Der erste Tag vom Rest meines Lebens - Lorenzo Marone

  • Gebundene Ausgabe: 288 Seiten
    Verlag: Pendo (14. September 2015)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3866123965
    ISBN-13: 978-3866123960


    Inhaltsangabe:


    Cesare ist 77 und zieht Bilanz. Von seinen einst hochfliegenden Träumen ist wenig aufgegangen. Seine Methode, mit den Enttäuschungen des Lebens umzugehen: Ironie und Sarkasmus. Das kommt bei seinen Mitmenschen nicht immer gut an. Bis Emma in die Nachbarwohnung zieht. Irgendetwas stimmt nicht mit ihr und ihrem Mann. Das sieht Cesare an Emmas traurigen Augen. Und plötzlich mischt sich Cesare ein. Er hat wieder Mut zu kämpfen. Für seine junge Nachbarin. Für die Liebe. Für das Glück, am Leben zu sein...


    Autoreninfo:


    Lorenzo Marone, geboren 1974 in Neapel, arbeitete fast zehn Jahre lang als Anwalt in seiner Heimatstadt, bis er sich ein Herz fasste, den ungeliebten Beruf an den Nagel hängte und sich seiner wahren Leidenschaft widmete: dem Schreiben. Sein erster Roman eroberte die Herzen der italienischen Leser im Sturm und erntete begeisterte Rezensionen. Er lebt mit seiner Frau Flavia, dem Sohn Riccardo und der Dackeldame Greta in Neapel.


    Meine Meinung:


    Titel: Auf den Lebenspfaden eines Stiesels...


    Die pfiffige Aufmachung des Buches und der Klappentext haben mich neugierig auf den Roman werden lassen und kaum hatte ich mit dem Lesen begonnen, fühlte ich mich ein wenig an mein Lieblingsbuch "Ein Mann namens Ove" erinnert.


    In der Geschichte geht es um den 77 Jahre alten Cesare, der als Witwer dem Ende seines Lebens entgegen sieht. Abwechslung kehrt in sein tristes Leben ein, als in die Nachbarwohnung ein Paar einzieht. Die junge Frau wirkt neben ihrem Partner immer so ängstlich, trägt trotz Regen Sonnenbrille und wirkt auch sonst nicht ganz normal. Was ist nur mit der jungen Frau los? Cesare versucht mehr zu erfahren und krempelt damit sein ganzes Leben um. Ob das so gut ist?


    Die Handlung wird uns über Cesare als Ich- Erzähler näher gebracht, so dass wir sehr detailliert über seine Gedanken und Gefühle Bescheid wissen. Seine Sicht auf die Welt ist durchaus erfrischend, manches Mal aber auch recht bitter. Nach und nach beleuchtet er für uns Leser sein Leben und blickt auf dieses zurück, was wirklich sehr interessant ist. Auch über das Leben seiner Familie erfahren wir viel.


    Cesare ist als Protagonist ganz klar jemand, der polarisiert und gewiss nicht jedem gefällt, aber gerade seine kauzige Art macht ihn in meinen Augen zu etwas sehr Besonderem. Auch andere Charaktere wie Sveva, Dante oder Marino wissen zu überzeugen, denn jede dargestellte Person hat alltägliche Probleme, so dass sich der Leser mit den handelnden Akteuren identifizieren und ihr Handeln stets verstehen kann.


    Zudem gelingt es dem Autor ein spannendes Bild der Stadt Neapel zu zeichnen, dem Lebensmittelpunkt unseres Protagonisten.


    Fazit: Erfrischende Lektüre, die aus der alltäglichen Belletristik hervorsticht. Gern empfehle ich das Buch weiter. Lesenswert!


    Bewertung: 8/ 10 Eulenpunkten

  • Mit einem liebevollen Blick für das Wesentliche beschreibt der Autor die Personen, die dem Leser in diesem Buch begegnen. An vorderster Front ist da natürlich Cesare, der anfangs etwas grantig wirkt. Trotzdem hält er Kontakt zu seinem Nachbarn und Freund Marino, der schon seit Jahren seine Wohnung nicht mehr verlassen hat. Seine Kinder sieht er auch regelmäßig, auch wenn es ihnen der brummige Senior nicht immer einfach macht.


    Schonungslos, aber auch humorvoll wird das Leben im Alter dargestellt. Jeder lebt auf andere Art und Weise. Manchmal einsam, dann wieder familiär oder auch mit Angst vor der Zukunft.
    Beim Lesen entdeckte ich Aussagen, die viel Wahres enthalten und die ich mir am liebsten markiert hätte, um sie immer wieder lesen zu können. Das ist kein Buch zum schnellen Weglesen, sondern man sollte sich Zeit dafür nehmen.


    Cesare erzählt nach und nach sein Leben in Rückblicken, die ihn als Mensch nicht immer positiv darstellen. Wir lernen einen Menschen mit all seinen Stärken und Schwächen kennen und er schildert sich und seine Handlungen ehrlich und schonungslos. Er meint er wäre ein Egoist und ein Soziopath der menschliche Kontakte meidet.
    Das ist sicher ein Teil seiner Persönlichkeit, aber man lernt auch einen anderen Cesare kennen, der sich Gedanken um seine Kinder und Mitmenschen macht und der es liebt zu leben und das Leben zu genießen.


    Durch die Handlung rund um die junge Nachbarin Emma kommt Dramatik und Spannung in die Geschichte. Es wird ein erschreckender und leider auch realistischer Verlauf geschildert, der nach Ende des Buches noch nachhallt.


    Diesen humorvollen, aber auch nachdenklichen Blick auf ein Leben, verpasste Chancen und das Alter habe ich sehr gerne gelesen. Es ist erstaunlich, dass der Autor erst 40 Jahre alt ist, denn beim Lesen hat ich das Gefühl, dass hier ein Mensch seine Lebenserfahrung einfließen lässt.


    10 von 10 Punkten

  • Der erste Tag vom Rest meines Lebens - Lorenzo Marone


    ISBN: 978-3-86612-396-0


    Verlag: Pendo
    288 Seiten, Gebunden


    Originaltitel: La tentazione di essere felici
    Übersetzt von: Esther Hansen


    Über die Übersetzerin:
    Esther Hansen übersetzt vorwiegend erzählende Literatur, darunter zahlreiche Kriminalromane, aus dem Italienischen und Englischen.
    Sie lebt heute als freie Übersetzerin und Lektorin in Köln.


    Mein Eindruck:
    Lorenzo Marones Debüt ist ein gefühlvoller Roman, wenn auch gründlich durchkalkuliert. Realismus trifft auf Unterhaltungselemente.
    Der Roman erinnert an eine Mischung aus “Ein Mann namens Ove” von Fedrick Bachman und Jonathan Franzens Die Korrekturen.


    Die Erzählperspektive wird ganz und gar von der charismatischen Hauptfigur Cesare Annunziata geprägt. Er ist 77jähriger Mann, dessen Frau vor 5 Jahren starb. Er hat 2 erwachsene Kinder.


    .Am meisten haben mich die Passsagen überzeugt, in der Cesare seine Familiensituation schildert, seine nicht ganz einfachen Beziehungen zu seiner Tochter Sveva und seinem Sohn Dante.


    Auch wenn er es nicht so auffällig ist, sind ihm auch seine Freunde wichtig. Sein alter Freund Marino, der kaum noch seine Wohnung verlässt, die Nachbarin, die mit vielen Katzen lebt und entsprechend riecht oder seine Freundin Rossana, die Prostituierte ist.
    Dann ist da noch die neue Nachbarin Emma, die von ihrem Mann geschlagen wird.


    Cesare ist liebenswert weil er in seiner schroffen Art auch wieder ehrlich ist. Er verurteilt niemanden, obwohl er kritische Worte nicht scheut. Doch seine Leute sind ihm wichtig, wobei er jederzeit zugibt, als Vater und Partner weitgehend auch versagt zu haben.


    Es gibt wahrscheinlich viele, die ein wenig wie Cesare sind und möglicherweise kann jeder von uns Grantlern sich mit ihm zumindest zu einen kleinen Teil identifizieren.


    Der Autor hat die Tendenz, die Handlung in eine Richtung zu treiben, in der es darum geht, dass jeder Mensch danach streben soll “glücklich” zu sein. Ich weiß nicht, wie wichtig, dem Autor dieses kleine esoterisch anwirkende Element ist, es wird wohl auch eine gewisse Leserrichtung erreichen. Ich habe es mehr oder wenig ausgeblendet.


    Fazit: Humorvoller, unterhaltsamer Roman, lustig und tragisch zugleich.

  • Der 77-jährige Cesare erzählt aus seinem Leben. Er lässt Vergangenes Revue passieren und plaudert über Dinge, die ihn aktuell beschäftigen und überwiegend mit seiner Familie und den Nachbarn zu tun haben. Er tut das auf eine reichlich zynische Art und scheint auf den ersten (vielleicht auch auf den zweiten) Blick kein besonders angenehmer Zeitgenosse zu sein. Er hat ein eigenwilliges Verhältnis zu seinen Kindern und meckert über die Nachbarschaft :grin .
    Doch das relativiert sich mit der Zeit. Rossana, seine derzeitige Geliebte formuliert es an einer Stelle so:“ Ich denke, du bist ein netter Mensch, der aber alles dafür tut, damit das niemand merkt“. Da ist was dran, denn alles in allem ist er kein schlechter Kerl. Je länger ich gelesen habe, desto sympathischer ist er mir geworden, ruppig, aber mit Zivilcourage und einem weicheren Herzen als er nach außen vorgibt.
    Cesare drückt sich manchmal sehr direkt aus, man könnte auch sagen etwas vulgär, aber es bleibt im Rahmen. Ich mochte seine unverblümte Art, über die Unzulänglichkeiten des Alters zu sprechen, gerade über die körperlichen :-) .


    Die Geschichte plätschert über weite Strecken relativ belanglos dahin, ab und an gerät Cesare ein wenig ins Schwafeln und die Dialoge empfand ich an manchen Stellen als etwas holprig. Das Buch lässt sich gut aus der Hand legen und ist prima geeignet als Bettlektüre vor dem Schlafen. Nette, unaufgeregte Unterhaltung ohne nennenswerte Handlung und großen Tiefgang.


    Cesares Lebensweisheiten wirken auf mich nicht immer überzeugend, erheben aber wohl auch keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit, sondern spiegeln seine ganz eigene Sicht auf die Dinge wider.
    Richtig gut hat mir gefallen: „Es gibt immer zwei Arten, die Dinge zu nehmen, mit Verzweiflung oder mit Ironie, und keine von ihnen ändert die Karten auf dem Tisch. Wir entscheiden nicht über den Endstand, aber wir entscheiden, wie die letzten fünf Minuten ablaufen.“ Vielleicht könnt ihr jetzt schon ahnen, für welche Art sich Cesare entschieden hat *g*. Spätestens nach der Lektüre des Romans wisst ihr es ganz sicher.