Taschenbuch: 336 Seiten
Verlag: Heyne Verlag
erschienen am 4. Juni 2007
Originaltitel: Downing Street Number Ten
zur Autorin: (Quelle: Randomhouse)
Sue Townsend wurde 1946 in Leicester geboren. Mit 15 Jahren brach sie ihre Schulausbildung ab und hielt sich mit verschiedenen Jobs über Wasser. 1978 begann sie, erste Bühnenstücke zu schreiben. Mit den Tagebüchern des Teenagers Adrian Mole wurde sie zu einer der meistgelesenen Autorinnen Englands. In ihren Romanen setzte sie sich immer wieder satirisch-kritisch mit der Monarchie und Klassengesellschaft in England auseinander. 2001 erblindete die Autorin infolge einer Diabetes-Erkrankung, sie blieb aber zeit ihres Lebens beim Schreiben. Sue Townsend starb 2014 an den Folgen eines Schlaganfalls.
zum Inhalt:
Die Londoner Adresse Downing Street Nummer 10 ist rund um die Uhr gut bewacht. Zu gerne wüsste man, was sich dahinter für ein Leben abspielt. Mit dieser Satire bekommt man eine ungefähre Vorstellung davon. Sue Townsend hat erneut eine hochrangige Person des öffentlichen Lebens als Vorlage für ihren Roman genommen. Ihr Premierminister Edward Clare (reimt sich verdächtig auf Blaire) macht seinen Job seit sieben Jahren. Schon nach dem Weckerklingeln tauscht er sich mit seiner Frau über Transsubstantiation aus, statt einfach nur zu frühstücken. Täglich muss er wichtige politische Entscheidungen treffen, sich mit dem Parlament beraten und abends wieder um die Familie kümmern. So ist es kein Wunder, dass er im Laufe der Zeit den Kontakt zur realen Welt verloren hat. Um diesen Missstand zu beheben, reist er eine Woche lang inkognito durch Großbritannien.
meine Meinung:
Townsend stellt dem Premier auf seiner Reise den Polizisten Jack Sprat an die Seite, der für seine Sicherheit sorgen soll. Sprat kommt aus einer Familie, die keine Polizei mochte und sich auch nicht um die Ausbildung ihrer Kinder gekümmert hat. Er hat sich außerhalb der Schule das Wissen angeeignet, um auf der Polizeischule angenommen zu werden. Statt einer Limousine steht ihnen ein Taxi mit dem Fahrer Ali, einem Pakistani, zur Verfügung. Um wirklich unerkannt zu bleiben, verkleidet sich Clare als Frau mit blonder Perücke und nennt sich Edwina. So kann er im Notfall als Schwester des Premierministers durchgehen und erfährt eine Menge von den Sorgen, die das britische Volk auf dem Herzen haben. Es geht dabei um soziale Notstände in Grumpton, deren Wohnverhältnisse sogar unter denen der Gefängnisse liegen und Themen wie Armut, Gewalt oder Drogen. Kritisch wird es, als Edwina selber zu einer Untersuchung ins Krankenhaus muss und dort eine Behandlung ohne die üblichen Vorzüge erhält. Die Situationskomik stellt die Autorin im Stil von Komödien mit Geschlechtertausch dar, was zu einigen Lachern führt.
Die Satire um die britische Regierung ist verglichen mit den Vorgängern um das Königshaus eher schwach und nur Kennern der Nachbarinsel zu empfehlen. Die Handlung gleicht einem Roadmovie und der Humor ist in vielen Fällen versteckt in Beschreibungen der Umstände oder Übertreibung der Charaktere. Die Rolle der Ehefrau wird ebenfalls kritisch betrachtet und ist trotz des Spotts sogar noch die glaubhafteste Rolle. Da das Buch im Original bereits 2002 erschienen ist, wird es immer schwieriger, diese Spitzen zu erkennen. Mit den entsprechenden Kenntnissen und Liebe zum Anglophilen ist die Lektüre wunderbare Unterhaltung von der leider 2014 verstorbenen Autorin. Sie öffnet tatsächlich einen spaltbreit die bekannteste schwarze Tür der Welt.