Adieu Paris - Daniel Anselme

  • Arche Verlag, 2015
    208 Seiten


    Aus dem Französischen von Julia Schoch


    Kurzbeschreibung:
    Paris, Anfang der 50er Jahre – im Strom der Passanten auf der Rue de Rivoli küsst sich ein junges Paar. Diese Szene wird zu einer der berühmtesten Fotografien des 20. Jahrhunderts und weltweit Symbol für die Stadt der Liebe. Nur wenig später beginnt im besetzten Algerien ein Krieg, in dem die Grande Nation bis 1962 eine ganze Generation junger Männer verheizt. In Adieu Paris kehren drei Soldaten über Weihnachten aus diesem Krieg für ein paar Tage auf Urlaub nach Paris zurück. Zunächst geht jeder seiner Wege, doch schon bald sind sie wieder vereint. Mit Familie und Freunden können sie das Erlebte nicht teilen, fremd und fern erscheint ihnen die eigene Stadt. In den Cafés am berühmten Rive Gauche schlagen sie sich die Nächte um die Ohren.


    Über den Autor:
    DANIEL ANSELME, 1927 als Daniel Rabinovitch geboren, gab sich während seiner Zeit in der französischen Résistance den Decknamen Anselme.
    Als Journalist unternahm er viele Reisen, und man kannte ihn als Stammgast und Geschichtenerzähler in den Pariser Cafés am berühmten linken Ufer der Seine. Er wandte sich offen gegen den Krieg in Algerien, Anlass für seinen ersten Roman Adieu
    Paris (Originaltitel: La Permission), der 1957, also noch während des Algerienkrieges, erschien. Daniel Anselme starb 1984 in Paris.


    Über die Übersetzerin:
    Julia Schoch, geb.1974, lebt als freie Schriftstellerin in Potsdam. 2004 Stefan-George-Preis für Übersetzer der französischen Sprache, 2005 Preis der Jury beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt.


    Mein Eindruck:
    Äußerlich betrachtet ist dieser nur 208 Seiten umfassende Roman unspektakulär, doch er zeigt Innenansichten dreier junger französischer Soldaten in der Zeit des Algerienkriegs. Valette, Lasterye und Lachaume sind 1956 für kurze Zeit auf Urlaub für 10 Tage zurück in Paris.
    Sie sind in einer Situation des Zwiespalts. Eine Generation von Franzosen, die in einem ungerechten und grausamen Krieg, verheizt wird. Dabei wurde er von Frankreich nicht einmal als Krieg, sondern nur als Konflikt betrachtet.


    Unter den drei Soldaten wird Lachaume, genannt Prof., ein Lehrer und Intellektueller, der größte Raum gegeben. Er wirkt besonders zerrissen, in einen Krieg gezwungen, an den er nicht glaubt, dem er sich aber auch nicht entziehen kann.


    Der Roman wurde schon 1957 geschrieben und wirkt daher sehr authentisch, obwohl er nicht autobiographisch ist. Doch ein Zeitgefühl wird vermittelt.


    Ich denke, dass Daniel Anselme ruhiger und doch engagierter Stil gut geeignet ist, um Atmosphäre zu erzeugen und einen Eindruck von der Situation zu schaffen. Zudem gibt es auch wirklich gute Dialoge in dem Roman.


    Das Nachwort der Übersetzerin Julia Schoch ist sehr informativ und in seiner Romananalyse nicht zu übertreffen.


    Ich begrüße es sehr, wenn vergessene Bücher mit Bedeutung entdeckt werden können. Und Adieu Paris zeigt, dass es zu der Zeit des Algerienkriegs doch französische Antikriegsliteratur gab, auch wenn das Buch damals ignoriert wurde.