• Moin!


    Angeregt durch den Thread von magali und den darin enthaltenden Hinweis von Tom auf den "powerpoesie"-Thread (ist ja interessant, was die Dame schreibt, hui-ui-ui!) wollte ich hier mal zum Thema "Kritik" diskutieren.


    Natürlich ist es nicht immer leicht, Kritik einzustecken (Lob haben wir ja alle lieber :-)), aber wenn man veröffentlicht - in welcher Form auch immer - muss man wohl damit leben.


    Was mich viel mehr interessiert: Wie geht man mit Kritik um, die sehr unsachlich und verletztend ist? Ich denke, auch da macht der Ton die Musik - und ist man selbst immer ganz sachlich und konstruktiv? Ich erinnere mich an eine Dame, die immer wieder bei amazon und anderen Stellen sehr, sehr, sehr persönlich verletzende Kritiken zu meinen Büchern geschrieben hat. Vom Ton her so etwas wie: "Wiebke bringt nichts zustande". Da sie mich auch "duzte", nehme ich an, ich kannte die Dame - unbewusst - persönlich oder so. Hab ihr vielleicht mal den Kerl ausgespannt :lache


    Spaß beiseite: Kritik, die sich nicht gegen die SACHE, sondern die PERSON wendet, finde ich generell nicht angebracht - und diese Grenzen wird von manchen Leuten häufig überschritten. Ja, das regt mich dann sehr auf.


    Was die Kritik betrifft, die ich selbst "austeile": Schwierige Sache. Ich halte mich da immer lieber zurück, weil ich weiß, wie sehr negative Äußerungen treffen können. Mittlerweile lehne ich es auch meistens ab, wenn mir jemand ein Manuskript in die Hand drückt, sondern leite das an meine Agentur weiter. Der Grund: Was ist, wenn es - meiner Meinung nach - schlecht ist? Wie soll ich das jemandem sagen? Noch dazu, wenn es vielleicht jemand ist, den ich sehr mag? Damit meine ich keine Texte, an denen man hier und da vielleicht noch ein bisschen feilen könnte, sondern Geschichten, bei denen man - immer nur meiner Meinung nach, ich maße mir nicht, objektiv zu wissen, was "richtig" und was "falsch" ist - keine Schreibbegabung erkennen kann.


    Aber bevor ich mir hier jetzt selbst einen Heiligenschein verpasse: Klar lese ich auch gern Kritiken, die so richtig boshaft und gemein sind, also Verrisse. Ist das Häme? Ich denke nicht, aber negative Kritiken in Zeitungen etc. sind oft mit flotterer Hand geschrieben als Lobhudeleien. Und wenn jemand dann richtig pointiert und gewitzt seine Meinung zu Papier bringt, kann das schon sehr erheiternd sein. Hm, vielleicht sollte man öfter daran denken, wie sehr es denjenigen, um dessen Text es geht, trifft ...


    Wer jetzt kritisch anmerken möchte, dass er nicht so recht versteht, worum es in diesem Thread geht - stimmt! :grin Ich wollte halt nur mal Eure Meinung zur Kritik hören - so im Großen und Ganzen.

  • Wiebke,
    ich finde Dich jetzt schon ganz toll und Du bist sicher eine hervorragende Autorin,
    weil Du
    1. vor Wochen einen Ratschlag von mir wegen der Flugangst angenommen hast
    und
    2. mir mit Eröffnung dieses Threads Arbeit abgenommen hast.
    Ich werde Dich auf jeden Fall empfehlen.


    Nachdem wir uns ausgegrinst haben, kann ich fortfahren und verraten, daß ich diesen Einsteig bewußt gewählt habe. Nämlich um zu zeigen, daß Kritik selten objektiv ist.
    Kritisieren hat nicht bloß mit Wissen über Bücher und Schreiben zu tun, sondern mit Vorstellungen von der Rolle von KritikerInnen im Literaturbetrieb. Über etwas zu urteilen, fördert nicht die besten Eigenschaften in uns.
    Echte Literaturkritik hat neben Literatur viel mit Ethik zu tun. Kritikerin und Kritiker sollte sich über die ureigenen Motive im Klaren sein.
    Echte Literaturkritik, die vor allem das Werk in den Vordergrund stellt, ist fast ausgestorben. Kritik ist zur Sensation geworden in einem medienlastigen Zeitalter.
    Deswegen tut sie nicht weniger weh.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Tja, magali, das kann man wohl alles unterschreiben. Vielleicht ist es mit der Kritik ein bisschen so wie mit dem Lästern - es macht halt manchmal Spaß! Jemanden kritisch und unsachlich auseinander zu nehmen, ist ja genau genommen auch "Lästern" - und derjenige, über den gelästert wird, kann ganz schön verletzt sein.

  • Ja, schon, aber Lästern soll es eigentlich nicht sein.
    Es soll eine Auseinandersetzung mit dem Buch sein. Daß man gut und pointiert formuliert, ist ja erlaubt und auch wünschenswert. Witzig, funkelnd, brilliant - wer's hinkriegt, sei willkommen.
    Viele kriegen es nicht hin, machen bloß Witze um des Witzes Willen. Auf den schnellen Lacher gezielt.
    Die Person von Autorin/Autor sollte nie im Vordergrund stehen.


    Die andere Seite ist natürlich die, daß ein Text, egal wie lang, eine höchst persönliche Sache ist. Da fühlt man sich unter Umständen angegriffen, selbst wenn es mal nicht so gemeint war.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ich bin selbst ein recht zynischer Mensch -ja, ich meine es in seiner "richtigen" Bedeutung *Magalizuzwinker* -doch Kritk ist für mich etwas sehr Ernstes, bei dem ich jeglichen Spott u. ä. außen vorlasse. Immerhin fragt mich jemand nach meiner Meinung über etwas, dass er selbst geschaffen hat, dass ihm ergo am Herzen liegt -über solche Dinge spottet man nicht.


    Allerdings muss, wer mich nach meiner Meinung oder Kritik fragt, damit einverstanden sein, die Wahrheit zu hören und bei Reaktionen a la "Ach, ich kann ja eh nichts" war das dann meine letzte Kritk/Meinung. Denn ich weise nicht auf Fehler oder Unstimmigkeiten o.ä. hin, um jemanden damit vors Schienbein zu treten -ich kann meine Zeit nämlich sehr gut anders verwenden.- sondern ich beschäftige mich sehr ernsthaft mit der Sache, die an mich herangetragen wird und suche! nach dem, was sich verbessern lässt, nicht aus Boshaftigkeit, nein, sondern um dem andern damit zu helfen. Das hat schon darin gegipfelt, dass ich Bewerbungen für andere geschrieben habe, als man mich fragte, warum selbige so seltsam klingt.


    Die andere Art der Kritik, die nicht an mich herangetragen wird, sondern von mir selbst kommt ist meis extremistisch -entweder ich liebe oder ich verfluche etwas. Nicht selten auch beides. ;-)



    JASS :keks


    PS: Zu dem, dass das Geschriebene im Vordergrund stehen sollte und nicht die Person dahinter: Genau das meint meine Signatur.

    Es ist erst dann ein Problem, wenn eine Tasse heißer Tee nicht mehr hilft. :fruehstueck

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  • guten Abend, JASS


    und :write :write :write


    Wiebke, wie machst Du das denn mit Kritiken? Erst ablästern und dann gemäßigt schreiben?
    Und wenn man kritisiert worden ist? Antworten? Ich meine, wenn man die Tränen getrocknet hat?


    Ich kann mich auch furchtbar über Bücher aufregen. Ich versuche aber, die Person zu verdrängen, wenn ich darüber schreibe.
    Beruflich habe ich das Glück, daß ich die Leute, deren Erzeugnisse ich rezensiere, selten persönlich kenne.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Wiebke, wie machst Du das denn mit Kritiken? Erst ablästern und dann gemäßigt schreiben?
    Und wenn man kritisiert worden ist? Antworten? Ich meine, wenn man die Tränen getrocknet hat?


    Janz einfach: Ich schreibe keine Kritiken (mehr), seit ich selbst veröffentliche. Das hat einen simplen Grund: Ich finde Kollegenschelte gehört sich nicht. Also schreibe ich nur noch, wenn ich etwas gut finde (außer über Sachbücher, aber das ist etwas anderes). Sicher rede ich mit Freunden auch über Bücher, die ich schlecht fand - das würde ich aber nie öffentlich tun. Außerdem: Eigentlich finde ich es besser, wenn Zeitungen etc. Bücher vorstellen, die sie empfehlen - und nicht den Platz vergeuden, um festzustellen: Das bitte nicht lesen!


    Und wenn ich selbst kritisiert wurde? Hm, ja, das ist nicht immer schön. Und wenn ich unterhalb der Gürtellinie getroffen wurde, habe ich auch schon mal geantwortet - was bei Tageslicht betrachtet ganz bestimmt schlimm nach beleidigter Leberwurst klingt ... Einmal hat mich die "Zeit" verrissen und ich habe mich unheimlich aufgeregt. Da hat meine Schwester gesagt: "Wenn du damit nicht leben kannst, darfst du nicht mehr veröffentlichen. Und außerdem: Hey! Sei froh, wenn die Zeit dich überhaupt wahrnimmt!" Nach längerem Nachdenken kam ich dann zu der Einsicht, dass sie recht hat.

  • Zitat

    Original von Wiebke
    Das hat einen simplen Grund: Ich finde Kollegenschelte gehört sich nicht.


    Hm, das hört sich aber schwer nach "Eine Krähe hackt der anderen keine Auge aus." an. Nicht falsch verstehen, aber sowas hat schon was von einem elitärem Kreis, der sich gegenseitig nix tut.


    Warum ist das so? Aus Angst vor Verlegern, Lektoren, der Reaktion des "Kollegen"?


    Gruss,


    Doc


  • Nein, wenn ich mit Kollegen diskutiere, mache ich schon kritische Anmerkungen, aber ich schreibe halt nicht über ihre Bücher (es sei denn, ein Buch hat mir wirklich gut gefallen). Ich denke, dass viele den Schluss ziehen würden: Die ist ja nur neidisch (wenn sich etwas gut verkauft, was ich nicht gut finde) oder die ist überheblich (wenn ich etwas nicht gut finde, was sich auch nicht verkauft). Und in der Tat: Vielleicht bin ich als Autorin nicht so objektiv, wie man als Kritiker aber sein sollte. Natürlich kenne ich auch einige Kollegen persönlich - und wie das halt so ist im Leben: Viele mag ich sehr gern, manche nicht so. Schlägt sich das nicht automatisch darin nieder, wie ich ihre Bücher finde? Kann man das immer verhindern?

  • Da muß ich Wiebke beipflichten. Das Problem ist nämlich, daß negative Kritik an der Arbeit von Kollegen häufig als Neid ausgelegt wird. Ich kenne einige Kollegen, deren Arbeit ich sehr schätze, und andere, wo ich den Menschen schätze, aber nicht das Werk. Das muß man trennen; Sympathie mache ich niemals davon abhängig, ob jemand meinen literarischen Ansprüchen genügt oder nicht, aber auch nicht umgekehrt.
    Hinzukommt, daß man das jeweilige Werk an den Kriterien messen muß, die dafür zutreffen. Es wäre verdammt unfair, "reine Unterhaltungsliteratur" nach "Anspruch" abzuklopfen, wenn es gar nicht in der Absicht des Autors liegt, einem solchen Anspruch zu genügen.


    Trotzdem kommt es selbstverständlich vor, daß ich meine Meinung zu einem Buch absondere, speziell, wenn ich ausdrücklich danach gefragt werde. Und auch ich schreibe schon mal Rezensionen -- allerdings ausdrücklich Empfehlungen.
    Ansonsten muß man mich schon privat nach meiner Meinung fragen. :-)


    Edit: Einen Punkt möchte ich noch ansprechen: Was ich wirklich übel finde, sind anonyme Amazon-Verrisse, denen man häufig anmerkt, daß hier jemand einfach nur verletzen will. Meistens merkt man, daß besagter "Rezensent" kaum mehr als den Klappentext kennt, und häufig werden dabei Punkte ausgewalzt, die der "Rezensent" z.B. in öffentlichen Leserunden als Aspekte gefunden hat, die der Autor zu vermeiden sucht. D.h. es werden gezielt verletzende Vorwürfe gemacht, die sich an den Autor richten, von dem man ja annehmen kann, daß er sich für Leserreaktionen wie z.B. bei Amazon interessiert.
    Solche Angriffe auf die Persönlichkeit des Autors sehe ich als eine besonders feige und niederträchtige Masche an, und ich muß zugeben, daß ich aus diesem Grund Ein- bzw. Zwei-Sterne-Rezensionen inzwischen komplett ignoriere.


    Bei amazon.ca (Kanada) führte ein Programmierfehler kurzzeitig dazu, daß die Identitäten aller Rezensenten offengelegt wurden (auch anonyme Rezensionen werden mit den jeweiligen amazon-IDs verknüpft). Dabei stellte sich heraus, daß etliche Autoren eigene Werke anonym über den grünen Klee lobten und Konkurrenten bös verrissen. Überraschend war dabei der Anteil an etablierten, die Neulinge geradezu anschwärzten -- als gelte nicht der alte Spruch, daß es keine negative Propaganda gibt, Hauptsache, sie reden über einen! :lache

  • Zitat

    Original von Iris



    Edit: Einen Punkt möchte ich noch ansprechen: Was ich wirklich übel finde, sind anonyme Amazon-Verrisse, denen man häufig anmerkt, daß hier jemand einfach nur verletzen will. Meistens merkt man, daß besagter "Rezensent" kaum mehr als den Klappentext kennt, und häufig werden dabei Punkte ausgewalzt, die der "Rezensent" z.B. in öffentlichen Leserunden als Aspekte gefunden hat, die der Autor zu vermeiden sucht. D.h. es werden gezielt verletzende Vorwürfe gemacht, die sich an den Autor richten, von dem man ja annehmen kann, daß er sich für Leserreaktionen wie z.B. bei Amazon interessiert.
    Solche Angriffe auf die Persönlichkeit des Autors sehe ich als eine besonders feige und niederträchtige Masche an, und ich muß zugeben, daß ich aus diesem Grund Ein- bzw. Zwei-Sterne-Rezensionen inzwischen komplett ignoriere.


    Ich sach ja: Irgendeiner Tante hab ich - ohne es zu ahnen - wahrscheinlich mal den Kerl ausgespannt :lache



    P.S.: Danke fürs Beipflichten, du verstehst mich :knuddel1

  • Übrigens, da fällt mir noch etwas ein: Wenn man selbst negativ kritisiert wird, sollte man sich vielleicht vor Augen halten, dass man nicht der Nabel der Welt ist. Will heißen: Niemand nimmt eine Kritik so ernst und behält sie so lange im Gedächtnis, wie man selbst.


    Kennt man ja: Man liest einen Verriss über ein Buch - aber man grübelt da nicht ewig drüber nach. Vielleicht ist man selbst auch vollkommen anderer Meinung und denkt: Hm, interessant - aber mir hat's gefallen.


    Nur dadurch, dass man die Meinung anderer Leute zur Kenntnis nimmt, heißt das ja noch lange nicht, dass man sie auch selbst für sich annimmt. Vielleicht ein kleiner Trost für alle, die mal einen Text auseinander genommen bekommen haben (huha, was für eine Wortfolge!) :-]

  • Zitat

    Original von Wiebke
    Niemand nimmt eine Kritik so ernst und behält sie so lange im Gedächtnis, wie man selbst.


    Klar, weil es in einem nagt -- man macht sich Gedanken, ob was dran ist, oder man fragt sich, was verdammichnocheins diese Person zu diesem Schwachsinn veranlaßt haben könnte, wer das sein könnte und was man ihm/ihr getan hat. Schließlich handelt es sich ja nahezu grundsätzlich um Schüsse aus dem Hinterhalt. :lache


    Zitat

    Nur dadurch, dass man die Meinung anderer Leute zur Kenntnis nimmt, heißt das ja noch lange nicht, dass man sie auch selbst für sich annimmt.


    Als ich eine Folge von böswilligen "Rezis" für das zweite Buch hinnehmen mußte, meinte mein Mann tröstend, ich solle doch froh sein, denn wenn es kontrovers besprochen werde, sei das immer noch besser als lauter Huldigungen in den höchsten Tönen, die eh bestellt klängen. Und Rezis, in denen jemand behauptet, er/sie habe sich schon durch das erste furchtbar schlechte Buch gequält und das zweite sei noch schlechter, merke man sowieso an, daß sie nur dummes Gehetze sind, denn wer lese schon den Folgeroman zu etwas, das einem überhaupt nicht gefallen hat?


    Zitat

    Ich sach ja: Irgendeiner Tante hab ich - ohne es zu ahnen - wahrscheinlich mal den Kerl ausgespannt :lache


    Das kann ich zumindest in meinem Fall ausschließen! :lache


    Zitat

    Danke fürs Beipflichten, du verstehst mich :knuddel1


    Wenn du mal wieder so ein Ding abkriegst, dann heul dich ruhig aus bei mir -- wir schimpfen dann gemeinsam auf die Blödiane, die unsere Arbeit nicht zu würdigen wissen! :lache :knuddel1

  • Hallo, Ihr Lieben


    Wiebke ,


    ich mache es wir du: Bücher, die mir gefallen haben, lobe ich, wann immer es sich ergibt. Über Bücher, die ich nicht mag, rede ich nicht in der Öffentlichkeit und also auch nicht im Forum. Sind wir feige? Ich glaube nicht. Manchmal kann ich nicht genau sagen, warum mir ein Buch nicht gefällt. Ich könnte also eine Kritik nicht begründen - also lasse ich es. Manchmal ist mir das Thema einfach fremd, auch da wäre Kritik unangebracht. Oder der Stil liegt mir nicht - und auch das ist wohl eher eine Sache der persönlichen Vorliebe und damit nicht kritikfähig.
    Das hat nichts mit "einer Krähe usw..." zu tun, sondern ich halte es einfach für ein Gebot der Höflichkeit und Fairness.


    Sachliche Kritik, wie ich sie bei der Leserunde erfahren habe, hat mir sehr geholfen. Fehler, die man häufig macht, beherrscht man besonders gut und besonders blind.
    Es ist gut, Leute zu haben, die darauf aufmerksam machen. Ich glaube, wir Autoren wollen alle dazu lernen.


    Leute aber, die Leserunden verfolgen, sich aber nicht an Ort und Stelle, sondern bei amazon oder später in anderen Threads darüber "auskotzen", finde ich hinterhältig. Mit ihnen möchte ich weder als Autorin noch als Mensch etwas zu tun haben, da deren Kritik niemals hilfreich ist.


    Zeitungskritiken ärgern oder erfreuen, aber im Grunde sind sie bald vergessen. Das Urteil aber von Leuten, die sich mit Literatur auseinander setzen, ist ungemein wichtig. Diese Art von Kritik (Danke Iris, Danke Magali u.a.) möchte ich nicht missen.


    Ines

  • Ich finde es interessant, Autorinnen zum Thema Kritik zuzuhören,
    wundere mich aber auch über über einige Äußerungen.


    Es liegt doch wohl an der Art, wie Kritik geäußert wid und nicht an Kritik grundsätzlich?
    Kann man nicht sagen, daß bloß ein Profi einen anderen Profi wirklich einschätzen kann?
    Und wer hat eigentlich all die regeln aufgestellt, nach denen ein Text beurteilt wird? Doch nicht die Professoren!
    Ich bin über das 'gilt man als neidisch' gestolpert.
    Das hebelt doch in letzter Konsequenz jede Kritik aus. KollegInnen dürfen nicht wg.angeblichem Futterneid, WissenschaftlerInnen und JournalistInen dürfen nicht, weil sie die AutorInnen insgeheim um deren Kreativität beneiden und angeblich dito insgeheim allesamt gescheiterte SchriftstellerInnen sind.
    Das kann es doch nicht sein?
    Wer und was entscheidet dann denn noch? Die Verkaufszahlen?
    Kommt mir merkwürdig vor.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Es liegt doch wohl an der Art, wie Kritik geäußert wid und nicht an Kritik grundsätzlich?


    Natürlich nicht grundsätzlich -- auch wenn es immer irgendwie ärgert, man sucht ja nach den Gründen für die Kritik, setzt sich mit ihr auseinander. Und wenn sich die Äußerungen als böswilliges Heckenschützenattentat erweisen, dann sollte es erlaubt sein, auch mal die Zähne zu zeigen und nicht angesichts jeder kritischen Äußerung in tiefer Zerknirschung zu versinken.
    Im Gegensatz zu den hier eingestellten Texten sind publizierte Texte obendrein durch ein Lektorat gegangen, wurden sowohl mit als auch gegen den Strich gebürstet, als Autor hat man an Eigenarten soviel als möglich durchzusetzen versucht, und man ist nach dieser Feuertaufe richtig stolz auf das Ergebnis. :-)


    Zitat

    Kann man nicht sagen, daß bloß ein Profi einen anderen Profi wirklich einschätzen kann?


    Nein, längst nicht nur der! Warum sollte man das auf den Kollegenkreis einschränken? Für mich wäre das geistige Inzucht! :grin


    Zitat

    Und wer hat eigentlich all die regeln aufgestellt, nach denen ein Text beurteilt wird? Doch nicht die Professoren!


    Himmelherrgottsakrament! :fetch
    Es geht nicht um "Regeln", die in Stein gemeißelt sind, es geht um Richtwerte, die sich im Laufe der Jahrhunderte quer und längs über den Globus einfach als besonders effektiv erwiesen haben. Es geht darum, daß man mit angemessenem Werkzeug und angemessenem Material und Kenntnissen über die Funktiosweise der Komponenten, den Zweck, das Material, die Form etc., weitaus effizienter arbeiten kann -- das ist alles. Warum sollte jeder Holztransporteur das Rad neu erfinden müssen? :grin


    Regeln haben etwas Ehernes -- Übertretungen werden geahndet. Aber darum geht es nicht. Es gibt kein "Regelwerk". Schreibgurus, die eines aufstellen, geben Neulingen die trügerische Sicherheit, man könne "das Schreiben" lernen, das ginge wie in der Schule.
    Aber dem ist nicht so!
    Es geht nämlich nicht ums "Schreiben", sondern um ein unstillbares Bedürfnis, sich mitzuteilen, um den Wunsch, Menschen zu berühren, sie zum Denken anzuregen, sie ins Mark zu treffen, auf der Klaviatur der Gefühle zu spielen. Und es geht um Disziplin, ohne die das Ganze nicht funktioniert, weil es eine Mordsarbeit ist, 400 Manuskriptseiten mit einer wirklichen Geschichte vollzukriegen -- und um vieles mehr, das hier darzulegen, zu weit ginge.


    Zitat

    Ich bin über das 'gilt man als neidisch' gestolpert.
    Das hebelt doch in letzter Konsequenz jede Kritik aus.


    Es geht um etwas anderes: Ein Arzt, der seine Kollegen kritisiert, macht sich bei einigen Patienten zunächst mal beliebt, bei allen anderen gilt er schnell als einer, der sich auf Kosten anderer profilieren will -- selbst wenn es nicht stimmt.
    Das Bedürfnis, über etwas in aller Öffenlichkeit seine Meinung zu sagen, lohnt das Risiko nicht, zumal es nicht einmal -- wie im Falle des Arztes -- um ein essenzielles Thema geht, sondern um eine Meinung zu einem Buch!
    Um mal wieder besagten Dieter Nuhr zu zitieren: »Das ist so schrecklich, dass heute jeder Idiot zu allem eine Meinung hat. Ich glaube, das ist damals falsch verstanden worden mit der Demokratie: Man darf in der Demokratie eine Meinung haben, man muss nicht. Es wäre ganz wichtig, dass sich das mal rumspricht.« (Nuhr nach vorn, 1998, Fresse halten)
    Meiner Ansicht nach gilt der Grundsatz »einfach mal die Fresse halten« nicht nur »wenn man keine Ahnung hat«, sondern auch, wenn es eigentlich um nichts Wesentliches geht, einem die Meinungsäußerung allerdings schaden würde. :grin

  • Kollegenschelte? Ach du je, ich darf also über keinen Deppen, der irgendwann mal ein Buch herausgebracht hat, was Negatives sagen, weil ich automatisch mit dem in einem Boot sitze? Und negative Rezensionen könnten mir als Neid ausgelegt werden? Ihr gebt wahrscheinlich auch Trinkgeld beim Tanken, hä? :grin


    Okay, differenzieren wir mal ein bißchen. Ich würde es Iris sagen, wenn ich ein Buch/Ms von ihr schlecht fänd, und das habe ich auch schon getan (nicht über etwas Veröffentlichtes), aber ich würd's nicht (mehr) in der Öffentlichkeit tun - da setzt dann die Freundschaft eine Grenze, die zu überschreiten schlicht Schwachsinn (und Selbstmord) wäre. Ähnlich verhalte ich mich bei einigen anderen "befreundeten" (die Anführungszeichen gelten nicht für alle) Autoren - bei denen mit Anführungszeichen schreibe ich aber auch keine positiven Rezensionen mehr. Ansonsten aber hat sich durch die Tatsache, daß ich jetzt selbst veröffentliche, an meiner Leserhaltung wenig geändert, und wenn ich ein Buch schlecht finde, dann sage ich das auch - und begründe es -, genau wie im umgekehrten Fall. Mir ist in diesem Zusammenhang auch meine Glaubwürdigkeit als Rezensent wichtiger als irgendein Schwachschädel, der glaubt, ich wäre neidisch auf ihn. Soll er doch. Und dann wieder unter seinen Stein kriechen und Mist schreiben. :lache


    Sorry, bin ein bißchen energetisch drauf - komme gerade von einer Sitzung mit meinem Lektor, der einige meiner Lieblingsstellen aus "Idiotentest" streichen will. :cry

  • Zitat

    Original von Tom
    Okay, differenzieren wir mal ein bißchen. Ich würde es Iris sagen, wenn ich ein Buch/Ms von ihr schlecht fänd, und das habe ich auch schon getan (nicht über etwas Veröffentlichtes), aber ich würd's nicht (mehr) in der Öffentlichkeit tun - da setzt dann die Freundschaft eine Grenze, die zu überschreiten schlicht Schwachsinn (und Selbstmord) wäre.


    Ich würde dir auch die Hammelbeine langziehen, du!


    Zitat

    Sorry, bin ein bißchen energetisch drauf - komme gerade von einer Sitzung mit meinem Lektor, der einige meiner Lieblingsstellen aus "Idiotentest" streichen will. :cry


    Mach ihm klar, daß sie unverzichtbar sind. Und grüß ihn schön von mir. :wave

  • Zitat

    Ich würde dir auch die Hammelbeine langziehen, du!


    So would I. :-]


    Zitat

    Mach ihm klar, daß sie unverzichtbar sind. Und grüß ihn schön von mir.


    Letzteres werde ich tun, bei ersterem muß ich ihm zu 80% zustimmen - die "inneren" Kommentare von Henry sind ein bißchen übertrieben. Aber mal eben knapp 30 Seiten den Bach runtergehen zu sehen, das ist schon hart. :grin


    BTW, und zum Thema zurückkehrend: Ich unterscheide stark zwischen Rezensionen - also Besprechungen eines "fertigen", veröffentlichten Textes - und der Kritik an einem im Entstehen begriffenen/noch überarbeitungsfähigen Text (und dann gibt es noch die dritte Stufe, gemeinsame Textarbeit, aber das ist ein völlig anderer Schuh). Bei ersterer geht es um den Eindruck, am Werk ist ja nichts mehr zu ändern. Bei zweiterem geht es stärker um den Hinweis auf vermeintliche Fehler/Unstimmigkeiten/Fundamentalprobleme. Natürlich kann auch ein solcher Text unrettbar sein und insofern die Nichtmehränderbarkeit (auf andere Art) mit dem fertigen Buch gemein haben. Irgendwas ist ja immer ...


    Ich wäre - und bin - niemandem böse, der meine Sachen schlecht findet. Natürlich freue ich mir den Arsch ab, wenn Leute meine Texte und insbesondere Bücher positiv besprechen - "Radio Nights" hat 17 amazon-Rezis mit 5 und 2 mit 4 Sternchen, am geilsten fand ich eine Kritik in irgendeinem schweizer Nachrichtenmagazin, wo RN überaus positiv bewertet wurde und gleich nebendran das von EH empfohlene "Ein alter Traum von der Liebe" abgestraft wurde. Aber es gibt auch - hier und da im Netz versteckt - Besprechungen von Leuten, die das Buch eher lapidar und viel zu linear fanden - hier (im Eulenforum) haben sich übrigens auch nicht alle positiv geäußert! Damit muß ich leben, ich kann es gut; ich könnte es auch, wenn diese Besprechungen von werten Kollegen stammen würden (dann könnte ich sogar noch besser damit leben). Bücher und Texte lösen Meinungen aus, verschiedene Meinungen. Ich höre alle gerne, nehme sie zur Kenntnis, und die negativeren lösen einen Denkprozeß aus, an dessen Ende möglicherweise eine Verbesserung meiner Schreibe steht - umso mehr, wenn sie von Leuten kommen, bei denen ich einschätzen kann, daß es entsprechendes Backing gibt.