Read on Demand

  • Gerade habe ich auf einer Autorenwebside ein ungewohntes Experiment entdeckt.


    Es handelt sich um Ramona Diefenbach, zu deren Debüt "Das Spiegelhaus" ich im September 2002 in einem Forum schrieb


    Klein aber fein. Eine Art Pas de deux zwischen einem 30jährigem Mann und drei 14- 15jährigen Mädchen mit wechselnden Perspektiven. Ein Mädchen schreibt die Geschichte nachträglich aus ihrer Sicht auf, dazwischen eingeschoben die Sichtweise des Mannes als Gegenwartserzählung. Es geht letztendlich natürlich um den, von seiner Mutter zum Psychopathen gemachten Mann, dem die unschuldigen Mädchen ins Netz gehen. Allerdings wirkt für mich das Ende etwas, will soll ich sagen, aufgesetzt. Es kommt mir vor, als hätte die Autorin, um den Abgabetermin einzuhalten, ein komplexes Muster schnell mit zwei rechts, zwei links beendet. Aber 3/4 des Romans sind hervorragend geschrieben und als TB zu empfehlen.


    Es sollte einen Folgeband geben, aber ich habe es bis vor kurzem aus den Augen verloren. Durch Zufall bin auf die webside der Autorin gestoßen


    Ramona Diefenbach


    und dort schreibt Sie, daß Sie Ihren neuen Roman "Frühling" gegen Bezahlung im Internet, statt als Buch veröffentlichen wird.
    Das soll so funktionieren: Leser zahlen einen Euro per T-Pay. Wenn Euro 3.500,-- eingegangen sind, werden 10 Seiten veröffentlicht und dann beginnt der Spaß von vorne.


    Ich zitiere aus Ihrer Begründung:


    Zitat

    Das Verfahren ist keine Ham se mal n’Euro?-Aktion. Das Ungewöhnliche an dieser Publikationsform ist, dass Sie die Autorin honorieren, nicht einen Verlag oder Verleger, Verkäufer oder Vertreter usw., für die es selbstverständlich ist, von ihrer Leistung, also letztlich der Leistung der Autoren zu leben, während es als genauso selbstverständlich hingenommen wird, dass Autoren nicht davon leben können. Es ist eine seltsame “Kulturnation”, in der ein interessantes Buch geringer geschätzt wird als die Arbeit eines Buchhalters oder Werbegrafikers?


    Der komplette Text steht unter dem obigen Link.


    Was meinen die Eulen dazu??
    Wer würde mitmachen??


    LG Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Och nö, da kauft man ja die Katze im Sack. :grin


    Außerdem... schaut Euch mal das PDF-an - da wurde gespart - auf 1 Spalte Text kommen 2 Spalten rand... *pfff*

    Lilli
    "The more you ignore me, the closer I get." [Morrissey]

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  • Naja, bei aller Liebe zu Autorinnen und Autoren und allem Verständnis für die chronische Unterbezahlung: Das ist ja eine seltsame Begründung. Verlage werden ja nicht für die Leistungen der Autoren bezahlt, sondern (im korrekten Fall) für ihre eigenen. Sie sorgen ja für Vertrieb, Werbung u.ä.
    Sollte die Autorin einen Eigenverlag gründen, bleibt ja die Kohle auch komplett bei ihr. Logo: Die Investitionskosten sind riesig. Aber deshalb gibt es eben auch Verlage. Oder habe ich da jetzt was im Buchgeschäft falsch verstanden ??????
    Außerdem: Was spricht denn dagegen, dass sie ihr Buch komplett schreibt und dann als e-book verhökert ?!?!?!

  • Das Prinzip ist nicht neu - ist das nicht so ähnlich, als würde man eine Zeitung mit einem Fortsetzungsroman kaufen? Bloss dass man da dann noch jede Menge Zeitung drumrum hat. ;-)


    Für mich wär das aber nix.

    Surround yourself with human beings, my dear James. They are easier to fight for than principles. (Ian Fleming, Casino Royale)

  • Würd ich nicht machen...
    klar, der Autor profitiert davon, aber ich bin ja Egoist und deswegen auf meinen Vorteil bedacht, und im Internet lesen ist nicht wirklich meins, und dann müsste ich es drucken... hm, nein.


    Und falls ich spannend wird, und ich müsste dann auf die nächsten zehn Seiten ewig warten?
    Nein... da hab ich lieber das ganze Buch :-)

  • Das hat sogar Stephen King schon mal gemacht, dem war es nicht genug Kohle, dann hat er einfach wieder aufgehört.


    War für mich mit ein Grund, nie wieder ein Buch von dem Knaben zu kaufen.
    Hauptgund war natürlich, daß mir seine Schreibe nicht mehr sonderlich gefallen hat - aber nach "Das Mädchen" hätte er noch eine Chance bekommen ... nur so einen Quatsch hätte ich nicht mitgemacht - und da war er bei mir auch als Autor unten durch.


    Der Knabe wurde immerhin ganz gut reich mit seinen Büchern, das gönne ich ihm - aber die Aktion grenzte schon an Größenwahn - ich freue mich, daß er damit auf die Nase gefallen ist.


    Ich will eine abgeschlossene Leistung, nicht ein angefangenes Buch - und entscheide mich, ob ich bereit bin für diese Leistung 24 € oder mehr hinzulegen, oder lieber auf das Taschenbuch für 10 € warte oder mir das eben nichts wert ist.


    Und was ist, wenn es mir, aber NUR mir und evtl. wenigen anderen Leuten sehr viel Wert ist, müssten wir dann 100 € oder mehr pro Seite bezahlen, nur damit der geschätzte Autor weiter schreibt?

  • Mir fiel übrigens noch ein, dass der Autor/die Autorin bei der oben genannten Rechnung ja 3500 Euro pro 10 Seiten verdienen würde.


    Sagen wir, das Buch hat 400 Seiten, also 40x10 Seiten. Das wären dann 140.000 Euro (!!!), die der Autor mit 400 Seiten verdienen würde, wobei jeder Leser für die 400 Seiten ca. 40 Euro zahlen würde. Man müsste warten, bis die nächsten zehn Seiten kommen und es müssten jedes Mal rund 3500 Leute erst einzahlen, bevor die nächsten Seiten kommen... also wer so doof ist... sorry. Und rechnet euch mal aus, was z.Bsp. Bernhard Hennen mit seinen ca. 800 Seiten "Die Elfen" verdient hätte (vorausgesetzt, das klappt alles wie es soll) - und dabei hätte der Leser 80 Euro für das Buch bezahlt, das ja noch nicht einmal gedruckt ist...!


    Ich fände es ja gut, wenn die Autoren mehr verdienen würden, aber ich kann mir als Schülerin nicht mal so die Bücher leisten, die es so gibt und überlege auch bei Taschenbüchern dreimal, bevor ich sie auch wirklich kaufe. HCs kommen bei mir höchstens als Gebraucht-Kauf oder Tausch infrage...!


    Kennt denn jemand ein Beispiel wo das Verfahren geklappt haben soll?

  • Zitat

    Original von dyke
    Was meinen die Eulen dazu??


    Es gibt Argumente, die würde ich sofort unterschreiben -- aber Fundamentalopposition ist mein Ding nicht mehr, aus dem Alter bin ich raus. Irgendwie bezweifle ich, daß das System aufgeht.


    Zitat

    Wer würde mitmachen??


    Ich will ja nicht unken, aber der "Teaser" hatte auf mich nicht die erwünschte Wirkung. Außerdem lese ich beruflich soviel am Bildschirm oder von DIN-A4-Seiten, daß ich beim Lustlesen das Ding "Buch" einfach brauche.
    Bei mir zuckt ohnehin sofort die Hand zum Rotstift, wenn ich Kommata vermisse oder Bezugsfehler entdecke etc. -- und bei Loseblattsammlungen oder Bildschirmlektüre wird das ernsthaft zur Qual. :lache