isbn: 3548255221
arno surminski: jokehnen oder wie lange fährt man von ostpreussen nach deutschland?
erstmal vorneweg: die titel sind bei surminski öfter so komisch.
jokehnen (oder später kudenow, polninken, grunowen...) ist ein ORTSname, das andere ein etwas besinnlicher untertitel
(diese info deshalb, weil mich die titel bei meinem auf empfehlung erfolgten erstkontakt mit surminskis büchern etwas befremdeten*g*).
klappentext:
dieser authentische roman aus der sicht eines jungen beschwört am schicksal eines entlegenen ostpreußischen dorfes und seiner bewohner unsentimental, aber voller anteilnahme eine idylle, die 1945 in schutt und elend versank.
eine heiter-gemütvolle erinnerung an die herbe schönheit der landschaft zwischen königsberg und masuren, an sommerabende auf dem lande und pferde in der schwemme, an weite roggenfelder und kutschfahrten zur benachbarten kreisstadt und an die menschen ... mit ihrem behäbigen mutterwitz.
da das auf 90% der mir bekannten surminskibücher zutrifft, noch etwas mehr zum inhalt:
erzählt wird die geschichte von hermann steputat, geboren am 02. 08. 1934, an dem tag, an dem paul hindenburg, den man den helden ostpreussens nannte, starb. eigentlich sollte er, wie damals üblich, adolf heissen, aber man "entschied sich für kultur" und benamste ihn nach hermann sudermann.
als "hermannche" 11 jahre alt war, ging eine welt unter.
autor:
arno surminski, geboren 1934 in ostpreussen als sohn eines stellmachers, blieb nach der deportation seiner eltern 1945 allein zurück. nach aufenthalten in lagern wurde er 1947 von einer familie mit 6 kindern aufgenommen.
im anschluss an eine lehre in einem rechtsanwaltsbüro und zweijährige arbeit in kanadischen holzfällercamps schrieb er seit anfang der 60er jahre zunächst zu wirtschafts- und versicherungsrechtsthemen.
jokehnen war sein erster roman, wurde mit a. müller stahl & u. monn verfilmt und ist auch als hörbuch erhältlich.
meine meinung:
es fiel mir sehr leicht, mich in das ruhige leben am *popo* der welt einzufühlen.
auch als das leben dann nicht mehr so ruhig ist, bleibt der leser gefesselt. spannend, aber ohne sensationseffekte, eigentlich aus der ungeprägten wahrnehmens-perspektive des kleinen jungen, erlebt man eine geschichte in der geschichte. ich war mir nicht sicher, ob es in historische romane gehört.
was mir besonders gut gefällt: in einem späteren buch
"kudenow - oder an fremden wassern weinen"
spinnt surminski am beispiel eines anderen jungen mit nur wenigen brüchen in der geschichte den erzählfaden, der eigentlich der seines eigenen (er)lebens ist, weiter. der protagonist lebt dort mit dem überlebenden teil der familie in einem bauerndorf in schleswig holstein. nicht nur, dass man buchstäblich neben der heimat alles verloren hat, nein, man spürt die vorurteile, die daraus resultierende abneigung und das misstrauen der alteingesessenen gegenüber den zuwanderern.
in "fremdes land - oder als die freiheit noch zu haben war" werden fast nahtlos dazu passend, die erlebnisse eines aus ostpreussen stammenden jungen mannes geschildert, der das große glück über den großen teich holen will.
in "polninken - oder eine deutsche liebe" wird - wieder ein paar jahre später, geschildert, wie sich ER (west) und SIE (DDR) in dem land treffen, das einst die heimat war und jetzt polen ist.
in "grunowen oder das vergangene leben" machen sich ein ehemaliger "junger herr" und sein einstiger kutscher auf die suche nach ihrer heimat und stellen dabei fest, dass es ostpreussen nur noch in ihrer erinnerung gibt.