'Nachttankstelle' - 2. Teil, Kapitel 06 - 10

  • Ein netter verregneter Tag war es, der den kommenden Herbst ankündigte. Draußen war es nicht schön, aber so hatte ich zumindest ausreichend Zeit und Lust, es mir drinnen in bzw. mit der Nachttankstelle gemütlich zu machen.


    Ganz stark fand ich den Dialog auf der Dachterrasse und es war auch schön, dass es mit Jessy ein Happyend gab/gibt und mit der Vollweise nicht so richtig. Das Buch lebt von der Sprache und von den teils bizarren Ideen. Und an die etwas längeren und ungewohnten Satzkonstruktionen hatte ich mich auch schnell gewöhnt. Das Lesen hat sich in jedem Fall gelohnt.

  • Mir hat der letzte Abschnitt auch nochmal gut gefallen - es gibt ein Happy End, das aber nicht zu schnulzig ist. Matuschek war also ein Schwindler, wer hätte das gedacht... Und der inszenierte Unfall ging auf Langmanns Konto, oder? :gruebel


    Fiedlers letzter Besuch bei seinem Neurologen war ja auch ganz schön abgefahren, irgendwie auch beängstigend, v.a. der Gedanke, dass Ärzte ihre Patienten nicht heilen, sondern nur behandeln wollen, damit ihnen die Kundschaft erhalten bleibt! :yikes


    "Nachttankstelle" hat mir insgesamt gut gefallen, es war auf jeden Fall mal was anderes! Und es ist kein Buch, das man einfach so nebenher wegliest, denn die Schachtelsätze verlangen schon volle Konzentration - dafür wird man dann aber auch mit jeder Menge Sprachwitz und Wortspielereien belohnt! :-]


    LG, Bella

  • Zitat

    Original von belladonna
    Fiedlers letzter Besuch bei seinem Neurologen war ja auch ganz schön abgefahren, irgendwie auch beängstigend, v.a. der Gedanke, dass Ärzte ihre Patienten nicht heilen, sondern nur behandeln wollen, damit ihnen die Kundschaft erhalten bleibt! :yikes


    An der Stelle habe ich die ganze Zeit gegrinst. Gut, dass Patienten oft nicht wissen, was Ärzte hinter ihrem Rücken über sie sagen. Zwar ist der gute Neurologe gerade etwas krass drauf, aber er spricht das aus, was nicht wenige seiner Kollegen denken. Natürlich sind nicht alle so, aber es werden immer mehr. Man schaue sich nur die "Komfort-Sprechzeiten" an, bei denen Patienten, die einen zeitnahen Termin benötigen, Geld abgeknöpft wird...


    Ich war mit dem Ende auch zufrieden. Kein perfektes Happy End, was zu übertroeben gewesen wäre, aber eines, das man Uwe und Jessy gönnt.

  • Zitat

    Original von xexos
    Ganz stark fand ich den Dialog auf der Dachterrasse und es war auch schön, dass es mit Jessy ein Happyend gab/gibt und mit der Vollweise nicht so richtig. Das Buch lebt von der Sprache und von den teils bizarren Ideen. Und an die etwas längeren und ungewohnten Satzkonstruktionen hatte ich mich auch schnell gewöhnt. Das Lesen hat sich in jedem Fall gelohnt.


    Dem kann ich mich nur voll anschließen. Ich fand das Happy End zwischen Jessy! und Uwe sehr schön, vor allem, weil ich es von Tom so nicht erwartet habe. Natürlich durfte nicht alles klappen, denn das Leben ist schließlich kein Wunschkonzert und reine Friede, Freude, Eierkuchen gibt es bei Pilcher, aber nicht bei Liehr.
    Uwe ist praktisch ein neuer Mensch, keine Migräneanfälle mehr, Hausbesitzer, glücklich verliebt. Nur eines ist beim alten geblieben, er arbeitet weiter an einer Tankstelle. Der Uwe von Anfang des Buches hat mit dem am Ende nur noch wenig zu tun und ich überlege die ganze Zeit, wo der Knackpunkt lag, welche Schlüsselszene die Verwandlung eingeläutet oder abgeschlossen hat. Gab es so etwas offensichtliches und ich habe es überlesen?

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

  • Hallo, xexos.


    Es gibt keinen "Moment der Katharsis", sondern eine Folge von Ereignissen, die dazu führen, dass Uwe etwas aktiver wird (aber auch nicht übermäßig). Dazu gehört die Konfrontation mit Langmann, dazu gehört natürlich auch ganz am Anfang die Trennung von Ulrike, dazu gehören Tante Gertruds Tod, die Begegnung mit der eigenen Mutter, das Zusammentreffen mit Jessica, Matuschek und einigen anderen. Und es ist ja nicht so, dass er sich von Grund auf ändert. Es ist eher so, dass er Aspekte findet, von denen er annimmt, dass es sich lohnt, sich dafür zu engagieren. Etwa in der Mitte stellt er fest, dass man "nicht zum Helden wird, weil man sich bewusst für die Laufbahn entscheidet". Auch später will er kein Held sein, sondern einfach nur Uwe Fiedler.

  • Auch ich habe festgestellt, es gibt keine Seiten mehr zu lesen.
    Das Buch hat mir gut gefallen. Uwe hat sich gefunden und lebt sein Leben an der Seite von Jessica, die jetzt zwei Zahnbürsten im Bad hat. Da musste ich schmunzeln, als ich mir Uwe, den ich mir ziemlich Tom-Like vorstelle, bei der Entdeckung im Bad so vor Augen hatte.


    Schön fand ich auch, dass Pocke wieder Musik. macht. Beatrice darf auch singen. Und Pocke muss nicht sterben.



    Sehr schöner Roman, so philosophisch, ganz anders als der Pauschaltourist.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Das Buch gehört definitiv zu denjenigen, die ich noch einmal lesen muss. Mir haben zwar die Vorgänger auch immer gut gefallen, aber ich glaube, gerade Uwes Durchschnittlichkeit und Langsamkeit und das, was hinterher aus ihm wird, machen das Buch so authentisch und vor allem auch lesenswert.


    Für die Rezi brauche ich noch ein paar Tage. Vermute ich mal.

  • Mein Höhepunkt in diesem Abschnitt war definitiv der Gedankengang zu Normalität und Anderssein. Da ich mit dem Thema Integration (und Inklusion) häufig konfrontiert werde, habe ich dazu schon die unterschiedlichsten Gedanken und Meinungen gehört - und die von Uwe haben dazu geführt, dass ich ihn, wäre er denn nicht nur ein Romanheld, am liebsten umarmt hätte. Großartig.


    Ich mag ja solche Happy Ends - nicht schnulzig, nicht abgeschlossen, aber offen und mit positiven Möglichkeiten für die Zukunft.


    Dieser Roman wird mich wohl noch eine Weile beschäftigen und genau wie Booklooker habe ich ihn sicher nicht zum letzten Mal gelesen.

  • Schade. Bei mir ist das Buch jetzt auch aus. :-(


    Yeah. Und ein Happy End mit Jessica gab es noch. Die Dachszene hat mir sehr gut gefallen. ...


    Das Matuschek gar nicht Matuschek ist, hat mich doch kurz erschreckt. An der Stelle, wo Pocke das Uwe mitgeteilt hat, habe ich doch kurz zusammengezuckt.


    Und auch beim Neurologen dachte ich, was geht denn jetzt ab. :-) Wie ihr schon sagt, ich finde es auch gut, dass die Patienten Gott sei Dank nicht wissen, was die Ärzte über sie denken. ...


    Rezension kommt. Und ich habe mir vorgenommen, Kapitel und Szenen mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Um vielleicht etwas daraus für mich zu lernen. :-)

    Zündet man eine Kerze an,erhält man Licht.Vertieft man sich in Bücher,wird einem Weisheit zuteil.Die Kerze erhellt die Stube, das Buch erleuchtet das Herz.


    (Sprichwort aus China)

  • Den letzten Abschnitt habe ich in eins durchgelesen, überall wo es mir heute möglich war..


    Dieser Liehr hat mir ausnehmend gut gefallen. Die „Nachttankstelle“ ging in Richtung „Sommerhit“. Mein bisheriger Favorit von Tom.


    Für Uwe hat ein neues Leben angefangen. Es gab ein Happy-End mit Jessy. Die Szene auf der Dachterrasse ging unter die Haut. So wie man die Zwei über das ganze Buch hin kennengelernt hat, war es für beide nicht einfach. Es ist schön zu lesen, dass zwei Menschen sich nicht verbiegen müssen, um miteinander glücklich zu sein, sondern den anderen so akzeptieren wie er ist. Am besten fand ich da die Szene mit dem Zahnputzbecher und der Zahnbürste. Man muss dem anderen einfach genug Zeit geben. Liebe zeigt sich oft in kleinen Dingen.


    Erstaunt war ich doch über Matuschek. So ein Schlingel. Hat er die ganze Zeit gelogen. Aber trotzdem war er gut für Uwe. Auch durch ihn, war es Uwe möglich sein Leben zu ändern. Ob gut oder böse. Alle hatten sie hierzu ihr Zutun.


    Hart fand ich den Neurologen. Hut ab, dass er Uwe die Wahrheit gesagt hat und dieser somit endlich seine Migräneanfälle los geworden ist. Was es so alles gibt. Aber sind nicht gerade Neurologen Ärzte, die über Patienten nicht klagen können? Ist er wirklich auf Uwe angewiesen gewesen? Der war ja noch nicht mal Privatpatient. Okay ... Uwe hat ihm geglaubt, aber wer hätte das nicht getan.


    Insgesamt ein sehr gutes Ende. Hausbesitzer ist Uwe nun auch und ... damit ihm nicht zu langweilig wird, arbeitet er auch wieder auf einer Tankstelle.


    Pocke bleibt am Leben, Beatrice singt.


    Wieder einmal ein ganz besonderes Buch, nicht nur vom Thema und Inhalt, sondern auch durch seine Wortwahl und Wortspiele, durch seine Schreibweise, mit Humor und Tiefgang. Ein Buch über einen Menschen, der durch die Begegnung mit anderen und einigen Ereignissen, etwas ändert. Ändern muss und in diesem Buch zum Positiven.


    Danke für diesen herrlichen, nachdenklichen Lesegenuss. Ein ganz ganz tolles Buch.

    :lesend Fenna Janssen - Der kleine Inselladen

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    Hörbuch: Ildiko von Kürthy - Es wird Zeit

    Hörbuch: Judith Lennox - Die Jahre unserer Freundschaft

    SuB: 320

  • Heute Morgen habe ich Nachttankstelle zu Ende gelesen und bin sehr zufrieden mit dem Ausgang dieses Romanes.


    Es hat mir gefallen, wie Uwe und Jessica doch noch zusammenkommen. Mit dem Plädoyer dafür, dass wir alle mal von diesem "Normal-sein-wollen" runterkommen, spricht Uwe bzw. Tom etwas mit klaren Worten aus, was mir schon schon lange im Kopf herumgeht. Über der Seitenhieb auf die dummkluge Inclusion musste ich grinsen. Und klar, das ist ein künstliche Maßnahme, die nicht dazu führt, dass die übliche Ausgrenzerei sofort aufhört. Dennoch finde ich, dass es ein Schritt in die richtige Richtung ist. Bleibt zu hoffen, dass sich auf lange Sicht in den Schulen etablieren wird, dass jede/r so willkommen ist, wie sie/er eben ist.


    Toll finde ich, dass das Thema Gentrifizierung in diesem Roman eine wichtige Rolle spielt und als das beschrieben wird, was es ist: ein deprimierender und kaum umzukehrender Prozess. Umso mehr habe ich mich darüber gefreut, dass Uwe als Erben (nach seinem Tod) die Mieter einsetzt. Klasse Idee. Ein kleines bisschen Hoffnung schaffen, indem einfach mal ein ermutigend anderes verhalten gezeigt wird, ist das, was wir brauchen. Und es ist auch nahe an der Realität, denn es gibt in so mancher Stadt Widerstand gegen die fortschreitende Gentrifizierung, indem Häuser ganz bewusst von Projektgruppen aufgekauft werden, die etwas Sinnvolleres damit anstellen als Gewinnmaximierung. Auch kenne ich ein paar Hausbesitzer, die ähnlich denken wie Uwe, sich nicht zu einem Verkauf ihrer ein oder zwei Mietshäuser (Familienbesitz) hinreißen lassen, obwohl ihre Häuser in den angesagten Stadtteilen liegen und die die Mieten ganz bewusst nicht in ungeahnte Höhen treiben.


    Ich hatte auch in den beiden letzten Leseabschnitten wieder viel Freude am flüssigen und etwas anspruchsvolleren Stil mit all den flapsigen Wort- und Gedankenspielereien wie z.B. Zweisamkeitsmitgestalterin. :lache


    Ein ausgesprochen witziger Grenzübertrittsschlenker war auch die Szene mit dem aggressiven Neurologen, der plötzlich alles ausspricht bzw. rausschreit, was Ärzte niemals sagen dürfen. Und dass er sogar soweit geht, Uwe auch noch per SMS weiterzuverfolgen... ich dachte, ich glaub's einfach nicht :lache :lache :lache

    Ein Roman, der witzig, klug, bizarr, frech, melancholisch, einfallsreich und spannend ist. So schade, dass er schon zu Ende ist!
    Für mich ist Nachttankstelle neben Radionights der beste der fünf Liehrschen' Romane, die ich (bisher) gelesen habe.


    Danke dafür, Tom :wave

  • Das Matuschek ein geklauter Nachname war, das habe ich von Anfang an vermutet. Solche Gestalten sind mir mit all ihren Brüchen im Leben schon häufiger über den Weg gelaufen und eigentlich finde ich ihn, der ja durchaus in der Lage ist über das was er tut zu reflektieren, nicht unsympathisch.


    Schade, dass die Tritte, die das Leben Uwe verpasst haben nicht ausreichen sein Studium doch noch zum Abschluß zu bringen, er hätte vielleicht in seiner neuen Beziehung davon profitiert.


    Habe ich etwas überlesen oder hat es nichts zu bedeuten wenn die Ex so betont im vierten Monat schwanger zu sein. Die beiden sind doch zu diesem Zeitpunkt schon fast ein Jahr auseinander? Oder ist das einfach der Stolz der Schwangeren?


    Der Neurologe redet wirtschaftlich ziemlichen Blödsinn an einen Kassenpatienten - aber sicher legt er in dem Moment seinen ganzen Frust über das System in seine Worte.