Die Welt ist kein Ozean - Alexa Hennig von Lange (ab 14 Jahre)

  • Broschiert: 352 Seiten
    Verlag: cbt (27. Juli 2015)


    Klappentext:
    Ausgerechnet in einer psychiatrischen Klinik für Jugendliche will die 16-jährige Franzi ihr Schulpraktikum machen. Sie stellt sich das abenteuerlich und besonders vor – muss aber schnell erkennen, dass sie eine Welt betritt, in der die Normalität außer Kraft gesetzt ist. Hier trifft sie auf den 18-jährigen Tucker – und Tucker trifft sie voll ins Herz. Nach einem traumatischen Erlebnis spricht er nicht mehr. Tief in sich zurückgezogen, dreht er im Schwimmbad seine Runden, am liebsten unter Wasser, wo ihn keiner erreichen kann. Behutsam versucht Franzi, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Als ihr das gelingt, steht sie vor einer schweren Entscheidung: Soll sie wie geplant für eine Zeit ins Ausland gehen? Oder dem Herzen folgen, das gerade erst wieder zu sprechen begonnen hat?


    Die Autorin:
    Alexa Hennig von Lange wurde 1973 geboren und begann bereits mit acht Jahren zu schreiben. 1997 erschien ihr Debütroman Relax, mit dem sie über Nacht zu einer der erfolgreichsten Autorinnen und zur Stimme ihrer Generation wurde. 2002 bekam sie den Deutschen Jugendliteraturpreis. Es folgten zahlreiche Romane für Erwachsene wie Jugendliche und Kinder, außerdem Erzählungen und Theaterstücke. Alexa Hennig von Lange lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern in Berlin.


    Meine Meinung:
    Franzi möchte ein Schulpraktikum in einer psychiatrischen Klinik für Jugendliche machen. Sie denkt, dass sie dieser Aufgabe gewachsen ist und lernt gleich am ersten Tag, dass es doch nicht so einfach wird wie gedacht. Sogleich macht die Bekanntschaft mit Tucker, der nach einem folgenschweren Erlebnis aufgehört hat, zu sprechen. Mit seiner zurückhaltenden Art und den flaschengrünen Augen berührt er Franzis Herz, die immer mehr zu ihm durchzudringen scheint. Bisher hat die Therapie nichts gebracht, denn er zieht sich andauernd in die lautlose Unterwasserwelt des Schwimmbeckens zurück. Doch Franzi scheint einen besonderen Draht zu dem 18-jährigen, traumatisierten Jungen zu haben.


    "Die Welt ist kein Ozean" erzählt davon, wie es ist, erwachsen zu werden, Träume nicht nur zu haben, sondern zu leben, sich um andere Menschen zu kümmern, die ein folgenschweres Ereignis zurückgeworfen hat, oder die es aus anderen Gründen schwer hatten und Zuflucht in einer Einrichtung suchen, um gesund zu werden, oder zumindest die Vergangenheit zu verarbeiten.
    Tuckers Weg zurück ins Leben ist dabei an vielen Stellen bewegend dargestellt, aber es fehlte das gewisse Etwas.
    Die Geschichte verlor sich oft in nebensächliche Erzählstränge, die für die Handlung an sich nicht relevant waren. Ich hätte gern viel mehr über Tuckers Therapie, das Wirken derer und die Interaktion von ihm mit Franzi gelesen. Stattdessen ging es oft um Nelli, die Freundin von Franzi, die absolut unsympathisch war und einfach nur nervte.


    Auch ging es mir zu schnell, wie Tucker zu Franzi Vertrauen fasste. Meiner Meinung nach öffnet sich ein Mensch, der schon lange in seiner Welt lebt, nicht in so kurzer Zeit, praktisch am zweiten Tag ihres Praktikums. Auch sie ist ihm gleich am ersten Tag verfallen.
    In einer solchen Geschichte, in der es um psychische Krankheiten geht, hätte Tiefgang nicht geschadet. Und vor allem Zeit. Zeit, die es braucht, um einander zu vertrauen und sich zu öffnen, das wäre glaubwürdiger.


    Der Schreibstil ist angenehm zu lesen, manchmal ironisch, durch die Gedanken von Franzi, aber das Buch hat mich insgesamt nicht vollends berührt.


    6,5 Punkte.

  • Die junge Franzi kommt aus einer guten Familie und ist sehr behütet aufgewachsen. Um dem zu entfliehen, will sie in kürze für ein Jahr nach Australien um dort an einer Musikschule zu lernen. Die Aufnahmeprüfung hat sie schon so gut wie bestanden. Vorher möchte sie allerdings noch ein zweiwöchiges Praktikum in einer psychiatrischen Klinik für Jugendliche absolvieren um mal ein anderes Bild als das einer ständig heilen Umgebung zu bekommen. Dass das alles nicht so einfach ist, wie sie es sich vorgestellt hat, wird ihr schnell klar. Als sie dann jedoch in der Einrichtung den stummen Tucker kennen lernt, erfährt sie auch, wie es ist Verantwortung zu übernehmen und zu erfahren, was sie wirklich will und was ihr wichtig ist…


    Die Geschichte, die Alexa Hennig von Lange hier geschrieben hat, ist wirklich schön! Das Thema ist brisant und wichtig und es ist schön, dass solche Dinge heute auch nicht mehr totgeschwiegen werden. Was mich ein klein wenig gestört hat, das war die Umsetzung, obwohl auch diese vielleicht bewusst so gewählt wurde. Aber fangen wir mal an …


    Unsere jugendlichen Hauptfiguren sind hier zum einen Franzi, die als Praktikantin in die Klinik kommt und Tucker, der selbst dort Patient ist. Über Franzi erfahren wir einiges, allerdings wird uns das alles recht nüchtern aufs Brot geschmiert. Obwohl wir die Geschehnisse aus Franzis Sicht erleben und ihre Gedanken direkt mitbekommen, bleiben mir ihre Emotionen trotzdem viel zu weit weg, sie erreichen mich nicht wirklich. Das ist wirklich schade, denn dieses Thema hätte wirklich viel eindrücklicher sein können.


    Generell ist die gesamte Geschichte recht nüchtern geschildert. Selbst Franzis innere Zerrissenheit konnte mich nicht so wirklich erreichen. Das lag tatsächlich am einigermaßen distanzierten Schreibstil der Autorin. Einerseits ist dies wirklich schade, weil man so einfach nicht so sehr in die Geschichte eintauchen und mitfiebern konnte, andererseits ist dies für ein Jugendbuch aber auch nicht schlecht, damit junge Leser nicht zu belastet werden mit dieser doch sehr ernsten Thematik.


    Tucker, der als Patient in der Klinik ist, hat schlimme Erfahrungen gemacht, so dass er seither kein Wort mehr spricht und auch nicht wirklich reagiert. Erst als er Franzi kennen lernt ändert sich das. Warum, das ist mir während des Lesens leider nicht so ganz klar geworden, aber es gibt nun mal zwischenmenschliche Dinge, die man einfach nicht erklären kann, von daher ist das schon okay.


    Der Alltag in der psychiatrischen Klinik ist nicht ganz so dargestellt worden, wie ich ihn noch kenne, aber es wurde sehr gut vermittelt, was für die jungen Patienten dort wichtig und unabdingbar ist, nämlich wieder neue Lebensfreude zu erwerben, das Leben wieder lebenswert zu finden. Das fand ich wirklich schön und gelungen.


    Ansonsten gibt es auch noch ein paar wunderschöne Passagen und Aussagen, immer wieder über das gesamte Buch verstreut, die mich wirklich begeistern konnten und zum Nachdenken anregen. Ein kleiner Ausgleich für die ansonsten fehlenden Emotionen.


    Fazit


    Die Welt ist kein Ozean von Alexa Hennig von Lange hat mir gut gefallen, konnte mich aber nicht wirklich berühren. Alles wird recht nüchtern erzählt, da bleiben die Emotionen ein wenig auf der Strecke. Dennoch ist diese Geschichte recht eindringlich und schön erzählt, dem jungen Leser angemessen. Von mir gibt es hierfür gute vier Sterne!