Mauersegler - Christoph Poschenrieder

  • Mauersegler
    Christoph Poschenrieder
    Diogenes
    ISBN: 3257069340
    224 Seiten, 22 Euro

    Über den Autor: Christoph Poschenrieder, geboren 1964 bei Boston, studierte an der Hochschule für Philosophie der Jesuiten in München. Danach besuchte er die Journalistenschule an der Columbia University, New York. Seit 1993 arbeitet er als freier Journalist und Autor von Dokumentarfilmen. Heute konzentriert er sich auf das literarische Schreiben. Sein Debüt ›Die Welt ist im Kopf‹ mit dem jungen Schopenhauer als Hauptfigur erhielt hymnische Besprechungen und war auch international erfolgreich. Mit ›Das Sandkorn‹ war er 2014 für den Deutschen Buchpreis nominiert. Christoph Poschenrieder lebt in München.

    Kurzbeschreibung: Fünf ältere wohlsituierte Herren, die Angst vor dem Verlust der Selbstbestimmung im Alter haben, gründen eine Alten-WG. Sie haben ihre Kindheit zusammen verbracht und sich auch in ihrem Berufsleben nicht aus den Augen verloren. Ihre letzten Jahre wollen sie mit gutem Wein und Zigarren verbringen, statt in einer Seniorenresidenz in Hausschuhen Malventee und Breikost serviert zu bekommen. In ihrer WG gibt es eine Absprache; wenn die Zeit gekommen ist, gibt es einen letzten Freundschaftsdienst, der geleistet werden muss…

    Meine Meinung: Zitat: „Seltsam. Alle haben Angst vor dem Tod, aber keiner macht sich Gedanken, wo er vor seiner Geburt gewesen ist. Wohin die Lebensreise führt, scheint so viel wichtiger, als die Frage, woher wir kommen. Die Unendlichkeit vorher – ohne mich – kann doch wohl genauso wenig schrecklich sein, wie die Unendlichkeit nachher – ohne mich. Oder?“

    Diese philosophische Frage stellt sich Carl am Anfang des Buches. Er, der gealterte Journalist und Mitbewohner dieser ungewöhnlichen Wohngemeinschaft, ist der Erzähler dieses Romans, der sich mit dem Thema Altern und Sterben auseinander setzt. Die Idee für solch eine Alten-WG schwelt schon einige Zeit bei den alten Herren und irgendwann machen sie es wahr. Sie können es sich schließlich leisten und so ziehen sie in eine Villa mit Seeblick und genießen fortan ihre Zeit. Doch natürlich lässt sich der körperliche Verfall nicht aufhalten und so berichtet Carl, wie jeder von ihnen auf eine andere Art und Weise nachlässt. Sie sind sich alle einig, so selbstbestimmt, wie sie am Schluss gelebt haben, soll auch ihr Tod werden und so tüftelt Ernst, der ehemalige Software-Unternehmer ein Computer-Programm aus, das ihnen weiterhelfen soll. Das „Todesengel-Programm“.

    Die Erzählweise ist geprägt von einem Humor, den man manchmal durchaus als Galgenhumor bezeichnen könnte. Carl und seine Freunde haben alles erreicht, was sie erreichen wollten und aufgrund ihrer Abmachung nichts zu verlieren. Und so steuern sie mit einer Art Gelassenheit auf ihr unvermeidliches Ende zu und haben durch den Schutz ihrer Freundschaft, durch die Gewissheit, sich in einem geschützten Bereich aufzuhalten, die Freiheit, das Leben und das Sterben mit Humor zu sehen.


    Trotzdem ist „Mauersegler“ kein Buch, das sich über das Altern lustig macht. Oft sind auch leise Töne zu finden, werden nachdenklich stimmende Gedanken geäußert. Die philosophischen Denkansätze, die interessante Handlung und die etwas ungewöhnliche Herangehensweise an einen nicht zu unterschätzenden Lebensabschnitt, dessen unvermeidliches Kommen wir nur allzu gern weit von uns schieben, machen dieses Buch so lesenswert. 10 Eulenpünktchen von mir dafür.