Bericht über die Lesung von Andreas Gruber aus „Racheherbst“ am 21. September in Hannover auf dem ehemaligen Schlachthofgelände (wie passend)
Andreas Gruber ist für mich einer der besten Thriller-Autoren und da gerade sein aktueller Thriller erschienen ist und auch passend dazu die Leserunde bei den Büchereulen läuft, freute ich mich natürlich umso mehr, dass er gerade jetzt in Hannover las. Und der Start ging schon gut los. Unheimlich. Die Lesung fand in einem Turm auf dem alten Schlachthofgelände in Hannover statt. Brav führte mich das Navi zur angegebenen Adresse. Doch weit und breit nichts zu sehen. Ich irrte über einen verlassenen, einsamen Hof, mit leeren Gebäuden, Containern. Es fing schon an dunkel zu werden. Ich habe nur gedacht „oh mein Gott“, hoffentlich finde ich hier wieder raus. Keine Menschenseele zu sehen. Doch es kam dann doch einer, der mir erst mal die Richtung zeigte und irgendwann ein zweiter, der mich um einen Gebäudekomplex führte. 20 Minuten brauchte ich für ca. 500 m vom Auto zum Turm und fünf Minuten vor Beginn war ich dann endlich da. Das Navi hatte mich falsch geführt, es gab noch einen anderen Weg, bei dem man mit dem Auto direkt vorfahren konnte. Wie gesagt, es ging unheimlich los.
Ca. 30 Leute hatten sich eingefunden. Andreas stand zwischen ihnen und unterhielt sich angeregt. Ich ging auf ihn zu und er erkannte mich (Facebook halt). Er freute sich, mich zu sehen und ich mich erst, ihn zu sehen und sprechen. Bis dato kannte ich ja nur seine Fotos und Bilder und war doch angenehm überrascht, ihn dann „live“ vor mir zu haben. Sein Wiener Dialekt und eine angenehme Stimme, taten das seine dazu, ihn gleich als sympathisch einzustufen.
Als ich mich dann umsah, traute ich meinen Augen nicht. Es hatte sich tatsächlich noch eine zweite Eule eingefunden. Ich freute mich riesig, xexos zu sehen, und hatte so den Abend noch eine sehr nette männliche Begleitung.
Andreas setzte sich an seinen „Lesetisch“. Was mir sehr gut gefallen hat, war, dass er mit zwei Mikrofonen arbeitete. Mit dem einen las er das Geschehen und die Gedanken der Protagonisten wurde von ihm in das zweite Mikro mit leiserer Stimme gesprochen. Das gab dem Ganzen schon einen besonderen, teilweise gruseligen, Kick.
Andreas Gruber war sehr gut vorbereitet und las unheimlich gut, vieles unterstrich er gestenreich mit Kopf und Händen. Noch heute habe ich seinen Wiener Dialekt im Ohr, während ich das Buch lese. Eine sehr angenehme Stimme, fließend, trug teilweise auswendig vor und das alles sehr bewegend, ausdrucksstark.
Bevor er anfing aus dem Prolog zu lesen, bedankte er sich beim Publikum so zahlreich erschienen zu sein. Das wäre nicht immer der Fall. Er erzählte von seiner ersten Lesung. Der Lesung von „Rachesommer“ in Wien bei Thalia. Der Verlag hatte eine riesige Kampagne hierfür gestartet, Aushänge ausgehängt und die Räumlichkeiten umgeräumt, damit auch alle Platz hatten. Als Andreas Gruber dann kam, saß sage und schreibe, ein Zuhörer auf einem der vielen Stühle. Auf Nachfrage an ihn, ob er wirklich wolle, fand die Lesung nur für diesen Herrn statt. Nach der Pause fragte Gruber noch mal nach, ob er weiter machen solle, und der Mann bejahte. Die netten Damen des Buchladens setzten sich dann noch in die letzte Reihe, damit es nicht so trostlos für Andreas aussah. Als diese ihn nach der Lesung fragten, ob der Mann denn das Buch kaufen wolle, meinte dieser nur: „Nein. Er wüßte ja nun alles und bräuchte es nicht mehr.“ Andreas Gruber erfuhr dann noch, dass dieser Mann nur zufällig da war, weil seine Frau nebenan beim Friseur war und er nichts besseres zu tun hatte.
Dann endlich kam er zu „Racheherbst“, der bei Goldmann erschienen ist. Wie meinte er: Es hätte ihn sehr gewundert, dass er bei Gold“mann“ nur mit Frauen zusammengearbeitet hätte.
Andreas kam nun darauf zu sprechen, warum dieses Cover so anders ist, wie bei seinen anderen Büchern. Denn, wer seine Bücher kennt, weiß, dass sie bis dato alle gleich aufgebaut waren, was mir sehr gut gefiel. Ich bin immer noch nicht so recht begeistert von dem „neuen“ Cover. Aber eigentlich ist das ja auch nur nebensächlich, Hauptsache wo Gruber draufsteht, ist ein Gruber drin und das allein zählt für mich. Auch ihm selber hätte das Cover am Anfang nicht gefallen. Viel Mitspracherecht hat ein Autor da leider nicht. Aber als er das fertige Produkt dann in den Händen hielt mit dem „tastbaren“ Cover und dem Klappentext (was mir persönlich sehr gut gefällt, da dort auch eine sehr gute Personenbeschreibung der Protagonisten steht), war er dann doch recht angetan.
Er kam auf das Cover von „Todesurteil“ zu sprechen, auf dem ein Klappmesser abgebildet ist. Er erzählte, dass zu dem Zeitpunkt, da das Cover fertig war, im ganzen Buch kein Mord mit einem Klappmesser geschehen sei. Die Mordszene in Sankt-Peter-Ording wurde mit einem Beil durchgeführt. Aufgrund des Covers hat er diese Szene dann umgeschrieben, um dem Cover gerecht zu werden. Es gab noch ein zweites Cover für „Racheherbst“ ... mit einer Kastanie ... aber da hat er dann gestreikt, weil er keine Kastanie als Mordwaffe einbauen wollte.
Andreas Gruber hat die Gabe mit seinen kleinen Anekdoten die Zuhörer schnell in den Bann zu schlagen und auch trotz des Themas Thriller ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern.
Im September 2016 wird ein dritter Teil mit dem Profiler Maarten S. Sneijder erscheinen. Aber es wird der letzte seiner Art sein. Andreas Gruber liebt es neue Personen und Orte zu erfinden bzw. zu finden und Ideen hätte er mehr als genug. So wird es keinen weiteren Teil von Rachesommer/Racheherbst geben. Es könnte auch wieder ein „stand-alone“ Roman wie „Herzgrab“ geben.
Was seine Bücher gemeinsam haben ist, dass diese meist zwei Handlungsstränge haben, einer immer in Wien und einer in Deutschland (bisher). Zwei unabhängige Fälle, die sich immer weiter verzahnen, bis sie zusammengeführt werden.
Bevor er anfing zu lesen, erzählte er, dass der Prolog auf einer wahren Begebenheit basieren würde. Nachdem er einen großen Teil davon gelesen hatte, war ich schon am überlegen, was davon alles wahr war. Er beruhigte uns insofern, dass nur der Teil bis zum Golfschläger eine wahre Begebenheit gewesen ist. Wer das Buch liest oder gelesen hat, wird nun Becheid wissen.
Andreas las dann seinen Prolog (wie immer sehr sehr gut geschrieben). Dann gab es eine Pause, in der die Leute den Lesetisch stürmten, um ihre Bücher signieren zu lassen. Wie man auf den Fotos sieht, haben xexos und ich uns natürlich auch angeschlossen. Er hat sich bei der Signierung wirklich sehr viel Mühe gegeben, und so hat das zweite Buch, was ich signieren ließ für eine Freundin zum Geburtstag, noch einen schön gemalten Kuchen mit roten Kerzen erhalten. So was bekommt nicht jeder. Hierfür und natürlich auch für meine sehr persönliche Widmung noch mal meinen herzlichen Dank an Andreas.
Bevor es weiterging wies er auf sein Foto im Buch hin. In Olpe letzte Woche fragte ihn eine Verkäuferin im Buchladen, warum Autoren auf Fotos immer so gut aussehen und in Wirklichkeit ganz anders. Uns erklärte er, dass ein Profifotograf fast 1000 Fotos von ihm gemacht habe, und nur ganz wenige wirklich gut gewesen seien.
Dann las er aus dem Teil nach dem Prolog. Das Geschehen geht ein Jahr später los, zu Beginn des Sternzeichens Skorpion. Walter Pulaski, der Kriminalkommissar, den viele schon aus „Rachesommer“ kennen, ist verwitwet und hat eine 15jährige Tochter. Da Andreas Gruber diese im Roman nicht brauchte, hat er sie einfach auf Sprachreise nach Schottland geschickt.
In diesem Thriller hat er gleich drei Themen angeschnitten: Drogen, Prostitution und die Tätowierszene. Von allen diesen Themen – erzählte er – hatte er vorab keine Ahnung. Zum Thema Drogen besuchte er die Suchthilfe Wien, bezüglich des Tätowierens hat er sich von einem Tätowierer ein kleines Tattoo machen lassen, allerdings nur mit Wasser, was er hinterher gleich abwusch. Zum Thema Prostitution überlegte er sich ein Bordell zu besuchen. Seiner Frau sagte er vorher nichts davon. Es gab eins in der Nachbarschaft, aber das war ihm dann zu dicht dran. Als er irgendwann in Wien war und auf einen Flug/Zug wartete, kam er an einem Bordell vorbei und ging hinein. Er erzählte ausführlich, was ihm dort passierte, wie eine Dame nach der anderen ihn ansprach und er dankend ablehnte, bis die Puffmutter kam. Sie sagte, er könne es sich ja überlegen und in einer Stunde wiederkommen. Das tat er jedoch nicht, denn er hatte alle Informationen, die er brauchte.
Er las die Stelle in „Racheherbst“ vor, in der eine Szene im Bordell stattfand, und genau das was er dort in Wien vorgefunden hatte, schilderte er hier fast detaillgetreu. Ein Grinsen von uns war unvermeidlich
Die Szenen, die er las waren schon recht beklemmend und ich freue mich, nun endlich das Buch weiterlesen zu können.
Eine Neuheit gibt es in diesem Buch aber doch. Was sehr ungewöhnlich ist: Der Showdown aus den drei Handlungssträngen beträgt 120 Seiten. Ich bin gespannt.
Bevor die Lesung zu Ende ging, berichtete Andreas noch, dass er bereits 1996 einen Kriminalroman geschrieben habe, der aber so schlecht war, dass er wieder in der Schublade verschwand. Dann schrieb er erst mal Horror- und Science-Fiction-Geschichten für Magazine und Anthologien. Dann versuchte er es mit Horrorromanen, bis seine Frau meinte, er solle es nicht noch mal mit einem Krimi, aber mit einem Thriller probieren und so kam dann 2006 sein erster Thriller raus.
Als Abschiedsschmankerl las er dann noch einen kurzen Ausschnitt aus seinem kürzlich erschienenen Erzählband „Northern Gothic“ mit 13 fesselnde Geschichten, von Horror bis Phantastik, den ich übrigens auch empfehlen kann. Ein weiterer Kurzgeschichten-Band ist für nächstes Jahr geplant. Dann berichtete er, dass seine Horrorromane neu aufgelegt werden würden, was ihn sehr freute.
Fazit: Ein rundherum gelungener Abend, eine spannende Lesung, und ein sehr sympathischer Autor, der mit vielen kleinen Anekdoten rund um das Schreiben, das Publikum nicht nur gruselte, sondern auch erheiterte. Der wienerische Charme tat sein übriges dazu, diesen Abend für mich unvergesslich zu machen. Danke für die tolle Lesung und die Zeit, die du dir vorher und nachher für mich und xexos genommen hast. Wenn Andreas Gruber mal in eurer Nähe sein sollte ... nichts wie hin ... es wird auch für euch ein lohnender Abend.
Mein Dank auch noch mal an xexos, der mich dann sicher wieder zu meinem Auto gebracht hat, denn er hat direkt vor dem Turm geparkt und mich dann um die Ecke gebracht :lache.
Andreas Gruber: Falls ich hier was falsch wieder gegeben habe oder falsch verstanden habe, schreib mir eine PIN, dann werde ich es natürlich ändern.