Kurzbeschreibung (gem. Amazon)
»Ich bin aufgewachsen in einer Sphäre, wo man nicht mal sagt, was man denkt, wenn das Haus in Flammen steht«, erklärt Lauren ihrem Ehemann, dem Schriftsteller Oskar Canow. Denn Oskar will eine Therapie machen. Allerdings nicht für sich selbst, sondern anstelle seines Freundes Viktor, der wiederum von seiner Ehefrau Mildred dazu genötigt wird. Philipp Tinglers neuester Roman begleitet nicht nur Oskar Canow in das Behandlungszimmer von Doktor Leonid Hockstädder, Psychohilfe der besseren Kreise, sondern seziert die gute Gesellschaft, ein Milieu, in dem die Gesichter mit Hyaluronsäure gefüllt sind, Partygeschwätz das Leben ersetzt und der Psychotherapeut kleine Aufwallungen des Gemüts zu glätten hat wie der Schönheitschirurg die Haut. Die Herzen aber sind leer. Oder doch nicht? Ein sprachlich fulminantes Meisterwerk, amüsant und unterhaltsam, reich an Geist und Tempo!
über den Autor (gem. Amazon)
Philipp Tingler wurde 1970 in Berlin (West) geboren und studierte Wirtschaftswissenschaften und Philosophie in St. Gallen, London und Zürich. Die Liste seiner Veröffentlichungen umfasst neben Belletristik und Sachbüchern diverse Arbeiten für Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und Fernsehen, u. a. für den »Westdeutschen Rundfunk«, »Vogue«, »Stern«, »Spiegel«, »Neon«, »GQ«, »NZZ am Sonntag« und »Welt am Sonntag«. 2001 erhielt Philipp Tingler die Ehrengabe des Kantons Zürich für Literatur; im gleichen Jahr war er nominiert für den Ingeborg-Bachmann-Preis. 2008 wurde ihm der Kasseler Literaturpreis für komische Literatur verliehen. Philipp Tingler lebt in Zürich und ist u. a. Kolumnist für den Zürcher «Tages-Anzeiger« sowie Mitglied der Kritikerrunde im »Literaturclub« des Schweizer Fernsehens SRF. Bisher erschien von ihm bei Kein & Aber u. a.: »Leute von Welt« (2006), »Fischtal« (2007), »Stil zeigen« (2008), »Doktor Phil« (2010) und »Wie frei sind wir noch?« (2013).
meine Meinung
Oskar und Lauren bewegen sich in der High Society der Schweiz. Dort zählt der Schein mehr als das Sein, da werden Schönheitsoperationen geteilt wie bei anderen Menschen die Fotoalben. Oskar fühlt sich in dieser Welt nicht zwingend wohl, hat sich aber arrangiert. Bis sein bester Freund Viktor mit einer ungewöhnlichen Bitte an ihn herantritt. Oskar solle doch Viktors Therapiestunden übernehmen, die ihm wiederum von seiner Ehefrau Mildred auferlegt worden sind. Nach kurzem Zögern willigt Oskar ein. Kann das gut gehen?
"Schöne Seelen" war mein erster Roman von Philipp Tingler und konnte mich leider nicht überzeugen. Obwohl der Klappentext vielversprechend und humorig klang, ergeht sich der Autor doch so sehr in Gesellschaftskritik und -ironie, dass das eigentliche Thema viel zu kurz gerät.
Die Geschichte wird von einem auktorialen Erzähler wiedergegeben, der allwissend von oben auf das Geschehen schaut. Dabei wirft er einen genauen und zumeist sarkastischen Blick auf die Treffen der oberen 10.000 der Schweizer Society. Zu einem späteren Zeitpunkt begleitet man dann Oskar zu seinen Therapiestunden und zu den Treffen mit Viktor, damit dieser genau weiß, was er seiner Frau daheim erzählen muss.
Obwohl das durchaus witzig und spannend klingt, konnte mich Philipp Tingler mit seiner Kritik an den Schönen und Reichen nicht fesseln. Zu Beginn war das Ganze noch witzig und auch zum Lachen, aber nach der 10. Wiederholung ist keine Ironie mehr zum Lächeln, egal wie gut sie gesetzt ist. Denn in meinen Augen dreht sich der Autor nur im Kreis. Er setzt zwar sehr spitzfindig das Skalpell seiner Kritik an, schneidet dann aber immer wieder in die selbe Stelle, anstatt die Wunde weiter zu öffnen. So habe ich ab einem bestimmten Zeitpunkt gesamte Passagen nur noch überflogen, weil sie mir zu langwierig und auch langweilig waren.
Neuer Schwung kam auf, als Oskar sich in Therapie begeben hat. Doch auch dieser Schwung verliert sich, denn wieder schaut der Autor nach links und rechts, statt sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. So irrt er ein wenig wie Rotkäppchen durch die Welt der Therapie und Psychologie, zerrt seinen Leser in ungeahnte und auch eher unpassende Tiefen, anstatt seinen Sarkasmus vollends wirken zu lassen. Schade!
Und so lässt mich das Werk unbefriedigt, unberührt und leicht genervt zurück. Kritik und gerade, wenn sie scharfzüngig vorgetragen ist, mag ich sehr gern. Doch wenn jemand immer und immer wieder ein totes Pferd reitet, dann vergeht auch mir die Lust am Lesen.
Der Stil von Philipp Tingler ist sehr eigen. Er webt viele englische Begriffe und Sätze mit ein, verliert sich gern mal in Schachtelsätzen und zeigt auf der anderen Seite ein Gespräch so, wie es tatsächlich stattfinden würde ohne sie schriftstellerisch zu beschönigen. Ich hatte es mit dieser Mischung schwer.
Fazit: es hätte ein toller Roman werden können, doch dafür war einfach zu wenig da, was mich halten konnte. Daher kann ich es nicht empfehlen.