Tempête
Jean Marie Gustave le Clezio
Galimard, 2014
Französisch
ISBN : 2070145352
Autor
Jean Marie le Clézio ist 1940 in Nizza geboren. Er hat in London und Bristol studiert und war im Rahmen seines Militärdienstes Entwicklungshelfer in Bangkok und Mexiko. Er lehrte an mehreren Universitäten auf der ganzen Welt. Seinen ersten literarischen Erfolg hatte er als 23jähriger und hat seitdem mehr als 30 Werke veröffentlicht. 2008 wurde ihm der Literaturnobelpreis verliehen.
Inhalt und meine Meinung
Zwei „Novellas“ enthält dieses Buch. Es handelt sich dabei um zwei längere Erzählungen, mit den Titeln: „Tempête“ und „Une femme sans identité“.
Tempête spielt auf der Insel Udo im japanischen Meer. June lebt hier mit ihrer Mutter, die wegen des vaterlosen Kindes von ihrer Familie verstoßen wurde und als Muscheltaucherin den Lebensunterhalt für sich und ihre Tochter verdient. June ist 13 und fühlt sich in der Schule und bei ihren Mitschülern fremd und unverstanden. Sie liebt das Meer, das ihr eine Art Heimat und Rückzugsort ist. Besonders fasziniert sie das gefährliche Leben der Muscheltaucherinnen. Der Journalist Philip Kyo kommt nach 30 Jahren erneut auf diese Insel. Vor Jahren war er dort mit seiner Geliebten Mary, die während eines Sturms ins Meer zum Schwimmen ging und nie zurückkehrte. June trifft Kyo und es entwickelt sich eine eigenartige Freundschaft.
In „Une femme sans identité“ begegnet uns Rachel, die in Takoradi/Ghana lebt. Als sie einen Streit der Eltern belauscht, erfährt sie, dass ihre vermeintliche Mutter gar nicht ihre Mutter ist und sie am liebsten loswerden möchte. Nur zu ihrer Halbschwester Bibi hat sie eine enge Bindung. Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten und der Kriege in den Nachbarstaaten geht die Familie nach Frankreich, wo sich das Leben für Rachel dramatisch verändert. Sie fühlt sich verloren in der Welt der Vorstädte ohne Rückhalt in der auseinanderfallenden Familie.
Zwei unterschiedliche Welten, in denen zwei junge Frauen ihre Identität suchen, ihre Vergangenheit, einen Weg in eine Zukunft. Liebevoll aber ohne Klischees oder Sentimentalität erzählt le Clézio vom Alltag, von den Sorgen heranwachsender junger Frauen in einer Welt, die ihnen nichts zu bieten hat. Berührend auch die Schilderung vom Leben in der Fremde, von Heimatlosigkeit, vom Nichtdazugehören.
Le Clézios Schreibstil ist ruhig und unaufgeregt, trotzdem sehr eindringlich und fesselnd. Für Menschen mit fortgeschrittenen französischen Sprachkenntnissen ist das Buch recht leicht zu lesen.
Bisher scheint eine deutsche Übersetzung nicht in Arbeit zu sein. Zu wünschen wäre es.
ASIN/ISBN: 2070145352 |