Klappentext:
Das Leben meiner Eltern ist so strahlend, als wäre es gar nicht echt. Es hat eine klinisch saubere Frische wie Schnittblumen, eingeschweißt in Zellophan. Mir wird schwindelig davon. Seit dem Tod meiner Schwester weiß ich, Leben ist Chaos. Es fühlt sich an, als würde mein Leben gerade in mehrere völlig verschiedene Realitäten aufsplittern, die eigentlich gar nicht nebeneinander bestehen können. Es gibt die eine Version, wo der Klavierwettbewerb das Wichtigste auf der ganzen Welt ist und ich ehrlich und gehorsam bin. Und dann gibt’s die Version, in der die Erwartungen meiner Familie irgendwie völlig bizarr und unwichtig sind. Ich schlinge die Arme um die Knie, weine und lache und suche nach meinem iPod, damit ich die passende Musik dabeihabe. Ich bin hellwach, von innen beleuchtet, und begreife, dass das Universum mir heute Nacht einen Einblick schenken will – einen Einblick in etwas Großes. Und ich habe Angst, dass sich diese Tür zu etwas Wunderschönem vielleicht schließt und nie wieder öffnet, wenn ich die Chance jetzt nicht nutze.
Meine Meinung:
Ich habe dieses Buch schon vor Wochen, nein sogar schon vor Monaten gelesen und doch noch nicht rezensiert, denn mir fällt es sehr schwer, meine Meinung und meine Eindrücke in Worte zu fassen. Das liegt daran, dass mich das Buch inhaltlich eher enttäuscht vom Schreibstil her aber absolut begeistert hat.
Die Hauptfigur und Ich-Erzählerin ist Kiri. Ihre Eltern sind gerade im Urlaub und haben Kiri allein gelassen. Ihr Plan für die elternfreie Zeit: ganz viel Zeit mit Lukas, ihrem Bandkollegen, verbringen, den Bandwettbewerb gewinnen und endlich mit Lukas zusammenkommen. Doch es kommt alles anders, als erwartet: Eines Abends bekommt Kiri einen Anruf von einem fremden Mann, der behauptet, Sachen ihrer Schwester zu besitzen, die seit einigen Jahren tot ist. Kiri macht sich auf die Suche nach dem Mann und nach Antworten auf die Frage, was mit ihrer Schwester damals eigentlich tatsächlich passiert ist.
Leider verschiebt sich der Fokus der Geschichte in meinen Augen relativ schnell: Es geht gar nicht mehr so sehr um das Geheimnis um ihre Schwester, sondern viel mehr um die sich langsam entwickelnde Liebesgeschichte zwischen Kiri und einem jungen Mann, dem sie nachts auf der Straße begegnet. Hier gab es für mein Dafürhalten zu viele Zufälle. Zum Ende hin wird die Geschichte ziemlich abgedreht, was mir gar nicht mehr gefallen hat.
Im Zuge von Kiris Suche nach Antworten und ihren aufkommenden Gefühlen schläft sie kaum noch. Sie ist wie in einem Rausch, meint unbedingt nachts ganz viel Klavier üben zu müssen, ist sehr ruh- und rastlos. Dieser Teil ist der Autorin extrem gut gelungen. Ich habe mich beim Lesen selbst ganz zittrig gefühlt, war innerlich unruhig und stand extrem unter Spannung. Faszinierend, wie es Hilary T. Smith gelingt, die Stimmung ihrer Hauptfigur auf die Leser der Geschichte zu übertragen.
“Hellwach” konnte mich inhaltlich nicht überzeugen: Ich hatte mir einen anderen Fokus für die Geschichte erhofft und fand manche Dinge zu zufällig . Insbesondere zum Ende hin schwächelte die Story meiner Meinung nach. Im Gegensatz dazu fand ich die Schreibweise der Autorin vollkommen genial: Ich selbst war hellwach und wie elektrisiert. Wie bewertet man nun so ein Buch? Ich vergebe ganz knapp noch 6 Sterne!