Liebten Wir - Nina Blazon

  • Liebten wir
    Nina Blazon
    Ullstein
    ISBN: 3548285775
    560 Seiten, 9,99 Euro


    Über die Autorin: Nina Blazon, geboren 1969 in Slowenien, studierte Slawistik und Germanistik in Würzburg und lebt inzwischen in Stuttgart, wo sie als freie Journalistin, Autorin und Texterin arbeitet. Nina Blazon ist Autorin zahlreicher Jugendromane. Sie wurde mit dem Deutschen Phantastikpreis und dem Wolfgang-Hohlbein-Preis ausgezeichnet.


    Buchrückentext: Verstohlene Blicke, versteckte Gesten, die Abgründe hinter lächelnden Mündern: Fotografin Mo sieht durch ihre Linse alles. Wenn sie der Welt ohne den Filter ihrer Kamera begegnen soll, wird es kompliziert. Mit ihrer Schwester hat sie sich zerstritten, von ihrem Vater entfremdet. Umso mehr freut sich Mo auf das Familienfest ihres Freundes Leon. Doch das endet in einer Katastrophe. Mo reicht es. Gemeinsam mit Aino, Leons eigensinniger Großmutter, flieht sie nach Finnland. Eine Reise mit vielen Umwegen für die beiden grundverschiedenen Frauen. Als Mo in Helsinki Ainos geheime Lebensgeschichte entdeckt, ist sie selbst ein anderer Mensch.


    Meine Meinung: Der Roman beginnt mit einer kleinen Katastrophe: Moira, die sich schon lange darauf gefreut hat, die Familie ihres neuen Freundes kennenzulernen, scheint dort aber auch alles falsch zu machen, was man überhaupt falsch machen kann. Als sie meint, es könne gar nicht mehr schlimmer kommen, wird ihr das Gegenteil bewiesen und sie verlässt Freund und Familie. Doch sie hat nicht mit Aino gerechnet, der Großmutter ihres Freundes. Aino klebt an ihr wie Pech und überredet sie, mit ihr nach Finnland zu fahren, damit sie einmal noch ihre alte Heimat wiedersehen kann…


    Wer nun einen amüsanten Road-Trip und leichte Sommerlektüre erwartet, der dürfte ein wenig enttäuscht sein, denn weder Moira noch Aino haben es in der Vergangenheit jemals leicht gehabt und so ist auch die Geschichte um die beiden weder überflächlich noch leichte Unterhaltung.
    Nach und nach lernen sich die beiden Frauen kennen und nach und nach wird ihre Geschichte offenbar. Der Roman ist geprägt von ernsten Themen. Moira ist traumatisiert von bestimmten Erinnerungen ihrer Kindheit und auch Aino trägt so einiges mit sich herum. Jede für sich hat gelernt, ihre seelischen Qualen zu kompensieren, doch die Freundschaft, die sich langsam zwischen den beiden unterschiedlichen Frauen entwickelt, bringt auch lang verschüttete Erinnerungen und Gefühle an den Tag.


    Ich habe mit den beiden Figuren gelitten und gelacht, aber immer war die Last zu spüren, die sie zu tragen hatten und so fühlte auch ich mich als empathische Leserin beim Lesen dieses Buches immer ein wenig bedrückt. Somit ist es Nina Blazon mit ihrem Stil, den ich häufig als ein bisschen zu ausschweifend empfunden habe, mich fühlen zu lassen, was ihre Protagonisten erlebten. Die Geschichte ist sehr komplex, der Roman weist einige Längen auf und hätte mir etwas gestrafft noch besser gefallen. Von mir 7 Eulenpünktchen für eine etwas bedrückende Familiengeschichte mit sehr interessanten Hauptfiguren.

  • Danke für diese schöne Rezi, Eskalina. Sieht so aus, als hätten wir Liebten wir fast gleichzeitig gelesen ohne voneinander zu wissen.


    Ich kann mich dem, was du schreibst, anschließen. Ein ziemlich rasanter Anfang, eine Zeitlang scheint es so ein "Thelma-and-Louise-Ding" mit geriartrischer Komponenete zu werden, verwandelt sich jedoch und wird ruhiger als zunächst zu erwarten war.


    Etwas, das mir ausgesprochen gut gefallen hat, war der geschliffene, trockene, oft auch bitterböse Humor, der sich besonders in den Dialogen zwischen Moira und Aino zeigt. Die knackigen Dialoge setzen der Melancholie und Düsternis etwas entgegen, so dass ich oft grinsenund manchmal laut lachen musste.


    Dieser Roman ist in sich stimmig und fernab aller romantischen Klischees. Es wird zwar auch mit klischeehaften Gegenständen wie z.B. alten Foto-Alben, Briefen und Schmuckstücken hantiert und jongliert, jedoch nicht ohne ironische Randbemerkungen. Die harten Themen werden nicht ausgelassen und auch nicht verniedlicht. Trotzdem ist es nicht so, dass sich die Protagonistinnen nun ständig in Selbstmitleid und Gejammer suhlen. In Moiras Gedanken schwingt immer auch eine erfrischende Selbstironie mit und die kauzige, zerbrechliche über 80-jährige Aino überrascht immer wieder mit ihrer wilden Entschlossenheit, ihrem barschen Ton und ihren verrückten Handlungen. Musik, Tanz und viele kleine Szenen voller Wärme und Herzlichkeit, durchziehen die erzählte(n) Geschichte(n) ebenso wie das das Dunkle und Traurige, das sowohl Aino als auch Moira erleben und in der Vergangeheit erlebt haben.


    Faszinierend war für mich auch, mitzuerleben, was zwischen Moira und ihrer (einzigen) Schwester passiert. Manches so hart, dass ich unwillkürlich die Luft anhielt. Doch gerade das, was anfangs so krass und unverständlich wirkt, letztendlich verstehen zu lernen, mitzufühlen, Hoffnung zu entwickeln, aber auch Grenzen akzeptieren zu müssen, macht eine der Stärken dieses Romanes aus und unterscheidet ihn wohltuend von der einer gewissen Sorte klischeehafter, romantischer Selbstfindungsromane.


    Die Schreibe der Autorin gefällt mir. Ihre gute Beobachtungsgabe, das feine Gefühl für das Ungesagte sowie der Blick für die kleinen Ungereimtheiten in den Bewegungen und Handlungen ihrer Figuren sorgen dafür, dass alle Figuren sehr echt wirken. Auch die Kunst, ihre Bilder voller Farben und Nuancen stark zu verdichten, machten das Lesen für mich zu einem intensiven Erlebnis.
    Helsinki, das ich der Literatur und in nordischen Krimis oft als reizlose, hässliche Stadt nur knapp beschrieben vorfand, entsteht hier im Kopfkino des Lesers mit sehr vielen Facetten, da es aus dem Blickwinkel einer leidenschaftlichen Fotografin gesehen wird. Dabei fängt sie sowohl das Flirrende, Leichte, Bunte ein als auch Hässliche, Öde und Klotzige. Diese Beschreibungen hatten für mich einen ganz besonderen Reiz, da sie mir Helsinki näher brachten, sowohl das Aussehen als auch das Lebensgefühl der Menschen, die dort leben. Diese Art von "Längen" ließ ich mir gerne gefallen, da sie für Stimmung und Atmosphäre dieses Romanes von Bedeutung sind und sich für mich einfach richtig anfühlten.


    Ein intensiver Roman, der anfangs temporeich und vollerschwarzem Humor daherkommt, ist nicht unbedingt als locker-flockige Urlaubslektüre geeignet ist, da er ruhiger wird und in die Tiefe geht. Doch der selbstironische, leise Humor, die knackigen Dialoge und der manchmal freche Stil der Autorin sorgen dennoch für gute Unterhaltung.
    Nina Blazon lässt ihren Figuren Zeit, sich zu entwickeln. Im Mittelteil wirkte der Roman zeitweise verworren und verknäuelt, doch habe ich mich dabei nicht gelangweilt. Dank einiger unvermuteter Wendungen kommt er immer wieder in Fahrt. Nach und nach klärten sich die Fragen, die Stränge wurden entwirrt, verknüpften sich und fügten sich zu einem Ganzen.
    Den Schluss empfand ich als gut dosiert.


    So konnte ich dieses Buch mit einem zufriedenen Gefühl zuklappen, denn ich hatte das Gefühl, dass die Geschichte abgeschlossen ist, und doch das eine oder andere offen bleibt, so wie im echten Leben auch.


    Ich glaube, dieser Roman wird noch eine Weile in mir nachklingen.


    9/10 Eulenpunkten

  • Wie schön, dass es schon zwei so treffende Rezi zu dem Buch gibt. Ich war so unschlüssig, was ich schreiben sollte, da kann ich mich jetzt nur kurz anhängen. :grin
    Da hätten wir ja fast eine Leserunde machen können... :lache


    Der Anfang hat mich gefesselt und ich fand besonders Mos Sicht auf ihre Mitmenschen durch ihre Kamera faszinierend. Die Reise zusammen mit Aino nach Finnland war zu Beginn noch schräg-kurzweilig, aber irgendwann fand ich sie immer wieder eher öde und leicht verworren. Doch trotzdem wollte ich immer wissen, wie die Geschichte weitergeht.


    Von mir bekommt das Buch 7 Punkte.

  • Ullstein Buchverlage


    Die Autorin


    Nina Blazon wurde 1969 in Koper bei Triest geboren und wuchs in Neu-Ulm auf. Sie las schon als Jugendliche mit Begeisterung Fantasy-Literatur. Selbst zu schreiben begann sie während ihres Germanistik-Studiums, bevor sie den Fantasy-Jugendroman Im Bann des Fluchträgers schrieb, der 2003 mit dem Wolfgang-Hohlbein-Preis und 2004 mit dem Deutschen Phantastik-Preis ausgezeichnet wurde. Seither haben Nina Blazons Bücher zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Die erfolgreiche Jugendbuchautorin lebt derzeit in Stuttgart.


    Liebten wir


    Moira liebt das Fotografieren. Nach zahlreichen anderen Versuchen, hat sie hier ihre Bestimmung gefunden. Mit ihrer Kamera fängt sie von kleinen Gesten, über verstohlene Blicke, bis hin zu den tiefsten Abgründen alles ein. Allerdings bekommt sie Schwierigkeiten, wenn sie ohne ihre Kamera in die Welt blicken soll. Ihre Familie ist zerstritten, ihre Mutter früh gestorben, mit ihrer Schwester versteht sie sich nicht, von ihrem Vater hat sie sich schon lange entfremdet. Doch auf einem Familienfest ihres Freundes Leon endet dies in einer Katastrophe. Nun hat Mo endgültig die Nase voll. Gemeinsam mit Leons Großmutter Aino, flüchtet sie vor ihren Problemen nach Finnland.


    Fazit


    Ein interessanter Roman, welcher das Debüt von Nina Blazon in diesem Romangenre bildet. Ich persönlich finde es, im Gegensatz zu zahlreichen wunderbaren Jugendromanen, welche mich mit Nina Blazon bekannt gemacht haben, ein wenig schwierig und gewöhnungsbedürftig. Die Protagonistin Mo ist nicht ganz einfach, ihre Familienverhältnisse sind durch den frühen Tod ihrer Mutter eher schwierig und auch das Verhältnis zu Vater und Schwester eher weniger gegeben. Dies hängt einerseits mit den ständig wechselnden Freundinnen ihres Vaters zusammen, aber auch mit dessen Desinteresse. Als sie dann ihren Freund Leon und dessen große Familie kennenlernt, scheint es für sie ein Glücksgriff zu sein. Doch da Mo nie geordnete Familienverhältnisse kennengelernt hat, fällt es ihr schwer sich zurecht zu finden. Allerdings stößt sie auch hier auf Ablehnung und reagiert mit Wut und Verzweiflung. Ihre Hoffnung liegt nun auf Leons Großmutter Aino.


    Den Schreib- und Erzählstil des Romans empfand ich als schwierig und kompliziert. Vor allem die verschachtelten Sätze bereiteten mir zunehmend Schwierigkeiten beim Lesen. Das Lesevergnügen wollte sich einfach nicht einstellen. Vor allem die vielen Landschafts- und Charakterbeschreibungen im Roman fand ich passend und auch die Geschichte von Aino weckte mein Interesse am Geheimnisvollen. Allerdings die Dialoge und Gespräche fand ich anstrengend und an einigen Stellen auch ein wenig unpassend. Es schien als wären die Menschen in Blazons Roman alle Einzelkämpfer, welche es sich nicht leisten könnten, andere Menschen in ihr Umfeld zu lassen.


    Alles in allem meines Erachtens ein nicht so gelungener Roman der sonst so begnadeten Autorin. Im Roman vermisste ich teilweise auch einige Verbindungen, gewissermaßen den „Roten Faden“, wie man so schön sagt. Es blieben am Ende noch einige Fragen offen und ich fühlte mich des Öfteren als Leser außenvor, da ich immer wieder aus der Geschichte „herausgeworfen“ wurde und Dinge nicht verstand.


    http://immer-mit-buch.blogspot…bte-ich-leider-nicht.html

  • Hallo liebe Eulen :wave


    Auch ich habe diesen Roman gestern beendet und möchte mich LieLu anschließen.


    Liebten Wir ist gewöhnungsbedürftig. Anfangs hat es mir noch gut gefallen. Die detaillierten Beschreibungen zum Thema Fotografie haben mir gut gefallen. Auch Mo und Aiona mochte ich von Anfang an. Der Stil des Buches, die vielen geschichtlichen Details und die finnischen Namen sind auf Dauer aber eher mühsam zu lesen gewesen. Meine Begeisterung hat zusehends nachgelassen und so gebe ich dem Buch 5 Eulenpunkte.


    Liebe Grüße


    Finnia