Gebundene Ausgabe: 608 Seiten
Verlag: Limes Verlag (24. August 2015)
ISBN-13: 978-3809026525
Preis Gebundene Ausgabe: Euro 19.99
Preis Kindle E-Book: Euro 15.99
Autorin
Vera Buck, geboren 1986, studierte Journalistik in Hannover und Scriptwriting auf Hawaii. Während des Studiums schrieb sie Texte für Radio, Fernsehen und Zeitschriften, später Kurzgeschichten für Anthologien und Literaturzeitschriften. Nach Stationen an Universitäten in Frankreich, Spanien und Italien lebt und arbeitet Vera Buck heute in Zürich.
Kurzbeschreibung / Klappentext
Paris 1884. In der neurologischen Abteilung der Salpêtrière-Klinik führt Dr. Charcot Experimente mit hysterischen Patientinnen durch. Seine Hypnosevorführungen locken Besucher aus ganz Europa an; wie ein Magier lässt der Nervenarzt die Frauen vor seinem Publikum tanzen. Dann aber wird Runa in die Anstalt eingeliefert, ein kleines Mädchen, das all seinen Behandlungsmethoden trotzt. Jori Hell, ein Schweizer Medizinstudent, wittert seine Chance, an den ersehnten Doktortitel zu gelangen, und schlägt das bis dahin Undenkbare vor. Als erster Mediziner will er den Wahnsinn aus dem Gehirn einer Patientin fortschneiden. Was er nicht ahnt: Runa hat mysteriöse Botschaften in der ganzen Stadt hinterlassen, auf die auch andere längst aufmerksam geworden sind. Und sie kennt Joris dunkelstes Geheimnis …
Meine Meinung
Es gibt diese Romane, da ist man von der ersten Zeile an der Geschichte verfallen und ist beim Lesen mit Leib und Seele dabei. Dies ist so ein Buch, dass einen unwiderstehlichen Lesesog entfaltet dem ich mich kaum mehr entziehen konnte. Der jungen Schriftstellerin Vera Buck, sie ist gerade Mal 28 Jahre alt, ist mit diesem Historischen Roman ein kleiner Geniestreich im kunterbunten Literaturbetrieb gelungen. Selten hat mich ein Debütroman dermassen begeistert wie dieses Werk! Mit grossen Ambitionen verbindet die Autorin in meisterhafter Manier Medizinalgeschichte mit einem Kriminalfall und lässt unterschwellig Elemente der Gruselliteratur mit einfliessen. Wobei letzteres nicht auf Fiktion beruht, sondern auf wahren Begebenheiten. Aber genau der Umstand, dass man als Leser weiss, dass historisch bewiesene Tatsachen erzählt werden macht diese Geschichte noch eindringlicher.
Die wohl bekannteste Nervenheilanstalt des ausgehenden 19. Jahrhunderts bildet die unheimliche Kulisse für diese rabenschwarze Geschichte. Ohne die schaurige Ausstrahlung der Salpêtrière in Paris und den unmenschlichen Forschungen an den alten, kranken oder verrückten Patientinnen des psychiatrischen Krankenhauses wäre diese Geschichte nicht die die sie ist. Die Autorin macht sich diesen bedrohlichen Umstand aber gekonnt zu Nutze und lässt die teilweise unbarmherzigen Gräueltaten der damaligen Forschung dosiert den Weg den Rücken hoch langsam ins (unter-) Bewusstsein eindringen. Die Protagonisten, ob nun historisch verbürgt oder frei erfunden, tragen das ihre zum sehr guten Gesamteindruck bei. Nebst dem quirligen Jori und der geheimnisvollen Runa mit der dunklen Aura hat es mir Lecoq besonders angetan.
Nach beherztem Beginn drosselt die Autorin das Tempo zugunsten der dokumentierten Geschichtsschreibung. Es gilt den Zeitkolorit so authentisch wie möglich wiederzugeben, den agierenden Figuren mehr und mehr Konturen zu verleihen und den Handlungsstrang mit den rätselhaften Zeichen einzufädeln. Das gelingt tadellos, nicht zuletzt weil der Verlag der talentierten Autorin die vielen Seiten zugesteht die sie dafür benötigt. Hie und da für den ein oder anderen Leser vielleicht zu ausschweifend aber ich fand es durch und durch gelungen und hab einiges an nützlichem Allgemeinwissen dazu gewonnen. In der zweiten Hälfte des Romans wird die Spannung dann von Seite zu Seite aufgebaut und der Nervenkitzel nimmt laufend zu so dass die knapp 600 Seiten viel zu schnell gelesen sind.
Die Art und Weise wie die Geschichte durchstrukturiert ist und der bodenständigen Vehemenz mit der sie erzählt wird ist bemerkenswert. Ganz im Stile eines routinierten Schriftstellers schreibt Vera Buck eine erstklassige historische Geschichte die zwischen Wissenschaft und Spannungsroman, zwischen Genie und Wahnsinn hin und her pendelt. Für mich DIE Neuentdeckung des Lesejahres 2015 und eine absolute Leseempfehlung! Wertung: Ich tue etwas, was ich höchst selten tue. Ich vergebe 10 Eulenpunkte.