Das war die Rettung, um die sie gebetet hatte. Sie hätte nie gedacht, dasss ein Engel nach Pfeifentabak riechen und ein Gewehr tragen könnte. (Seite 113)
335 Seiten, kartoniert
Originaltitel: Be Still My Soul
Aus dem Amerikanischen von Evelyn Reuter
Verlag: Brunnen Verlag, Gießen 2015
ISBN-10: 3-7655-2033-0
ISBN-13: 978-3-7655-2033-4
Reihe „Cadence of Grace“
- Weil du mir versprochen bist
- Though My Heart Is Torn
- My Hope Is Found
Zum Inhalt (Quelle: eigene Angabe)
Gideon ist ein Frauenheld, Leonie ein schüchternes Mädchen. Beide kommen aus ärmlichen bis zerrütteten Verhältnissen. Als es zu einem Kuß kommt, zwingt Leonies gewalttätiger Vater die beiden zu heiraten.
Da sie nicht im Elternhaus bleiben können, machen sie sich bald zu Fuß auf den Weg in die nächste Stadt, die etliche Tagesreisen entfernt ist. Leonie wird immer schwächer und bricht schließlich zusammen. Als Gideon sie dennoch zum Weitergehen zwingen will, taucht plötzlich ein Mann mit Gewehr auf und greift ein.
Ab da läuft alles ganz anders.
Über die Autorin
Joanne Bischof lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in den Bergen Südcaliforniens.
- < Klick > - die Webseite der Autorin (in englischer Sprache)
Vorbemerkung
Um Mißverständnisse zu vermeiden: Das ist ein christlich geprägter Roman; demgemäß gehören die Themen Religion und Glaube mit zum Buch. Wenn ich Formulierungen wie „wir“ verwende, beziehen sich diese meist nicht auf die Gesamtgesellschaft, sondern auf den christlich geprägten Teil, dem ich mich zugehörig fühle.
Meine Meinung
Manchmal sind es gerade die kleinen, unbedachten Momente, die dem Leben eine völlig andere Wendung geben, die alles auf den Kopf stellen. Ein solcher unbedachte Moment ist, als Gideon Leonie nach Hause bringt und küßt. Deren Vater ist das, was man einen Wüterich bezeichnen könnte, eher gefürchtet, sicher nicht geachtet, und zwingt die beiden zu heiraten. Wobei auch Gideons Eltern nicht ganz unfroh sind, auf diese Art einen Esser weniger versorgen zu müssen. Denn dort wohnen die beiden nach der Hochzeit vorübergehend und bekommen deutlich zu spüren, daß sie überflüssig sind. So machen sie sich auf den beschwerlichen Fußmarsch ins entfernte Stuart, wo sie Arbeit und Unterkunft zu finden hoffen.
Unterwegs wird Leonie immer schwächer, und als sie am Ende ihrer Kräfte ist, scheint alles aus zu sein. Aber genau da, am Tiefpunkt, kommt die Wendung zum Besseren, auch wenn Gideon das zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht einsehen will. Denn für ihn wird die Zeit bei den Bennetts eine harte Schule werden, und über weite Strecken ist nicht klar, ob er seine Lektion lernen wird.
Ungleich zu vielen anderen Romanen des Genres zeigt die Autorin deutlich auf, in welch teilweise ärmlichen und harten Verhältnissen die Menschen seinerzeit lebten. Ein Kind war oft nur ein Esser mehr, der zu versorgen ist. Und bloß, weil man in die Kirche ging, hieß das noch lange nicht, daß man außerhalb christlich lebte, wofür Leonies Vater ein drastisches Beispiel ist.
Als Gideon und Leonie zu Jebediah und Elsie Bennett kamen, wird ein deutlicher Kontrast zu der Welt, die sie bisher kannten, sichtbar. Manchmal habe ich mich gefragt, ob die Bennetts nicht zu gut, zu abgeklärt sind. Aber auch sie, es wird im Verlauf klar, mußten eine harte Schule des Lebens durchlaufen, bevor sie ihre „Altersweisheit“ erreichten. Es gibt eben immer mehrere Möglichkeiten und Wege, mit den Dingen, die einem zustoßen, umzugehen und zurechtzukommen. Man kann daran zerbrechen, auf die schiefe Bahn geraten - oder eben dadurch wachsen.
Und das ist auch eines der Hauptthemen des Buches, denn Gideon war ein Leichtfuß und als Frauenheld bekannt, dem es nie in den Sinn gekommen war zu heiraten oder gar eine Familie zu gründen. Es ist Jebediah, der ihn immer wieder mit mehr oder weniger Zwang darauf hinweist, daß er nun Verantwortung übernehmen - und sich seine Frau „verdienen“ muß. Für Gideon beginnt ein harter Lernprozeß, und immer wieder hat er mit Dämonen aus seiner Vergangenheit zu kämpfen. Aber auch Leonie hat ihren Packen zu tragen; bei ihr ist es aber eher ihr eigener Dickkopf, vielleicht sogar Stolz, die ihr immer wieder im Weg stehen. Und die Frage, ob und inwieweit Vergebung notwendig ist, will man ein neues Leben beginnen und das alte hinter sich lassen.
Gut gefallen hat mir die langsame Annäherung von Leonie und Gideon. Zur Ehe gezwungen - und in jenen Tagen galt so ein Versprechen noch etwas, selbst unter solchen Bedingungen - müssen sie miteinander auskommen. Die Entwicklung war nachvollziehbar beschrieben, nur wenige Male hatte ich den Eindruck, als ob es (etwas) zu schnell ginge bzw. nicht alles geschrieben war, was passierte. An vielen Stellen erfährt man beider Sicht auf eine Situation, was uns als Leser - meist - Verständnis entwickeln läßt, auch wenn man Gideon manchmal vielleicht schon gerne in den Hintern getreten hätte. Aber das hat Jebediah meist auf seine ganz eigene Art erledigt.
Das Buch ließ sich gut lesen, bisweilen hatte ich das Gefühl, es ist so rauh wie die Geschichte, die erzählt wird. Form und Inhalt entsprechen sich, was nicht allzuoft vorkommt, her aber die Figuren noch näher brachte und lebendiger werden ließ. Am Ende hätten es zum Ausklang gerne noch ein, zwei Seiten mehr sein dürfen, dennoch habe ich das Buch zufrieden geschlossen. Diese Geschichte ist erzählt, und wie es Gideon und Leonie weiter ergeht, kann man im hoffentlich bald auch auf Deutsch erscheinenden Fortsetzungsband lesen.
Kurzfassung
Der Roman so rauh, wie die Geschichte, die in ihm erzählt wird, versetzt den Leser in die Welt der Apalachen und der Menschen, die dort vor rund 120 Jahren lebten. Eine Geschichte um Geister der Vergangenheit, Vergebung, Neubeginn.
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