Im Frühling sterben - Ralf Rothmann

  • Gebundene Ausgabe: 234 Seiten
    Verlag: Suhrkamp Verlag; Auflage: 4 (20. Juni 2015)
    ISBN-13: 978-3518424759
    Preis Gebundene Ausgabe: Euro 19.95
    Preis Kindle E-Book: Euro 16.99


    Autor


    Ralf Rothmann wurde am 10.05.1953 in Schleswig geboren und wuchs im Ruhrgebiet auf. Nach der Volksschule (und einem kurzen Besuch der Handelsschule) machte er eine Maurerlehre, arbeitete mehrere Jahre auf dem Bau und danach in verschiedenen Berufen (unter anderem als Drucker, Krankenpfleger und Koch). Er lebt seit 1976 in Berlin.


    Kurzbeschreibung/Klappentext


    Im Frühling sterben ist die Geschichte von Walter Urban und Friedrich – »Fiete« – Caroli, zwei siebzehnjährigen Melkern aus Norddeutschland, die im Februar 1945 zwangsrekrutiert werden. Während man den einen als Fahrer in der Versorgungseinheit der Waffen-SS einsetzt, muss der andere,Fiete, an die Front. Er desertiert, wird gefasst und zum Tod verurteilt, und Walter, dessen zynischer Vorgesetzter nicht mit sich redenlässt steht plötzlich mit dem Karabiner im Anschlag vor seinem besten Freund ...


    In eindringlichen Bildern erzählt Ralf Rothmann vom letzten Kriegsfrühjahr in Ungarn, in dem die deutschen Offiziere ihren Männern Handgranaten in die Hacken werfen, damit sie noch angreifen, und die Soldaten in der Etappe verzweifelte Orgien im Angesicht des Todes feiern. Und wir erleben die ersten Wochen eines Friedens, in dem einer wie Walter nie mehr heimisch wird und noch auf dem Sterbebett stöhnt: »Die kommen doch immer näher, Mensch! Wenn ich bloß einen Ort für uns wüsste ...«


    Meine Meinung


    Es ist das Frühjahr 1945 und wie wir alle wissen, waren das die letzten Monate des 2. Weltkriegs. Natürlich wussten die Protagonisten dieser Geschichte dies damals noch nicht aber sie konnten es zumindest erahnen. Die Amerikaner erobern von Westen her Stück um Stück des Deutschen Reiches und die Russen drängen von Osten gegen Deutschland. Die offizielle Nazi-Propaganda konnte so viele falsche Tatsachen verbreiten wie sie wollte, im einfachen Volk streuten sich die Gerüchte nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches rasend schnell. Diejenigen jungen Männer samt deren Familien die nicht komplett verblendet waren sondern das ganze realistisch einschätzen konnten, melden sich nicht mehr freiwillig zum Kriegsdienst. Warum sein Leben jetzt noch aufs Spiel setzen? In einem Krieg als Erster zu sterben ist genauso idiotisch wie als Letzter.


    Die beiden 17-jährigen Hauptfiguren Walter Urban und Friedrich genannt Fiete Caroli sind einfache Melker auf einem Bauerngut in Norddeutschland. Einer List eines Rekrutierungsbüros auf den Leim gehend, finden sich die beiden unbedarften Landjungen plötzlich in der Grundausbildung der Waffen-SS wieder und sie werden nach Ungarn beordert. Die beiden haben dennoch etwas Glück im Unglück. Sie werden den Versorgungstruppen zugeteilt und somit sind sie nicht ganz zuvorderst an der Front sondern etwas zurückversetzt. Eine grosse Dummheit mit Fahnenflucht von Fiete bringt Walter vor eine schlaflose Nacht und schwierigste Entscheidung seines jungen Lebens!


    Der Schriftsteller Ralf Rothmann lässt sich vom Inhalt mit den Kriegswirren nicht nervös machen und schreibt mit ruhiger Hand die Geschichte nieder. Unaufgeregt und mitfühlend schreibt er in sich Ruhend von den beiden arglosen Jugendlichen inmitten vom barbarischen Wahnsinn und irregeleiteter Verblendung. Der Handlung ist recht einfach gehalten und ich empfand die Geschichte als eindringlich aber jederzeit als gut lesbar. Man könnte sagen, sie ist massentauglich. Die Personenzeichnungen empfinde ich nicht in jedem Fall als gelungen und sie hätten etwas mehr Facetten und Tiefenschärfe vertragen können. Erwähnenswert das der Autor auf billige Effekthascherei durch unnötige Actionszenen verzichtet.


    Ein Antikriegsroman mit Niveau der die Grausamkeit des Krieges fein erzählt. Wertung: 8 Eulenpunkte

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Aufgrund der Empfehlung meines Buchhändlers liegt das Buch schon hier. Ich bin sehr gespannt und freue mich nach dieser Rezension umso mehr drauf. :wave


    Hast du das Buch mittlerweile gelesen?

    "There is beauty in imperfections. They made you who you are. An inseparable piece of everything…" Arcane

  • Im Frühling sterben
    Rolf Rothmann


    Inhalt und meine Meinung


    Der Roman beginnt mit Walter Urbans Sohn, der vom Leben und Sterben seines Vaters berichtet. Es ist ein schweigender Vater. Ernst und schwermütig, dennoch von allen geschätzt, kaum einer streitet mit ihm. Von der schweren Arbeit unter Tage früh gealtert, krank und zum Alkoholiker geworden, versucht sein Sohn, ihm näherzukommen. Es wird nicht ausdrücklich gesagt, aber ganz offensichtlich kennt der Sohn die Kriegserlebnisse des Vaters. Und der Vater gibt ihm indirekt den Auftrag, diese Geschichte zu erzählen. „Du bist doch der Schriftsteller“.
    Walter Urban war zusammen mit seinem besten Freund Fiete Caroli als Melker auf einem großen Gut in Norddeutschland. Jeder, der nicht völlig verblendet war, wusste: der Krieg ist verloren. Auch die beiden Jungs wissen das genau und können sich doch der unfreiwilligen Rekrutierung durch die Waffen SS nicht entziehen. Drei Wochen dauert ihre Grundausbildung und danach werden sie nach Ungarn geschickt, wo die Front bereits zusammenbricht. Walter hat Glück. Er hat den Führerschein gemacht und kann als Fahrer bei einer Versorgungseinheit Dienst tun. Fiete muss an die Front.
    Unaufgeregt und immer aus der etwas naiven Sicht des Jungen Walter berichtet Rothmann von den letzten Kriegswochen, den sinnlosen Durchhaltebefehlen und den unmenschlichen Aktionen der Waffen SS. Für mich ist das Durchhalten dieser noch etwas kindlichen, fast ungläubigen Perspektive die größte Stärke des Buches. Denn auch diese in den Krieg gejagten Kinder machen sich schuldig, können der Kriegsmaschinerie nicht entgehen und bleiben mit ihren Erlebnissen allein.
    Ein Buch zu einem schon häufig beschriebenen Thema, das wegen seiner besonderen Perspektive und der eindringlichen Sprache doch das Lesen lohnt.
    8 Eulenpunkte

  • Im Frühling sterben - Ralf Rothmann


    Mein Eindruck:

    Endlich habe ich es mal geschafft, Ralf Rothmanns Roman von 2015 zu lesen. Im Frühling sterben beschreibt wie zwei 17jährige 1945 noch in den Krieg eingezogen werden und das Ende des Kriegs miterleben. Aber nur einer der beiden überlebt.


    Es ist so, dass der Protagonist die Eckdaten von Rothmann eigenen Vater teilt, auch wenn der Text ansonsten wahrscheinlich fiktiv ist.


    Rothmann schildert die Ereignisse sachlich, so wie auch seine Figuren relativ ruhig bleiben. Es ist dennoch keine emotionslose Erzählweise, da Rothmann offensichtlich den verschütteten Gefühlen der Beteiligten auf der Spur ist. Außerdem trägt der Erzählstil zur hohen Glaubwürdigkeit des Textes bei.


    ASIN/ISBN: 3518466801