Aus heiterem Himmel - Kirsten Winkelmann

  • Ich hab gedacht, Gott wird schon irgendwie auf mich aufpassen. Wenn er Pistolen im Griff hat, dürfte Wasser auch kein Problem für ihn sein, oder? (Seite 478)


    640 Seiten, gebunden
    Verlag: Gerth Medien GmbH, Asslar 2015
    ISBN-10: 3-95734-052-7
    ISBN-13: 978-3-95734-052-8



    Zum Inhalt (Quelle: eigene Angabe)


    Theresa Krug arbeitet als Fremdsprachensekretärin und sehnt sich nach einer Familie. Aber alle Versuche, Bekanntschaften zu schließen, scheitern; vielleicht auch, weil sie nicht gerade dem heutigen Schönheitsideal entspricht. Das betont auch immer wieder ihr Chef Max Tanner, der die Ungehobeltheit in Person ist. Mit kurzer Ansage geht es auf Geschäftsreise nach Australien. Doch das Flugzeug stürzt ab. Und Theresa findet sich mit ihrem Chef sowie 25 weiteren Überlebenden auf einer einsamen Insel wieder. Es beginnt der Kampf um das nackte Überleben. Dabei zeigt sich, mit mancher Überraschung, die wahre Natur der Überlebenden.



    Über die Autorin (Quelle: Verlagsangabe)


    Kirsten Winkelmann ist gelernte Finanzbeamtin. Sie ist verheiratet und Mutter von vier Kindern. Mit ihrer Familie lebt sie in Norddeutschland.



    Vorbemerkung


    Um Mißverständnisse zu vermeiden: Das ist ein christlich geprägter Roman; demgemäß gehören die Themen Religion und Glaube mit zum Buch. Denken und Handeln eines Teils der Protagonisten sind stark von ihrem aktiv gelebten Glauben geprägt. Wenn ich Formulierungen wie „wir“ verwende, beziehen sich diese meist nicht auf die Gesamtgesellschaft, sondern auf den christlich geprägten Teil, dem ich mich zugehörig fühle.



    Meine Meinung


    Die Ausgangssituation ist sicherlich keine komfortable, und manche werden solche oder ähnliche aus ihrem (Berufs-) Leben kennen. Theresa ist über dreißig, Single und hat nicht unbedingt eine Modelfigur. Die Versuche, Bekanntschaften zu schließen, verlaufen nicht gerade erfolgreich. Und Max Tanner, für den sie als Sekretärin arbeitet, ist ein ungehobelter Grobian, der an Unfreundlichkeit eigentlich nur noch von seiner Mutter übertroffen wird. Als ihr Chef sie dann auch noch mitten in der Nacht anruft und ihr mitteilt, daß sie am folgenden Morgen auf Dienstreise nach Australien fliegen würden, scheint es nicht mehr viel schlimmer kommen zu können. Zumal Max Tanner ihr die Kündigung in Aussicht stellt, wenn sie nicht mit reist.


    Daß es sehr wohl schlimmer kommen kann, wird sich bald zeigen. Denn das Flugzeug stürzt ab und sie und ihr Chef sind unter den siebenundzwanzig Überlebenden, die sich auf eine einsame Insel irgendwo im Ozean retten können. Ohne Verbindung zur Außenwelt, ohne Nahrungsvorräte, fast ohne technische Hilfen heißt es zu überleben.


    In dieser Extremsituation kommt es schon bald zu Spannungen und Gruppenbildung. Coleman reißt die Führung an sich, in dem er sagt, er sei einer der Sky Marshalls an Bord gewesen. Außerdem hat er eine Pistole. Miriam wirft sich ihm sofort an den Hals und setzt alle verfügbaren Reize ein, um sich Vorteile zu verschaffen. Rücksichtslosigkeit ist noch das freundlichste Wort für ihr Verhalten.


    Jontek, der von sich behauptet, ein IKEA-Manager zu sein, unterwirft sich Colemans Diktat widerspruchslos. Aber genau mit ihm hatte Theresa schon im Flugzeug einen freundschaftlichen Kontakt hergestellt, so daß sein jetziges Verhalten so gar nicht zu dem vorherigen paßt. Zumal sie sich um den zum Waisen gewordenen fünfjährigen David kümmert, der sie als Ersatzmutter betrachtet, und der von Jontek nicht nur verbal abgelehnt wird.


    Aus all dem hält sich Max Tanner heraus - als geborener Einzelgänger bleibt er in der Nähe des Strandes, wo er ein Feuer entzündet und hütet, damit die Suchmannschaften sie entdecken können.


    Theresa wird zur Pendlerin zwischen der Gruppe und Max. Einerseits ist sie der Meinung, man müsse zusammenhalten und sei nur als Gruppe überlebensfähig, andererseits hat Max sich seit dem Stranden deutlich verändert und seine Sichtweise hat auch einiges für sich. Zudem, ob beide es wollen oder nicht, und lange wehren sie sich dagegen, entwickelt sich eine Beziehung zwischen Theresa und Max.


    Die Autorin die einzelnen Handlungsstränge selbst über die Stellen hinweg, an denen nicht viel passiert, mit einer Folgerichtigkeit, daß es kaum möglich war, das Buch aus der Hand zu legen. Sicherlich ein praktischer Schachzug ist es, daß nur ein Teil der Überlebenden mit Namen auftaucht, so daß man nach einer Weile einen recht guten Überblick über die Handlungsträger hat und nie die Übersicht verliert. Dabei legt sie geschickt falsche Spuren, so daß man oft nicht so recht weiß, was eigentlich wirklich Sache ist. Durch den flüssigen Stil sprang das Kopfkino sehr rasch an.


    Unüblich für einen Roman des Genres empfand ich, daß nur ein kleinerer Teil der Figuren mehr oder weniger religiös war. Auf der Insel eigentlich nur Theresa, zuhause einer ihrer beiden Freundinnen. Zu Beginn hatte ich das Gefühl, daß das Thema Religion relativ plötzlich aufgetaucht ist, das gab sich jedoch im weiteren Verlauf, zumal die Figuren sich in Denk- und Handlungsweise treu blieben und es insofern zu ihnen paßte.


    Die Figuren konnte ich mir gut vorstellen; sie haben für meine Begriffe glaubwürdig gedacht und gehandelt. Manche machten eine Entwicklung durch, andere nicht. So wie es in der Realität eben auch wäre. Daß dabei die eine oder andere Überraschung kommt, bleibt nicht aus. Die Veränderung von Max erschien mir zwar recht plötzlich zu geschehen, wenn man andererseits in Betracht zieht, daß er es gewohnt ist, rasch auf sich ändernde Situationen zu reagieren und sich darauf einzustellen, erscheint es doch glaubwürdig. Einzig Theresa hat mich in ihre gutgläubigen Naivität manches mal doch etwas genervt. Selbst als manche böse Absicht offenbar wurde, wollte sie diese nicht zur Kenntnis nehmen. Andererseits zeigt sie, daß man auch heute im ganz normalen Alltag christliche Werte leben kann.


    [sp]Gut auch, daß das Buch über die Zeit der Insel hinaus geht und von den leider vermutlich nur zu realen Schwierigkeiten mit Behörden und Paragraphen berichtet, die sich nach der Rettung und zuhause auftun. [/sp]Das wird dann nochmals richtig spannend und man weiß nicht so recht, wie es denn nun wirklich ausgehen wird. Dabei gibt es dann nochmals die eine oder andere Überraschung und vor allem auf jeden Fall für uns Leser witzige Szene.


    Am Ende sind alle offenen Fragen geklärt und ich konnte das Buch zufrieden zuschlagen. Das war zwar mein erstes Buch der Autorin, aber mit Sicherheit nicht mein Letztes.



    Kurzfassung


    In der Extremsituation nach einem Flugzeugabsturz müssen sich die Figuren zusammenraufen und bewähren, um Überleben zu können. Ein gut lesbarer Roman, der sich als „Pageturner“ entpuppte, und auch Themen wie Religion, Gruppenzusammenhalt und Vertrauen beinhaltet. Klare Leseempfehlung.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von SiCollier ()

  • Von diesem Buch von Kirsten Winkelmann haben schon viel Leser geschwärmt. Deshalb hatte ich eine sehr hohe Erwartung, die von der ersten Seite an erfüllt wurde.


    Die Fremdsprachensekretärin Theresa Krug ist alles andere als begeistert, als Sie ihren Chef auf eine Dienstreise nach Brisbane begleiten soll. Schon seit längerem leidet sie unter seinen Demütigungen, doch wenn sie ihren Job nicht verlieren möchte bleibt ihr keine andere Wahl als mitzufliegen. Schließlich gibt sie nach und versucht, durch die Reise einen Abstand zu ihrem deprmierenden Liebesleben zu bekommen. Tatsächlich lernt Theresa schon während des Fluges einen interessanten jungen Mann kennen. Doch dann stützt das Flugzeug ab. Theresa gehört zu den wenigen Insassen, die überleben und auf einer Insel stranden. Sie nimmt sich David, einem kleinen Jungen der seine Mutter verloren hat, an. Doch auch nach Tagen bleibt jegliche Rettung aus…


    Bei diesem Roman habe ich den Klappentext vorher nicht gelesen und das als sehr angenehm empfunden, da er mir (wie ich nachträglich festgestellt habe) fast ein bisschen zu viel verraten hätte. Doch es passiert weit mehr in diesem Buch, als die oben angedeutete Inhaltsangabe und der Klappentext verraten und man als Leser am Anfang ahnt. Zwischendrin fand ich einige Stellen richtig gruselig.


    Die meiste Zeit erzählt die Geschichte mit Hilfe von vielen Dialogen von den „alltäglichen“ Problemen, die beim Stranden einer unbewohnten Insel auftreten. Natürlich spielen auch die zwischenmenschlichen Beziehungen eine große Rolle, ebenso wie die Ungewissheit, warum das Flugzeug abgestürzt ist und wie lange das Inselleben andauern wird. Theresa bekommt in Bezug auf ihr Liebesleben auf der Insel unerwartet neue Hoffnung, so dass das Thema Liebe immer präsent ist und gegen Ende des Buches die Liebesgeschichte eine große Rolle spielt.


    Theresa hat einen sehr starken Glauben an Gott, auf den sie sich während der Zeit auf der Insel stützt. Dadurch muss sie manche schwierigen Entscheidungen treffen. Ihre Gedanken und Gebeten werden ebenfalls im Buch dargestellt und tragen zusätzlich zur Lebendigkeit der Geschichte dar.


    Trotz dem das Buch mit über 600 Seiten sehr dick ist, ist es schade, dass es endet.Es hat mir so viel Spaß gemacht, in Theresas Leben einzuttauchen, dass ich selber gerne mit auf der einsamen Insel gewesen wäre. Unbedingt lesenswert!