Elisa Schwarz - Eigentlich...
Inhalt:
Eigentlich...will Cameron in ein paar Tagen heiraten.
Eigentlich...will er mit seinen Kumpels nicht mehr in diesen Club.
Eigentlich...hat er sich auch noch nie für Männer interessiert.
Doch die Begegnung mit dem Edelcallboy Chris erschüttert seine Welt in ihren Grundfesten. Cameron ist gezwungen so einiges zu überdenken. Ein Glück, dass er treue Freunde hat, die ihm zur Seite stehen. Denn eigentlich...weiß er ganz genau, was er will! Aber kann er auch bekommen, was er sich wünscht?
Meine Meinung:
Zur Handlung sagt die Kurzbeschreibung schon sehr viel; Camerons Junggesellenabschied stürzt ihn in die Frage, ob er hetero, homo oder bi ist und was er denn in ein paar Tagen bei der Hochzeit mit Kati nun sagen soll - oder ob er Chris wiedersehen will...
Cameron, im ersten Teil des Buchs 33, im zweiten Teil des Buchs 36 Jahre alt, Anwalt, der sich sehr toll vorkommt, aber eine Sprache an den Tag legt, die...hm...wie beschreibt man das...ich machs etwas länger:
In seinen Gedanken bspw. "Fick dich selbst, scheiß Betrüger, ehrlich wahr!" (S. 257) Wobei "ehrlich wahr", "krass", die "Schlagmänner" seines Herzens und diverse andere Wiederholungen, meist eher aus dem Jargon um Arsch und Fucking shit und ähnliches, das Lesevergnügen für mich sehr trüben, weil es permanent zu Wiederholungen davon kommt.
Wie ein Anwalt drückt sich Cameron in keiner Sekunde aus, wie er mit seinem Chef redet, na ja, wie er allgemein redet und denkt, weckt in mir ehrlich gesagt nicht den Drang ihn irgendwie zu mögen. Seines Alters entsprechend redet und denkt er auch nicht.
"Die kleine Kati-Katze. Lieb sie ja doch irgendwie!" (S. 90) [wobei Kati-Katze auch sowas ist, was sehr oft wiederholt wird]
"Was er nicht verstanden hat, dass ich ihn krass fett angelogen hab, als es um Chris ging." (S. 378)
Er wirkt sehr gleichgültig, extrem unreif und ist sehr impulsiv und schnell auf der Palme, will seinen Freunden dann gerne auch mal eine reinhauen, wenn ihm was nicht passt - kurz, wirkte auf mich eher wie ein 3-Jähriger, der sein Lieblingsspielzeug nicht haben kann bis hin zu dem, was im Buch so oft geschriebn wird, weil er es von anderen denkt - einem Arsch. Andererseits ist er regelrecht abhängig von Chris' Blicken, Nähe, etc., ohne, dass es da außer, dass er ihn so toll findet jetzt erstmal auf emotionaler Basis gar keinen Grund für gibt, was auch wieder absolut nicht zu seinem Alter passend wirkte, mit Teenager-Setting wäre das alles glaubhafter für mich gewesen.
Andererseits gibt es (wenige) Momente, wo er dann sehr verschüchtert ist und sagt Sätze wie "Hab mich in dich verliebt" (S. 273), wo er dann eher wie ein kleiner Junge bei wirkt, den man dann in der Sekunde doch gern haben möchte...wobei das aber leider nie lange anhält und er seine Gefühle, oder unerfüllte Erwartungen seines Gegenübers dann wieder mit derben Worten und Schimpfworten bis zu nahenden Gewaltausbrüchen kanalisiert.
Das ist jedenfalls nur die Spitze des Eisbergs, weil sich das durch das gesamte Buch so durchzieht, da aus Camerons Sicht und mit seinen Gedanken geschildert wird.
Dazu kommt, dass Cameron wirklich alles aufs Spiel setzt und dabei sehr naiv und leichtfertig an die Sache rangeht. Quasi "blind vor Liebe" agiert. Dabei könnte ich ein gewisses Maß wahrscheinlich sogar noch nachvollziehen, doch hier wollen auch im Buch seine Freunde ihn wieder etwas erden, aber sie kommen an Cameron jedenfalls kaum heran.
Ich war nach 150 Seiten das erste Mal davor das Buch wirklich abzubrechen, brachte es dann aber doch nicht fertig, weil die Autorin - mal abgesehen von Camerons Chef Uli in der Anwaltskanzlei - in allen anderen Dialogen Camerons Dialogpartner auch eine "gemäßigtere" (normalere wäre gemein, oder?) Sprechart gibt und diese Charaktere so sehr interessant sind.
Zu de Begrifflichkeiten 1: Nennt man das Callboy, wenn ein Mann in einem Club festangestellt, wie in einem Bordell...hm..."männliche Nutte" wie im Buch genannt, passt da etwas besser, wobei es nicht nur um Sex, sondern auch um "Unterhaltungsaspekte" wie Pole-Dance am Rande geht. Chris wird allerdings in dem Club gebucht und ist daher schon sowas wie "die Edelnutte", aber unter dem Begriff Callboy hatte ich mir jetzt was anderes vorgestellt mit "wird angerufen, fährt zum Anrufer nach Hause und da gehts zur Sache"...na ja...störte mich unterm Strich aber nicht, weil ich Chris' Arbeit so jetzt sogar interessanter fand.
Zu den Begrifflichkeiten 2: Arschbacken zusammenkneifen wird in dem Buch immer als "zusammenpetzen" bezeichnet, das Wort kannte ich vorher gar nicht, ist das ein Dialekt?
Zu den Sexszenen...natürlich gibts die.
Ich weiß nicht, es ist alles sehr lautmalerisch geschrieben "Oar"-stöhnend und sowas, ich weiß nicht, ich brauche das eigentlich nicht so deutlich zu lesen. Andererseits war da das Wechselspiel mit wer ist aktiv, wer passiv, wer liegt oben, wer unten über lange Strecken hinweg dann doch noch interessant und abwechslungsreich geschrieben.
Zu den anderen Charakteren:
Chris selbst war meiner Ansicht nach deutlich reifer als Cameron, man erfährt auch andeutungsweise warum er handelt wie er handelt, obwohl er unter dem Strich leider einen Großteil des Buchs etwas blass bleibt, was ich schade fand, da er sehr viel Potenzial bot. Viel wurde dabei leider über Camerons mangelndes Verständnis für Chris' Beruf erst deutlicher, dabei hat Chris an keiner Stelle verschleiert was er tut bzw. wusste Cameron das von Beginn an. Dass es sicher nicht leicht ist, ist dabei keine Frage für mich, aber auch da ist Cameron sehr "egoistisch" und reagiert wieder über, wo seine Erwartungen nicht erfüllt werden. Chris' ganze Geschichte, die er selbst erzählen kann, fällt dann leider auf 2-3 Seiten von der Länge her eher kurz aus, ist vom Inhalt her aber das, was man sich schon fast zusammengereimt hatte und ist wie ich finde auch gut und passend geschrieben; wobei Chris für mich da insgesamt vom Erzählstil her ja auch deutlich reifer und gemäßigter war.
Die Liebe zwischen den beiden blieb für mich irgendwo unverständlich und nicht stimmig. Es war einfach kein geben und nehmen zu erkennen, keine wirkliche Gegenseitigkeit, kein Wechselspiel, ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll, mir fehlten dabei einfach Emotionen.
Die meiner Meinung nach besten und stimmigsten Charaktere waren für mich einerseits einer von Camerons besten Freunden, Micky, seines Zeichens homo und dessen Nachbarschaftssexbekanntschaft Till, die ich mir beide sehr gut vorstellen konnte, die in ihren Dialogen gemäßigter waren, wo alles für mich einfach stimmig war und an denen ich mich nicht permanent so gerieben habe wie an Cameron. Leider spielte die Geschichte mit zunehmender Seitenzahl dann verstärkt nur noch zwischen Cameron und Chris und die Nebenrollen kamen nicht mehr wirklich zur Geltung.
Ich kann die überwiegend sehr guten Amazon-Rezensionen daher nicht teilen, was einfach an Camerons Person und Art und seinem Stil lag, auch am Ende, er hat Chris auch da für mich irgendwie nicht so viel anders wie eine männliche Nutte behandelt, da kann er noch so oft "lieb dich" sagen.
Ich bin sehr enttäuscht von dem Buch, wie man merkt.
Dazu kommt ein extremst störender Geruch, wenn man es aufschlägt und liest, ich habe keine Erklärung was da so roch und wonach es roch (Plastik kann es ja eigentlich nicht gewesen sein, da es erst aufgeschlagen so penetrant roch), aber es war sehr unangenehm. Das fließt zwar nicht in die Punktzahl mit ein, wollte ich aber nicht unerwähnt lassen.
3 Punkte.