Im Licht des Mondes, im Glanz der Sterne – Anna Fienberg (ab ca. 14 J.)

  • OT: Borrowed Light 1999
    Erstmals auf deutsch 2001


    Callisto May ist sechzehn und hat eine schwere Entscheidung getroffen. Sie hat sich für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden. Wie es dazu kam, erzählt sie selbst.


    Sie stammt aus einer eigentlich intakten Familie, ihre Eltern haben aber wenig Zeit für sie. Der Vater interessiert sich nur für die Arbeit, ihre Mutter schwärmt für gesundes Leben und gibt Meditationskurse für Frauen. Callisto ist schüchtern, sie hat wenig Selbstbewußtsein. Sie bezeichnet sich selbst als ‚Borgende‘, wie die Gestirne, die kein eigenes Licht haben, sondern es von anderen brauchen. Von denen, die Licht ausstrahlen, wird sie auch angezogen. Schon als Kind hat sie Pech dabei, sie gerät an Mitschülerinnen, die sie quälen. Wehren kann sie sich nicht.


    Ihr Interesse gilt dem Weltall, ihre Großmutter war Astrophysikerin. Cally weiß eine Menge über Sterne, Planeten, Anziehungskräfte und Aggregatzustände irgendwo im All, aber kaum etwas von Menschen. Von ihrem Wissen hält sie aber nicht viel, sie fühlt sich zu unwichtig. Daß sie auch die eigentlich Praktische in der Familie ist, ist ihr auch nicht klar. Die Fürsorge für ihren kleinen Bruder Jeremy etwa liegt fast ausschließlich in ihren Händen.


    Fienberg beschreibt die Gefühle Callys sehr genau. Ihre Irrtümer, ihre Verzagtheit, vor allem aber ihre Einsamkeit. Die Mahnung geht hier an die Erwachsenen, die ihre Kinder allein lassen, weil sie mit ihren eigenen Problemen nicht fertig werden. Hinter dem Verhalten der Eltern steckt ein Familientrauma. Das macht die Geschichte doppelt traurig.
    Callys Kampf erlebt man hautnah, auch die Stunden in der Klinik. Die Leserin erwartet hier keine kuschelige Lektüre.


    Sehr gelungen ist die immer wieder aufgenommene Bezugnahme zu Vorgängen im Kosmos, die Cally benutzt, um Ereignisse, aber auch ihre Gefühle zu beschreiben. Dazwischen gibt es kurze Stücke, in denen Jeremy spricht. Das soll zum Verständnis der Ereignisse vor allem gegen Schluß beitragen, unterbricht die Spannung aber eher. Insgesamt aber ist Callys Geschichte eine der wenigen, in der die Behauptung, daß das eine Geschichte vorm Erwachsenwerden ist, wirklich weitgehend eingelöst wird.
    Übersetzt wurde der Roman aus dem australischen Englisch von Cäcilie Plieninger.


    Vom Verlag dem Rückentext nach als Liebesgeschichte verkauft, erwartet die Leserin hier eine emotional fordernde Geschichte über ein sehr strittiges Thema. Erzählt wird sie unter einem ungewöhnlichen Gesichtspunkt, was zu ihrem Gelingen viel beiträgt.
    Ein sehr besonderes Buch.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Hmm leider nur gebraucht erhältlich, die kindle-ausgabe wird nicht angezeigt. Wenn ich mal wieder was bei medimops bestelle, muss ich dran denken. Danke für die Rezi magali, scheint was für mich zu sein.

  • Nun muss ich aber unbedingt und endlich meine Meinung zu diesem wunderbaren, erschütternden und mitreißend geschriebenen Buch äußern.


    Callisto wird mit 16 ungewollt schwanger. Ihr Freund, wenn man das so sagen kann, denn er benutzt sie eher als Matratze und sie lässt ihn, ihrer Minderwertigkeitsgefühle wegen, gewähren.
    Denn er ist ja sowas wie der Star in der Schule und sie sollte sich geehrt fühlen für sein Interesse.


    In ihrer Familie scheint alles den Bach runter zu gehen. Einzig die Großmutter, eine bekannte Astronomin, zeigt ab und zu Interesse and Callisto.
    Ihr kleiner Bruder Jeremy leidet stark an der Isolation, an der aber jedes andere Familienmitglied knabbert ohne es zuzugeben.
    Dazu braucht es erst eine dramatische Entwicklung, und alles klärt sich.


    Es ist schlimm zu lesen, wie Callisto an ihrer Mutter, die so gar kein Interesse an ihren Kindern hat sondern nur noch mit Frauen, die Informationen aus dem Jenseits wollen, Seancen abhält. Dabei ist Callisto so klug, was aus ihren tagebuchähnlichen Gedanken hervor geht. Doch mit ihren Gefühlen kann sie nicht umgehen.


    Der Vater auch ständig unterwegs und sie ist für Jeremy verantwortlich wo sie selber doch Hilfe bräuchte.


    Erst der Schluss, der mich mit allen Personen versöhnt, zeigt, warum hier jeder für sich vor sich hin kümmert.


    Anna Fienberg ist hier ein einfühlsames Werk gelungen, das nicht nur Jugendliche anspricht. Eltern sollten es unbedingt lesen, denn oft versetzt man sich nicht so in die Gedanken-und Gefühlswelt der Kinder hinein und schützt sie vor Ungemach.
    Oft ist man zu sehr mit sich selbst beschäftig, mit seinen Problemen ohne zu sehen, dass die Kinder auch leiden.
    Das kommt hier sehr deutlich und schonungslos rüber.


    Ein Buch, bei dem ich neben kleinen Schmunzlern auch Tränen in den Augen hatte.


    Bei soviel Schrott, der Kinder - und jugendbuchmäßig auf dem Markt ist ein Highlight und mir 10 Punkte wert, mit Sternchen