'Tanz des Vergessens' - Seiten 102 - 208

  • Zitat

    Original von Heidi Rehn
    Das Schöne an Literatur ist ihre Vielfältigkeit und letztlich wird jeder finden, was ihm gefällt. Die Auswahl ist groß genug.


    :write In diesem Punkt sind wir uns auf jeden Fall völlig einig. :-) :wave


    Ich habe inzwischen ein Alter erreicht, in dem ich sicher weiß, daß ich nicht mal die Bücher, die ich alle besitze, je werde lesen können. Geschweige denn alle, die mich interessieren würden. Ich nehme mir daher bewußt die Freiheit und das Recht heraus, mich für manche Dinge und Themen zu interessieren - und für manche eben nicht. Daß hierbei meine persönlichen Überzeugen natürlich eine gewichtige Rolle spielen, versteht sich von selbst.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • :wow Das geht ja munter weiter, Lou und ihre Freunde leben die Goldenen Zwanziger ja tüchtig aus.


    Ich mag Lou nach wie vor, auch, wenn ich längst nicht alle ihre Entscheidungen verstehen kann. Von Ernst und Hilde adoptiert werden :pille Kann mir auch beim besten Willen nicht vorstellen, dass Hilde derart naiv ist. :gruebel
    Lou versucht sich irgendwie mit dem Leben zu "betäuben", andererseits kommt sie mir vor, wie ein Blatt im Wind. Sie ist noch keine 20 Jahre alt und sucht einfach Geborgenheit und ihren Platz im Leben. Und, das in diesen Zeiten... Natürlich macht sie Fehler u vertraut vielleicht nicht den richtigen Menschen. Aber, woher soll sie denn die Weisheit nehmen!? Dazu kommen dann noch die Kriegserlebnisse.


    Manche offen ausgelebten Freiheiten überraschen mich etwas, aber gut. Das gehörte eben zum Bohemeleben dazu. Die Darstellung der Homosexualität stört mich jetzt nicht.
    Ich finde auch nach wie vor, das die Abbildung des gesellschaftlichen Lebens richtig gut gelungen ist. Genauso stelle ich mir diese Zeit vor, mit all ihren Ausschweifungen und Gegensätzen. (Die Politik jetzt mal außen vor gelassen.)


    Ich lese das Buch nach wie vor sehr gerne :-]

  • Zitat

    Original von Charlie
    "Denn ich will, dass es das alles gibt,
    Was es gibt."
    Andre Heller


    Charlie


    Mit so einem Zitat und Äußerung wäre ich vorsichtig. Bitte mal in der letzten Konsequenz durchdenken, was das bedeutet.


    Über diese Äußerung habe ich mich geärgert. Gerade habe ich Dein Post auf Deinem Blog gelesen. Jetzt bin ich mehr als nur ziemlich verärgert, stinksauer kommt dem schon näher. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß freie Meinungsäußerung nicht mehr erwünscht (oder gar erlaubt?) ist, da ist er nun. Du kannst beruhigt sein, ich melde mich zu Deinen Leserunden nicht an.


    Um hier nicht weiter als "Störenfried" zu gelten, werde ich mich zumindest über das Wochenende, evtl. darüber hinaus, aus der Leserunde zurückziehen. Das Buch lese ich nach derzeitigem Stand fertig.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich finde es schade, dass das hier jetzt wieder so ausgeufert ist. SiCollier hat doch nur gesagt, dass er bestimmte Themen nicht gern liest, aber ich habe das in keinster Weise als Kritik an Heidis Buch verstanden! Dass er sich vorbehält, ein Buch abzubrechen, weil es sich inhaltlich in eine Richtung entwickelt, die ihm nicht zusagt, ist sein gutes Recht und kein Grund, ihm hier das Gefühl zu geben, unerwünscht zu sein - ob man seine Ansichten nun teilt oder nicht.


    Ich denke auch, dass jeder Leser aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen ein Buch unterschiedlich liest, Dinge mehr oder weniger stark wahrnimmt und unterschiedlich darauf reagiert. Was für den einen "schmückendes Beiwerk" ist, wird für den anderen ein zentrales Thema - und umgekehrt. Diese Lese- und Interpretationsfreiheit sollten wir einander aber auch zugestehen, genauso wie die Freiheit zu sagen: "Dieses Buch und ich, wir werden keine Freunde werden.", ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen.
    Natürlich erhitzen sich die Gemüter schneller, wenn es dabei um hochsensible Themen geht, aber solange keiner dem anderen seine Meinung aufzwingt, bin ich immer noch dafür, dass jeder denken und lesen darf, was er möchte - und auch das Recht hat zu sagen: "Nein danke, dieses Thema lieber nicht."


    Friedliche Sonntagsgrüße,
    Bella

  • Zitat

    Original von belladonna
    Ich finde es schade, dass das hier jetzt wieder so ausgeufert ist. SiCollier hat doch nur gesagt, dass er bestimmte Themen nicht gern liest, aber ich habe das in keinster Weise als Kritik an Heidis Buch verstanden! Dass er sich vorbehält, ein Buch abzubrechen, weil es sich inhaltlich in eine Richtung entwickelt, die ihm nicht zusagt, ist sein gutes Recht und kein Grund, ihm hier das Gefühl zu geben, unerwünscht zu sein - ob man seine Ansichten nun teilt oder nicht.


    Ich denke auch, dass jeder Leser aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen ein Buch unterschiedlich liest, Dinge mehr oder weniger stark wahrnimmt und unterschiedlich darauf reagiert. Was für den einen "schmückendes Beiwerk" ist, wird für den anderen ein zentrales Thema - und umgekehrt. Diese Lese- und Interpretationsfreiheit sollten wir einander aber auch zugestehen, genauso wie die Freiheit zu sagen: "Dieses Buch und ich, wir werden keine Freunde werden.", ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen.
    Natürlich erhitzen sich die Gemüter schneller, wenn es dabei um hochsensible Themen geht, aber solange keiner dem anderen seine Meinung aufzwingt, bin ich immer noch dafür, dass jeder denken und lesen darf, was er möchte - und auch das Recht hat zu sagen: "Nein danke, dieses Thema lieber nicht."


    Friedliche Sonntagsgrüße,
    Bella


    Das kann ich so :write

  • Ich habe das hier - wie auch schon in der Leserunden zum "Sommer..." - durchaus als freie Meinungäußerung verstanden, zu der jeder - gottseidank! - das Recht hat. Was für ein Luxus, den wir uns da erlauben können und sollen!
    Ebenso habe ich allerdings auch Charlies Zitat als offene Meinungsäußerung verstanden.


    Als Autorin kommen mir allerdings dasselben Rechtn zu wie euch als Lesern. Das bitte ich euch ebenfalls zu akzeptieren wie ich es für euch tue. Danke!


    Auf einen weiterhin fairen, offenen und anregenden Austausch.

  • Um Mißverständnisse zu vermeiden, möchte ich ausdrücklich und expressis verbis betonen, daß meine Äußerungen nicht durch irgendein Post von Heidi Rehn verursacht wurden. Ich habe unsere Diskussion hier wie in der früheren Leserunde durchaus als sachlichen Austausch von Argumenten verschiedener Meinungen aufgefaßt. Weder habe ich es als Angriff verstanden noch in irgendeiner Form so gemeint.


    Das hier:

    Zitat

    Original von Heidi Rehn
    Auf einen weiterhin fairen, offenen und anregenden Austausch.


    beschreibt die Intention sehr gut und dem kann ich mich auch, bei aller verschiedenen Sicht, vollinhaltlich anschließen.
    :wave

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Auch der zweite Abschnitt hat mir gut gefallen.
    Lou lässt sich also von Ernst und Hilde adoptieren. Auch eine Möglichkeit für Ernst und Lou, ihre Beziehung weiter zu führen. Das Hilde von alledem nichts mitbekommt, kann ich mir garnicht vorstellen. Ich glaube, dass sie sehr wohl Bescheid weiss.
    Und Lou führt nun ein angenehmes Leben, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob sie sich wirklich wohl fühlt. Zwar geniesst sie den Luxus eines großen, warmen Zimmers und der riesigen Badewanne, aber das Drumherum ist ihr zuviel.
    Schade finde ich, dass sie scheinbar keine Kontakte zu ihren früheren Freunden mehr hat.

  • Diesen Abschnitt habe ich nun durch.


    Bei der Begegnung mit Lous Bruder Karl kommt dann ans Tageslicht, weshalb er sein Bein verloren hat, und weshalb sich Lou Vorwürfe macht. Die Aussprache ebnet dann beiden den Weg in die Zukunft; Karl zum Studium nach Köln und Lou als Ziehtochter zu Ernst und dessen Frau Hilde.


    Die sind mir übrigens beide nicht ganz geheuer, auch wenn Ernst am Ende eine Erklärung für sein Verhalten gibt. Aber vor allem Hilde ist mir doch recht suspekt. Wenn da mal nicht noch was aus dem Hinterhalt kommt.


    S. 191 kommt dann etwas, worauf ich schon lange gewartet habe bzw. was mich irritiert hat, daß es bisher nicht kam: der Hinweis von Hilde auf die Arbeiterhände Lous. Ich habe mir schon ein paar Mal gedacht, weil doch von den Händen die Rede war, daß es doch eigentlich auffallen müßte, das Lou offensichtlich mit ihren Händen richtig arbeitet. Aber vielleicht will Hilde (aus welchen Gründen auch immer) manches einfach nicht wahrhaben.


    Es wundert mich etwas, daß Lou nicht schwanger wird. Aber manche Frauen werden eben nicht, selbst wenn sie wollten.


    Ich habe ich denn doch erst mal nachgesehen, ob es diesen Alfred Schuler tatsächlich gegeben hat. Es hat!


    So langsam wird mir klar, warum ich mich mit der Zeit so schwer tue. Mit dem Zusammenbruch des Kaiserreiches ist eine Weltordnung zusammen gebrochen. Ohne, daß ich es jetzt an irgendetwas festmachen könnte, habe ich beim Lesen das Gefühl, daß eine ganz andere, neue Ordnung (und mich meine nicht das 3. Reich) im Werden ist. Die letztlich zur Heutigen führt. Mit der ich mehr und mehr unzufrieden bin.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von saphiria
    Auch der zweite Abschnitt hat mir gut gefallen.
    Lou lässt sich also von Ernst und Hilde adoptieren. Auch eine Möglichkeit für Ernst und Lou, ihre Beziehung weiter zu führen. Das Hilde von alledem nichts mitbekommt, kann ich mir garnicht vorstellen. Ich glaube, dass sie sehr wohl Bescheid weiss.
    Und Lou führt nun ein angenehmes Leben, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob sie sich wirklich wohl fühlt. Zwar geniesst sie den Luxus eines großen, warmen Zimmers und der riesigen Badewanne, aber das Drumherum ist ihr zuviel.
    Schade finde ich, dass sie scheinbar keine Kontakte zu ihren früheren Freunden mehr hat.


    Hilde weiß Bescheid, aber sie hat ihre Gründe, das Arrangement zu akzeptieren.
    Lou leidet darunter, ihre alten Freunde nicht msehr so oft zu sehen, aber Max ist weg, Judith trifft sie auf dem Friedhof und Frida sieht sie, wenn Ernst und ihr es gelingt, ohne Hilde etwas zu unternehmen. Das hat Ernst vorher ja auch getan. :-]

  • Zitat

    Original von SiCollier


    Ich habe ich denn doch erst mal nachgesehen, ob es diesen Alfred Schuler tatsächlich gegeben hat. Es hat!


    Alfred Schuler ist eine sehr schillernde Persönlichkeit in der Münchner Künstlerszene um 1900 gewesen. Ich war überrascht, als ich las, dass er nach 1918 in bürgerlichen Salons ein gern gesehener Gast war, u.a. bei Elsa Bruckmann, wo er mit Adolf Hitler in Berührung kam. Da ihr Salon das Vorbild für die fiktive Martha Domberg ist, habe ich das aufgegriffen, weil es auch einiges über die Atmosphäre dort wiedergibt.

  • Zitat

    Original von SiCollier


    So langsam wird mir klar, warum ich mich mit der Zeit so schwer tue. Mit dem Zusammenbruch des Kaiserreiches ist eine Weltordnung zusammen gebrochen. Ohne, daß ich es jetzt an irgendetwas festmachen könnte, habe ich beim Lesen das Gefühl, daß eine ganz andere, neue Ordnung (und mich meine nicht das 3. Reich) im Werden ist. Die letztlich zur Heutigen führt. Mit der ich mehr und mehr unzufrieden bin.


    Ich dachte, das ist Dir schon klar gewesen, weil es ja z.B. auch in meinem "Sommer der Freiheit", den Du hier auch mitgelesen hast, Thema war. Ich kann in dem Zusammenhang immer nur auf das grandiose Buch vonPhilipp Blom "Der taumelnde Kontinent. Europa 1900-1914" verweisen, der diese Wandlung der Weltanschauung hervorragend beleuchtet - nicht nur für das Deutsche Kaiserreich, sondern für den gesamten Kontinent.

  • Ja, aber bisher haben eben alle Bücher relativ bald nach dem Ende des 1. Weltkrieges aufgehört. Wenn ich das richtig sehe, ist dieses mein erstes Buch, das in den Zwanzigern (bzw. explizit in dieser Umgebung - Großstadt - und Kreisen, ich denke, Rußland um diese Zeit ist kein Vergleich) spielt, zumindest im "säkularen" Bereich. Und ich schätze (habe gestern Abend noch etwa bis zur Hälfte des nächsten Abschnitts gelesen), es wird in diesem wohl auch mein einziges bleiben, zumindest auf mittlere Sicht.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

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  • Zitat

    Original von Heidi Rehn
    Aber, wie schon öfter ausgetauscht, es gibt eine Fülle an Literatur und Du wirst nicht in die Verlegenheit kommen, keinen ausreichenden Lesestoff zu finden. :-)


    Das ist allerdings wahr. :-)


    Im Übrigen war ich schon immer der Meinung, daß man sich nicht für alles interessieren kann. Oder muß.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Der zweite Abschnitt hat mir auch sehr gut gefallen.


    Lou trifft ihren Bruder Karl. Wir erfahren, wie sich Karl seine Verletzung zugezogen hat. Eine Aussprache zwischen Lou und Karl, hilft beiden, um ihren weiteren Lebensweg zu beschreiten. Karl geht nach Köln um Jura zu studieren und Lou wird von Ernst und Hilde adoptiert.


    Ob dies aus Lou´s Sicht so eine kluge Entscheidung war? Das positive daran ist, das sich keine finanziellen Sorgen mehr zu machen braucht. Aber andererseits wird sie sehr von Hilde eingespannt und der ganze Alltag diktiert. Und das Hilde nichts von Lou´s und Ernst´s Beziehung weiß, glaub ich auch nicht. Ich denke, das sie sehr genau bescheid weiß. Aber solange alles vor der Gesellschaft geheim ist und sie als "glückliche" Familie dastehen, ist ihr das auch irgendwie gleichgültig. Sie benutzt Lou nur, um in der Gesellschaft ein gutes Ansehen zu erlangen.

  • Der Maskenball am Anfang des Abschnitts hat mir gut gefallen. Die damalige Freizügigkeit, aber auch Verruchtheit wurde gut rübergebracht.
    Ich frage mich, wer diese vermeintliche Freundin von Frida ist und was es mit ihr auf sich hat. Wieso bunkert Frida deren unzählige Klamotten?
    Einerseits mag ich Lou, aber irgendwie finde ich es auch unsympathisch, dass sie nicht mal ein schlechtes Gewissen hat, die Geliebte eines Mannes zu sein, der schon verheiratet ist. Und dann stimmt sie auch noch dieser Adoption zu. :yikes Ich könnte niemals mit der Ehefrau meines Geliebten in einem Haus wohnen und die Tochter mimen..
    Zudem mir Hilde gar nicht gefällt. Ich finde sie zwiespältig, steif und immer zu sehr darauf konzentriert, was andere denken. Allgemein ist ihre Gesellschaftsschicht immer so sehr auf das Einhalten von Sitten bedacht.
    Judith gewinnt auch mehr und mehr an Farbe. Aber irgendwie fand ich es etwas typisch, dass sie ausgerechnet so gut im Boxen ist. :grin Fridas Benehmen ihr gegenüber fand ich enttäuschend. Warum muss sie Judith so als Rivalin sehen und will unbedingt die bessere Freundin von Lou sein? Aber eine interessante Person bleibt Frida nach wie vor.