Alles ist jetzt – Julia Wolf

  • Die Autorin (Quelle: Amazon)
    Julia Wolf wurde 1980 in Groß-Gerau geboren. Nach dem Studium der Amerikanistik und Germanistik lebt sie als freie Autorin in Berlin. Sie erhielt verschiedene Förderungen und Auszeichnungen. Julia Wolfs Theaterstück »Der Du« wurde am Düsseldorfer Schauspielhaus uraufgeführt und als Hörspiel für den WDR produziert. »Alles ist jetzt« ist ihr Romandebüt.


    Das Buch (Quelle: Amazon)
    Sätze wie Atemzüge, gestoßen aus einem Körper, der dem Druck nicht mehr standhält. Eine Sprache im Einklang mit der inneren Bewegung der Protagonistin, die an ihren Gedanken entlanggleitet, die Glasglocke abtastend, in der sie eingeschlossen ist. Eine physische Sprache, die sich am körperlichen Empfinden der Heldin orientiert, an ihrer Taubheit, an ihrer Entfremdung von sich selbst. Julia Wolf erzählt mit außerordentlicher stilistischer Begabung von einer jungen Frau, die sich ihren Dämonen stellt. Vor vielen Jahren, als Ingrid die Welt nicht mehr aushielt, nahm sie ihre Sachen und verschwand. Raus aus dem kleinen, erdrückenden Vorort und dem Haus mit ihrer kranken Mutter, weg von dem Gedanken an Moritz, der nicht zu ihr stand. Doch jetzt ist sie schon Jahre in der Großstadt, und die Luft wird immer dünner. Ihr Bruder vertickt Drogen und ihre Kollegin in der Live-Sex-Bar liefert sie ans Messer. Als alle sie verraten haben, wird ihr klar: Wohin sie auch geht, ihre Erinnerungen nimmt sie mit. Und die Überzeugung, nichts wert zu sein. Um das zum Verschwinden zu bringen, muss Ingrid endlich handeln. Am Silvesterabend fliegt sie nach New York ...


    Meinung
    Sprachlich ist das Buch ein Zuckerstückchen, wobei die Story alles andere als süß ist. Nein, die Wirklichkeit ist eher bitter und die subjektive der Protagonistin ganz besonders. Aber ist sie nicht selbstgewählt? Warum gleitet sie so ab in diese Welt des Verlorenseins?


    Wer Hoffnung und eine Botschaft außerhalb des faszinierenden Zeitbegriffs erwartet, bleibt enttäuscht zurück. Zur Stärke des Buches zählen auch nicht die erklärenden und lösungsorientierten Elemente, sondern die rein deskriptiven.


    Irgendwie ist immer alles jetzt. Die Vergangenheit dringt in die Gegenwart, woraus die Zukunft entsteht. Und auch uns lässt die Vergangenheit nicht ganz los, auch wenn wir uns dagegen aufbäumen: der eine mehr, der andere weniger.


    Das Werk bleibt im Kopf und regt zum Nachdenken an.
    Mehr kann ein Buch nicht leisten.