nicht und wuchs bei einem Mann auf, der nicht ihr Vater war: Jimmy Echohawk. Er liebte sie jedoch wie eine Tochter und erzählte mit Vorliebe indianische Mythen, die sie immer faszinierten, denn Blue trägt auch indianische Wurzeln in sich, wie man ihr ansehen kann. Blue hat sich ansonsten nie geliebt gefühlt, ihre Emotionen lässt sie niemals frei, bedeuten sie doch, sich Schwächen einzugestehen, und Schwächen machen angreifbar.
Eines Tages kommt mit dem Engländer Darcy Wilson ein neuer Geschichtslehrer an die Schule in Boulder City, Nevada, der ihr Leben gehörig durcheinander wirbelt. Er ist ein Mann, der durch seine pure Anwesenheit Herzen höher schlagen lässt, der auf seine Schüler eingeht, sie neugierig macht, der ein Lichtblick in Blues Leben bringt, der immer größer zu werden scheint. Doch Darcy ist immer noch ihr Lehrer, und Blue weist ihre aufkeimenden Gefühle für diesen Mann in ihre Schranken. Kann das lange gut gehen?
"Es war einmal eine kleine Amsel, die aus dem Nest gestoßen worden war, weil niemand sie wollte. Man hatte sie achtlos weggeworfen. Aber dann wurde sie von einem Habicht gerettet - er hob sie auf, trug sie auf seinen Schwingen davon und gab ihr ein Zuhause in seinem Nest, wo er sie das Fliegen lehrte..."
"Für immer Blue" ist kein platter "Schülerin verfällt Lehrer"- Roman, in dem es nur um die sexuelle Anziehungskraft geht, sondern eine vielschichtige, tiefgründige Geschichte, die die Selbstfindung eines Mädchens begleitet, das man anfangs durchaus für oberflächlich halten könnte. Dabei hat sich Blue nur einen Schutzpanzer umgelegt, der sie zunächst billig und eingebildet erscheinen lässt. Dabei hat sie diese Fassade gar nicht nötig. Sie ist intelligent und äußerst begabt, schnitzt Skulpturen aus Holz und sehnt sich wie jedes Lebewesen nach Liebe.
Darcy war mir sehr sympathisch. Gutaussehend, gebildet, ein Lehrer, der seinen Beruf liebt. Er wurde nach Fitzwilliam Darcy aus "Stolz und Vorurteil" benannt und ist äußerst charmant und charismatisch. Ein wahrer Gentleman. Wer würde sich nicht in ihn verlieben? Er ist die Verkörperung eines Mannes, der das weibliche Geschlecht ermutigt, für sich einzustehen, der starke Frauen bewundert und der genau wie Blue einen steinigen Weg beschreiten musste, um zu erkennen, wer er ist.
Besonders gefallen hat mir, wie sich die gesamte Geschichte entwickelte. Nichts wirkte abrupt oder hastig erzählt, sondern die Handlung bestach durch Tiefe und Rückblicke in die Vergangenheit, sodass nicht nur Blue, sondern auch der Leser den Rätseln und Geheimnissen folgen konnte, die sie und ihre ganz persönliche Geschichte umgaben.
Einziges Manko war für mich die wichtigste Entscheidung, die Blue traf, und mit der ich nicht einverstanden war - auch zuletzt wurde das "Thema" nicht mehr erwähnt, was ich sehr schade fand, denn der Entschluss, den sie traf, hat doch weitreichende Folgen - und mir schien gerade das zu oberflächlich abgehandelt, hier hätte ich mir mehr Bedeutung und Tragweite gewünscht, weil man dies eben nicht so einfach abhaken kann. Ich denke, dass sie mit ihrer Entscheidung immer wieder hadern wird.
Ansonsten fand ich das Buch einfach wunderbar, am Ende sogar überraschend und die Liebesgeschichte dramatisch, nachvollziehbar und realitätsnah. Auch der Humor kam nicht zu kurz, weil weder Blue noch Darcy auf den Mund gefallen sind.
"Für immer Blue" ist Amy Harmons stärkstes Buch bisher, das ist meine Meinung. Eine Hommage an "Stolz und Vorurteil", verbunden mit indianischen Legenden und den wesentlichen Fragen, die sich jeder stellen kann: Wer bist du?, Wo kommst du her?
9 Punkte.