Hierhin & dorthin

  • Hierhin & dorthin


    Hier ist es schlecht,
    dort ist es schlecht,
    Hier will ich nicht sein,
    dort erst recht nicht.


    Ich gehe los, wandere,
    mal hierin, mal dorthin.
    Wo ist der Ort,
    an dem ich leben will?


    Meine Füße tragen mich an Deck,
    Fuß an Fuß, Körper an Körper,
    Blick nach vorne gerichtet,
    doch wo ist vorne?


    Schreie, Klagen, Leid,
    Hoffnung auf eine bessere Welt,
    die Hoffnung als Ziel.
    Heimatlos.


    Ankunft am Ufer,
    nicht gekentert.
    Die Füße tragen weiter
    auf neuem Land.


    Hierhin und dorthin,
    kein Ort als Ziel.
    Nur die Hoffnung, der Traum,
    ein neues freies Leben zu beginnen.

  • Ich denke seit ein paar Tagen daran herum.
    Die Idee gefällt mir.
    Aber die Ausführung ist mir noch ein bißchen zu vage.


    Nicht zufrieden bin ich mit dem 'schlecht' in der ersten Strophe. Kann man das genauer fassen?
    Ich weiß, daß ein Gegensatz zu 'besser' gebraucht wird. :gruebel
    Die Leute gehen, weil ihr Leben bedroht ist, egal, ob wegen Armut oder Krieg. 'Schlecht' ist nicht unbedingt lebensbedrohlich, oder?
    Ich frage und lausche Wörtern nach.
    Aber einfallen tut mir auch nichts, gebe ich zu.


    Nicht ganz logisch finde ich den Übergang zum zweiten Vers. Wenn das lyrische 'Ich' nicht hier sein will, aber dort auch nicht, warum bricht es dann auf?
    Da ist es wieder, der Zwang kommt nicht zum Ausdruck.


    Das 'mal' in Strophe 2 zweiten Zeile würde ich streichen. 'Mal' ist abgebraucht, es verwässert Aussagen. In der letzten Strophe Zeile 1 ist das gelungen. Zack und klar und hart. Das ist das Getrieben werden deutlich, die unverschuldete Ziellosigkeit.
    Das wäre dann die Wiederaufnahme.
    Zeile 3 und 4: geht es darum, daß das 'Ich' irgendwo leben will oder eher, daß es dort leben kann?


    Das Schiff kommt ein bißchen unvermutet, aber okay. Daß da noch andere sind, ist ebenso unvermutet, aber auch okay.
    Die beiden letzten Zeilen von Strophe 3 finde ich sehr gut, die Frage ist gelungen.


    Strophe 4, Zeile 2:


    Achtung bei dem Ausdruck: Hoffnung auf eine bessere Welt.
    Ist zum einen abgebraucht, zum anderen geht es um ein besseres Leben, oder? 'Welt' ist wieder etwas anderes.


    Strophe 5 gut


    Strophe 6 hakelt, finde ich.
    'Traum' würde ich weglassen, zu großes Thema, um es neu einzuführen. Hoffnung genügt völlig.


    Letzte Zeile: das 'frei' stört. Eventuell ausgelöst durch den nicht ausgedrückten Zwang in der 1. Strophe?
    Im Textzusammenhang braucht man hier 'gutes' Leben. Freiheit ist wieder zu groß, um es einfach so einzuführen.



    Also:


    Nur die Hoffnung
    ein neues gutes Leben zu beginnen


    Damit wäre das 'schlecht' vom Anfang immerhin legitimiert.
    :lache


    Schöne Idee, gelungener Ansatz für ein Prosagedicht zu Aktuellem.
    :anbet

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Vielen Dank für die Anregungen magali! :knuddel1


    An deinen Ausführungen merke ich, dass ich an dem Gedicht auch nicht weiter gearbeitet habe. Es ist einfach nur so heruntergeschrieben worden. Vielleicht begebe ich mich noch einmal an eine Überarbeitung. :write

  • Gerne!


    Überarbeiten tut immer gut, gerade bei Gedichten. Sind die je fertig?
    :lache


    Wie gesagt, fand ich die Idee gut. Schwierig finde ich es, gerade bei einem Gedicht, mich in jemand anderen zu versetzen. Genau gesagt, kann ich das nicht. Lyrik ist für mich etwas, das eine urpersönliche Erfahrung ausdrückt. Das zu erreichen ist das Wesentliche.
    Wenn sich Leserinnen später davon angesprochen fühlen, ist das sozusagen das zweite Ziel.


    Ich finde es mutig, daß Du Dich so an das Thema gewagt hast. Die Gefahr, daß Betroffenheitslyrik herauskommt, ist arg groß.
    Bei Dir ist das nicht passiert, sonst hätte ich gar nicht weitergelesen.


    :grin



    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Fertig? Das sind auch andere Texte eigentlich nie... Überarbeiten kann man eigentlich immer. :grin


    Entstanden ist es während einem Projekt, das ich in der Schule gemacht habe zum Thema (T)raum. (Deshalb auch der Begriff "Traum" am Ende. ;-) ). Ich finde es einfach schön, wenn man als Lehrer auch etwas dazusteuert und nicht nur die Schüler schreiben lässt. Das war eins von zwei Gedichten, die ich dann beigesteuert hatte. Eine Art Entspannung zum Schuljahresende. ;-)

  • Schönes Projekt mit SchülerInnen!
    Aber 'Traum' hätte man in dem Fall früher einbringen müssen.


    So ist es ein interessanter Text zu einem anderen Hauptthema geworden. Wie es beim Gedichteschreiben halt so passiert.


    :lache

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    K. Kraus