Pamela Moore - Cocktails

  • Titel: Cocktails
    OT: Chocolates for breakfast
    Autorin: Pamela Moore
    Übersetzt aus dem Amerikanischen von: Tanja Handels
    Verlag: Piper
    Erschienen: September 2015
    Seitenzahl: 300
    ISBN-10: 349205692X
    ISBN-13: 978-3492056922
    Preis: 20.00 EUR


    Das sagt der Klappentext:
    Courtney gilt in ihrem Internat an der amerikanischen Ostküste als gute Schülerin, doch seit sie mit der frühreifen Janet befreundet ist, haben die beiden alles außer Schule im Kopf. Als ihre beunruhigte Mutter Sondra, Schauspielerin, ihre Tochter nach Los Angeles holt, verliert sich Courtney in den ausschweifenden Partys, in den dämmrigen Bungalows Hollywoods. Verwirrt von ihrer erwachenden Sexualität und den Verlockungen des Erwachsenenlebens sucht das kluge Mädchen verzweifelt nach Halt - doch ihr Umfeld ist so überfordert wie sie.


    Die Autorin:
    Pamela Moore, 1937 bis 1964, veröffentlichte 1956 ihren Debütroman, der in zehn Sprachen übersetzt wurde und sie zu einem Popstar ihrer Generation machte. Es folgten weitere Romane. Im Alter von nur 26 Jahren wählte Pamela Moore den Freitod.


    Meine Meinung:
    Immer wieder wird dieses Buch in einem Atemzug mit J.D Salingers „Der Fänger im Roggen“ genannt – es werden sogar Vergleich angestellt, die in Courtney einen weiblichen Holden Caulfield sehen. Doch mit diesem Vergleich tut man diesem Roman von Pamela Moore gewaltig unrecht – denn damit nimmt diesem Buch quasi die Seele, gibt ihm eine Hilfestellung die gar nicht benötigt wird,.
    „Cocktails“ ist ein Roman der wunderbar allein gehen und stehen kann.
    Pamela Moore, die ihrem jungen Leben im Alter von 26 Jahren selbst ein Ende setzte, weiß genau wovon sie schreibt. Und beim Lesen drängt sich schon der Gedanke auf, ob hier nicht auch Teile ihrer eigenen Autobiographie mit eingeflossen sind.
    Beschrieben wird das Leben junger Menschen aus der James-Dean-Generation – wobei die hier handelnden Personen mit James Dean kaum etwas gemein haben. Sie halten sich für elitär, sind aber gelangweilt, blasiert und suchen nach dem Sinn ihres Daseins, der sich dann aber sehr schnell in Cocktail-Partys erschöpft. Sie rebellieren nicht, sie saufen lediglich resigniert weiter. Sie sind auf der Suche nach wahren Liebe und verwechseln Körperlichkeit mit Liebe, sind aber nicht bereit ihr Scheitern zuzugeben. Ihr Leben scheint sinnleer und es ist niemand da, der sie an die Hand nimmt, ihnen das wirkliche, das lohnende Leben zeigt.
    Pamela Moore ist ohne Frage eine herausragende Autorin. Ein Autorin, die punktgenau das Leben und Lebensgefühl ihrer Generation beschreibt, die dabei aber nichts beschönigt oder dem Leser ein Happy End bietet. Was sie dem Leser bietet ist eine gewisse Verwirrung und Ungewissheit – denn auch Courtneys Abgang ist eher ein Open End. Aber wahrscheinlich wäre jeder andere Schluß dieses Buches auch kontraproduktiv gewesen.
    Ein sehr lesenswerter Roman einer großartigen Autorin die wirklich etwas zu sagen hatte. 9 Eulenpunkte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Courtney ist fünfzehn Jahre alt, als sie die behütenden Mauern des Internats verlässt und zu ihrer Mutter, einer Schauspielerin, in eine Hotelsuite zieht. Die Mutter begründet ihre Entscheidung damit, dass Courtney im Internat keinen Anschluss zu Gleichaltrigen findet und somit wohl sehr unglücklich sein muss. Ihre täglich gleichbleibende Müdigkeit und die daraufhin geäußerten Bedenken eines Arztes bestätigen die Mutter in der Richtigkeit ihres Beschlusses.


    Courtney – tatsächlich ungeübt im Umgang mit Gleichaltrigen – findet sich recht schnell in das neue Leben, bestehend aus spätem aufstehen, Cocktails, bis in die Nacht reichende Abendessen, ein. Sie verliebt sich in einen jungen Darsteller, für den sie nur ein amüsantes Zwischenspiel ist und da die erste Erfahrung mit Männern fast ebenso prägend für zukünftige Beziehungen ist, wie das Verhalten der Eltern, fällt es der hübschen Courtney nur sehr schwer eine ehrliche und ernsthafte Beziehung einzugehen.


    „Aber sie wollte auch nicht, dass Al sich schlecht fühlte, schließlich musste man als Frau mit Zudringlichkeiten er und konnte nicht alle Schuld dem Mann zuschieben.“


    Courtneys Leben wird bestimmt von Oberflächlichkeiten und einem durch die Mutter vorgelebten Rollenbild der Frau, das nicht gerade dazu beiträgt, dass Courtney Selbstbewusstsein und Unabhängigkeit aufbaut. Vorgetäuschte Tatsachen, falsche Freundschaften und das Wahren eines falschen Scheins, der nicht durchsickern lässt, dass Courtneys Leben bzw. das ihrer Mutter längst nicht so golden und glitzernd ist, wie die Schauspielerin es sich wünscht, sorgen dafür, dass Courtney nie in der Realität ankommt.


    Schon im Internat zeigt sie depressive Züge. Von jeher Spielball der Mutter, als eigenständige Persönlichkeit nicht wahrgenommen, sondern nur schönes Beigepäck, sorgen dafür, dass Courtney sich zunächst mehr und mehr zurückzieht und später ebenfalls hinter der Mauer der eigenen Scheinwelt versteckt.


    „Noch am selben Abend hatte er beim Abendessen zu seiner Frau gesagt: 'Warum soll das Kind nicht schlafen, wenn es doch nichts hat, wofür sich das Wachsein lohnt.'“


    Autorin Pamela Moore hat „Coktails“ im Alter von achtzehn Jahren geschrieben und damit bahnbrechenden Erfolg gehabt. In den Fünfzigern bekam der Roman Kultstatus. Doch all der Ruhm und Erfolg konnten Pamela nicht davon abhalten im Alter von 26 Suizid zu begehen.


    Die Vermutung, dass Pamela Moore mit ihren Protagonistinnen Courtney und deren Freundin Janet verschwimmt, liegt Nahe. Ihrem Suizid sind ebenfalls Depressionen vorangegangen und so ist „Cocktails“ sicher auch ein wenig biografisch.


    „Dergleichen bekam Courtney schon seit frühester Kindheit immer wieder zu hören. Man hatte ihr die Verantwortung übertragen, wie sie ein Kind niemals haben dürfte, sie war mit Wahrheiten konfrontiert worden, von denen ein Kind nichts wissen sollte, bis es sich von selbst entschließt, aus dem Elfenbeinturm der Phantasie in die Tiefebene Babylons hinabzusteigen.“


    Dass „Cocktails“ Kultstatus erreicht hat, liegt sicher nicht nur daran, dass viele von Depression Betroffene sich im Roman wiedergefunden haben, sondern vor allem auch daran, dass sie einer ganzen Generation aus der Seele spricht. Courtney sieht viele Dinge mit der Unbekümmertheit, die in der Jugend an der Tagesordnung ist. Die den kindlichen Teil der Denkweise widerspiegelt, die sich gerade auf dem Weg zum Erwachsen werden befindet. Auf der anderen Seite ist die Schwermut, die Melancholie, die Jugendliche auf diesem Lebensabschnitt begleitet, deutlich spürbar. Eine Melancholie, für die es häufig keine Erklärung gibt, die aber immer wieder auftritt und den Sog nach unten einleitet.


    „Cocktails“ ist ein zeitloser Coming-of-Age Roman, der die Stimmung einer Generation wiedergibt, die damit fertig werden muss, sich selbst zu finden. Zwischen Glanz und Gloria, zwischen himmelhochjauchzend und der Vorstellung, dass es unendliche Möglichkeiten gibt, treten Weltschmerz, Frust, die Sehnsucht nach Liebe und Ängste, die schier unbezwingbar scheinen. Im ersten Augenblick wirkt die Schreibe der Autorin leicht und süffig wie ein Cocktail. Macht der Leser sich die Mühe genau hinzuschauen, entdeckt er die ernste wie dramatische Geschichte eines jungen Mädchens.