Titel: Nachttankstelle
Autor: Tom Liehr
Verlag: Rowohlt
Erschienen: September 2015
Seitenzahl: 384
ISBN-10: 3499269821
ISBN-13: 978-3499269820
Preis: 9.99 EUR
Das sagt der Klappentext:
Uwe Fiedler ist 38, chronisch migränekrank und ein netter Langweiler. Sein Leben ist eine einzige Übergangslösung, die Karriere stagniert auf niedrigstdenkbarem Niveau: Er schiebt Nachtschichten an einer Tankstelle. Weil es praktisch ist und sich so ergeben hat, lebt Uwe noch mit seiner Exfreundin zusammen. Die will das nicht mehr und zwingt Uwe überraschend, seine Komfortzone zu verlassen. Erschüttert und wohnungssuchend lernt er zwei Menschen kennen, die sein Leben noch gründlicher ändern: Jessy, die mysteriöse Tresenkraft einer Neuköllner Gardinenkneipe, und Matuschek, ein Hedonist sondergleichen. In Jessy verliebt Uwe sich, Matuschek wird sein Mentor - und leider auch ziemlich schnell sein Rivale.
Der Autor:
Tom Liehr, geboren 1962 in Berlin, war Redakteur bei P.M., 1990 Sieger und Drittplazierter des ersten "Playboy-Literaturwettbewerbs", seither diverse Veröffentlichungen in Anthologien und Zeitschriften. Langjähriger Vorsitzender der "42erAutoren". Zwischenzeitlich tätig als Computerverkäufer, Unternehmensberater, Rundfunkproduzent und Diskjockey. Seit 1998 Besitzer eines Unternehmens für Softwareentwicklung. Er lebt in Berlin.
Meine Meinung:
Ein beeindruckender Roman, ein zutiefst menschliches Buch. Vielleicht ist die erzählte Geschichte einfach nur banal, aber da das Leben in der Regel eine Aneinanderreihung von Banalitäten ist, gehört schon größes erzählerisches und schriftstellerisches Können dazu, diese Banalitäten so zu schildern, das sie ein beeindruckendes Ganzes ergeben.
Begeistert hat mich die Authenzität der handelnden Personen. Es sind Menschen, wie wir ihnen jeden Tag begegnen, Menschen ohne künstliche Attribute oder mit ausgelutschten Romanklischees ausstaffiert. Und es gehört schon eine großes Maß an Empathie dazu, das dann auch zu Papier bringen zu können.
Dieser Roman ist an keiner Stelle langweilig oder beliebig. Ganz und gar nicht. Das liegt sicher auch daran, dass hier einiges mit einem Augenzwinkern geschrieben wurde, andere Stelle wiederum bedienen sich eines freundlichen Zynismuses, immer mal wieder wird eine winzige Prise Nostalgie über das Ganze gestreut. Es ist diese – man kann wirklich sagen – perfekte Mischung, die diesen Roman zu wirklich schönen Leseerlebnis werden lässt.
Und auch die paar Tropfen leiser Melancholie und Traurigkeit sind so dosiert, dass der Roman nicht in triviale Sentimentalitäten abgleitet. Das Buch hat von vielen Dingen etwas, die Dosierung ist dem Autor hundertprozentig gut und glaubwürdig gelungen.
Und nach der Lektüre der „Nachttankstelle“ wurde mir wieder schlagartig klar, warum mich die Romane von Tom Liehr immer wieder neu begeistern. Ein Autor der sich nicht wiederholt, dessen Ideenreichtum schon bewundernswert ist und dessen Bücher einfach Freude machen. Bücher denen man viele Leser wünscht. Ein Autor der realistisch schreibt, der aber nicht den Fehler macht dabei mit dem erhobenen Zeigefinger herumzulaufen.
Auch in diesem Buch wird das Leben so beschrieben wie das Leben halt ist. Nicht immer schön aber eigentlich doch ganz lebenswert.
Fazit: Ein beeindruckender Roman, eine „Geschichte die das Leben geschrieben haben könnte“ - die aber dann von Tom Liehr aufgeschrieben wurde (hätte er das nicht gemacht, hätte etwas gefehlt) – ein unbedingt lesenswertes Buch, nicht schulmeisterlich oder moralisierend – einfach nur ein wunderbares Buch, das man sich erst dann ins Regal stellen sollte wenn man es gelesen hat – und lesen sollte man es. 10 Eulenpunkte.