Couchsurfing im Iran - Meine Reise hinter verschlossene Türen
Broschiert: 240 Seiten
Verlag: Malik
Erscheinungsdatum: 9. März 2015
Sprache: Deutsch
Preis: 14,99 €
Kindle-Edition: 11,99 €
Klappentext:
Es ist offiziell verboten. Trotzdem reist Stephan Orth als Couchsurfer kreuz und quer durch den Iran, schläft auf Dutzenden von Perserteppichen, erlebt irrwitzige Abenteuer - und lernt dabei ein Land kennen, das so gar nicht zum Bild des Schurkenstaates passt. Denn die Iraner sind nicht nur Weltmeister in Sachen Gastfreundschaft, sondern auch darin, den Mullahs ein Schnippchen zu schlagen.
Eine Bikiniparty in der Pilgerstadt Mashhad, eine Übernachtung neben dem Atomkraftwerk Bushehr, ein Sadomaso-Geheimtreffen in Teheran: Im Iran erlebt Stephan Orth Abenteuer, die kein Reiseveranstalter jemals in seinen Katalog schreiben würde. Als Couchsurfer tauscht er Hotel gegen Privatquartier und lernt das Land so von seiner ganz privaten Seite kennen. Denn hinter verschlossenen Türen fällt der Schleier und mit ihm die Angst vor den Sittenwächtern. Ob beim Rotwein-Besäufnis mit einem persischen Prinzen oder bei einem Wohnzimmer-Date mit versammelter Großfamilie, im stinkenden Schmugglerbus oder im rasenden Kleinwagen: Jede neue Begegnung fügt sich als Puzzleteil ein in das Gesamtbild eines Landes, dessen Realität komplett anders ist, als die Klischees vermuten lassen. Und schließlich werden noch zwei der letzten Geheimnisse aufgedeckt: wie die Einheimischen es anstellen, in einer Apotheke Wodka zu kaufen – und warum sie die unsägliche Popgruppe Modern Talking so lieben. Ein mitreißend erzähltes Buch über die kleinen Freiheiten und großen Sehnsüchte der Iraner.
Sehenswert: Ausschnitte aus dem Buch, viele Fotos und einige kleine Videos kann man auf Travelepisodes lesen und anschauen.
Über den Autor:
Stephan Orth, Jahrgang 1979, studierte Anglistik, Wirtschaftswissenschaften und Psychologie an der Universität Wuppertal (MA). Danach Master of Journalism an der Queensland University of Technology in Brisbane in Australien. Es folgten Praktika und freie Mitarbeit bei "Courier Mail", "Time Off", 4EB Radio (alle Australien), "Max", "Unicum", "Westdeutsche Zeitung" und "Coolibri". Ab Februar 2007 war er Volontär bei SPIEGEL ONLINE, seit August 2008 ist er als Redakteur im Reise-Ressort tätig. "Couchsurfing im Iran" ist nach "Sorry, wir haben die Landebahn verfehlt" (2010), "Sorry, ihr Hotel ist abgebrannt" (2011), "Sorry, wir haben uns verfahren" (2012) und "Opas Eisberg: Auf Spurensuche durch Grönland (2015)" sein fünftes Buch.
Seit 2003 ist Stephan Orth bereits als Couchsurfer unterwegs, hatte Besucher aus aller Welt und traf Gastgeber in mehr als dreißig Ländern.
Meine Meinung:
Iran taucht in meinen Reisezielen nicht auf, obwohl mir als Karl-May-Leserin schon einige Male der Gedanke gekommen ist, dass diese Gegend sehr sehenswert sein könnte. Aber wer will schon, besonders als Frau, zu furchteinflössenden, schwarzgewandeten, religiösen Fanatikern reisen. So lautete meine Meinung über den Iran und die Iraner, die durch die entsprechende Berichterstattung in den Medien geprägt ist. Stephan Orths Buch über Couchsurfing im Iran hat mit einigen dieser Vorurteilen aufgeräumt. Auf der einen Seite gibt es zwar den Überwachungsstaat, der seinen Einwohnern eine Religion und Lebensweise vorschreibt, auf der anderen Seite sind da aber noch die Menschen und ihre Leben, die so gar nicht unseren Vorstellungen entsprechen.
"Couchsurfing im Iran" ist kein besonders gut geschriebenes Buch. Manche Formulierungen hätten gerne noch überarbeitet werden dürfen oder ... vielleicht auch nicht, denn es ist auch ein sehr persönliches Buch, das die Erfahrungen, Eindrücke und Erlebnisse eines 36jährigen Mannes weitergibt und gerade durch seine sprachlichen Eigenheiten auch sehr persönlich beim Leser ankommt. Manchmal liest es sich wie eine Aneinanderreihung von Begebenheiten, aber Stephan Orth vergisst nicht, uns zwischendurch mal an seinen Gefühlen teilhaben zu lassen, wenn er Angst hat, weil er von der Polizei verhört wird, wenn er Magen-Darm-Probleme hat, wenn ihm bei manchen Situationen einfach mulmig zumute oder wenn ihm einfach nur irre heiß ist. Trotzdem wahrt das Buch eine gewisse Distanz, persönliche Urteile über die Menschen, die er trifft, fällt er nicht und er verrät uns auch nicht, wie er zu den Frauen steht, denen er begegnet, da ist er ganz Gentleman. Er reflektiert seine Erlebnisse, zieht Schlüsse und bringt den Leser so dazu, sein Bild vom Iran abzuwandeln. Meines ist jetzt auf jeden Fall sehr viel bunter und nicht mehr ausschließlich ins deprimierende Schwarz der Mullahs gewandet.
Vielen jungen Iranern ist es ein Anliegen, der restlichen Welt ihre Heimat und ihre Landsleute näherzubringen. Einige Studenten haben dazu im Mai 2014 ein Video "Happy Teheran" gedreht und auf youtube veröffentlicht, in dem sie zu Pharrell Williams Song "Happy" singen und tanzen. Nur wenige Tage nachdem es online gegangen war, wurden die Studenten verhaftet und zu 6 Monaten Haft und 91 Peitschenhieben verurteilt. Die Strafe ist zur Bewährung ausgesetzt und wird nicht vollzogen, wenn sie sich in den nächsten drei Jahren nichts zuschulden kommen lassen. Wenn man Orths Buch gelesen hat, dann versteht man, dass das nach europäischen Standards fast unmöglich wäre. Deswegen finde ich, sind wir es diesen jungen Leuten fast "schuldig" langsam wieder die Menschen hinter der eindimensionalen Medienberichterstattung zu entdecken, zu hinterfragen und uns keine Meinung diktieren zu lassen. Schließlich haben wir hier die Freiheit, das in aller Öffentlichkeit zu tun. "Couchsurfing im Iran" kann uns dabei helfen. Deswegen ist es in meinen Augen ein sehr wichtiges Buch und bekommt von mir 10 Punkte und absolute Leseempfehlung.