Gebundene Ausgabe: 608 Seiten
Verlag: Heyne Verlag; Auflage: Ausgabe 1 (27. August 2015)
ISBN-13: 978-3453269620
Originaltitel: Det som inte dödar oss
Preis Gebundene Ausgabe: Euro 22.99
Preis Kindle E-Book: Euro 18.99
Autor
David Lagercrantz, 1962 geboren, debütierte als Autor mit dem internationalen Bestseller »Allein auf dem Everest«. Seitdem hat er zahlreiche Romane und Sachbücher veröffentlicht, zuletzt die virtuos geschriebene Lebensgeschichte Zlatan Ibrahimovis. Im Dezember 2013 wurde er vom schwedischen Originalverlag und Stieg Larssons Familie ausgewählt, den vierten Band der Millennium-Romane zu schreiben. Lagercrantz ist verheiratet und lebt in Stockholm.
Kurzbeschreibung/Klappentext
Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist haben Millionen Leser begeistert. Weltweit erstürmte die Millennium-Trilogie die Bestsellerlisten und sprengte mit mehr als 80 Millionen verkauften Exemplaren alle Dimensionen. Ein Welterfolg, der seinesgleichen sucht. Nun geht die Geschichte weiter.
Meine Meinung
So wie viele tausend andere Leser/-innen habe ich ungeduldig den Nachfolgeband zur legendären Millenium-Trilogie von Stieg Larsson erwartet und bei erscheinen sofort gelesen. Darüber ob man Larssons Werk so viele Jahre nach seinem Tod weiterführen soll oder nicht mag ich mich nicht streiten. Sowohl für das Dafür und Dagegen gibt es gute Argumente. Es ist nun Mal erschienen und als begeisterter Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist Anhänger wird dieses Buch gelesen. Punkt. Basta. Ende der Diskussion. Allerdings komme ich nicht drumherum, in dieser Rezi immer wieder Parallelen oder Vergleiche zwischen den beiden Schriftstellern zu ziehen.
Ob nun Larsson oder Lagercrantz, beide beginnen ihre Geschichten in gemächlichem Erzähltempo. Dieses Buch ist mit knapp 600 Seiten überdurchschnittlich lang und es bleiben nach der Einführung mehr als genug Buchseiten übrig für actionreiche Szenen und generell das Handlungstempo zu verschärfen. Also erstmal ruhig Blut und dem Autoren die Zeit geben, die Handlungsstränge einzufädeln und die Leserschaft auf die diversen Thematiken vorzubereiten und mit den Figuren bekannt zu machen. Nach rund 200 Seiten ist das Vorgeplänkel vorbei und das literarische Mahl angerichtet. Los gehts!
Sowohl das Magazin Millenium wie auch Mikael Blomkvist sind etwas in die Jahre gekommen und der Glanz früherer glorreicher Taten ist etwas verblasst. Bei Millenium äussert sich das darin, dass ein grosser Medienkonzern mittlerweile am Magazin beteiligt ist und bei Blomkvist darin, dass er seine Wirkung auf Frauen offensichtlich eingebüsst hat. Als investigativer Journalist werden ihm regelmässig "Heisse Storys" angeboten aber meist lehnt er ab. Bei einem Fall um ein schwedisches Genie, dass sich mit Künstlicher Intelligenz beschäftig, horcht er auf weil eine einzigartige weibliche Koryphäe in Sachen Computerkenntnissen mit punkhaftem Aussehen involviert ist. Es könnte Lisbeth Salander sein zu der er seit Jahren keinen Kontakt mehr hat. Also lässt er sich darauf ein und er findet sich bald im Brennpunkt des Geschehens wieder.
Die Rolle von Mikael Blomkvist in diesem Buch ist ungemein wichtig, er ist Dreh- und Angelpunkt, aber im Vergleich zu den Vorgängern bleibt er insgesamt etwas blass und seine Taten sind wenig spektakulär. Dafür ist Lisbeth die geblieben, die sie immer war. Zu Beginn ist eher passiv die Rede von ihr aber mit Fortschreiten der Handlung wird sie immer aktiver und wichtiger für die Geschichte und sie dreht wie gewohnt auf. Im Gegensatz zu Blomkvist hat die verstrichene Zeit bei ihr keine Wirkung gezeigt oder sie gar milder gestimmt. Sie ist kompromisslos wie eh und je und handelt ganz nach ihren Prinzipien und schont weder Kontrahenten noch sich selbst.
So wie Larsson kreiert auch Lagercrantz eine breitgefächertes Spektrum an Themen die er in diesem Roman verarbeitet. Es sind dies die Wissenschaft mit Physik und Qantencomputern, höchste mathematische Fähigkeiten, die amerikanische Behörde NSA und ihre Spionagetätigkeit, Autismus bei Kindern und ihre möglichen Auswirkungen wie Hochbegabung, körperliche Gewalt in Beziehungen, die Rolle von Vormundschaftsbehörden und Heimen und und und … es darf auch philosphiert werden, ob Maschinen mit Künstlicher Intelliganz nun Fluch oder Segen für die Menschheit sind. Irgendwo dürfte jeder Leser einen Handlungsfaden finden der ihn interessiert. Aber keine Angst, für Durchschnittsbürger mit durchschnittlicher Intelligenz ohne Hochbegabung wie ich einer bin bleiben die Ausführungen bloss an der Oberfläche oder der Autor bleibt sogar Antworten schuldig. Man braucht also keinen Doktortitel um dem Ganzen zu folgen.
Das Buch ist solide bis gut, darüber gibt es für mich keine Zweifel. Es braucht den Vergleich zu anderen Thrillern nicht zu scheuen. Thematisch vielfältig obwohl punktuell das ein oder andere oberflächlich bleibt. Ich vermute, dass Lagercrantz die Verfilmung, die sicher folgen wird, im Hinterkopf behalten musste und deswegen zu ein paar Kompromissen gezwungen war. Zahlreiche Rückblenden auf vergangene Ereignisse mögen störend wirken, kommen aber den Lesern zugute, die mit diesem Buch erstmals mit Lisbeth und Mikael in Kontakt kommen. Da braucht es wohl oder übel ein paar Erklärungen. Das ist zu akzeptieren.
Die Bewertung liegt ganz darin, was wir Leser vorgängig von dieser Fortsetzung erwarten. Wer will, dass sich nichts verändert und alles so sein soll wie bisher der wird Kritikpunkte finden und das Buch eher schlecht bewerten. Das ist Legitim und erlaubt. Wer mit ein paar Veränderungen leben kann, der wird einen ordentlichen Thriller im Stile Larssons vorfinden und Freude daran haben, ein Abenteuer mit Lisbeth Salander und Mikael Blomkvist zu erleben. Beim nächsten Buch, so wie es endet wird es definitiv einen 5. Band geben, bin ich sicher mit dabei. Wertung: 8 Eulenpunkte