Stories aus dem Real Life sind mir immer noch die liebsten. Das kann aufklärend sein (Ich erinnere mich an ein gutes Buch von einem Ex-Pharmazeut namens John Virapen), das kann aber auch unterhaltend sein, wie das Buch der Stewardess "Bei Druckverlust öffnet sich eine Klappe".
"Schwarzmarkt Tickethandel - Ein Dealer packt aus" fällt in diese Kategorie. Es ist ein Sachbuch mit Enthüllungscharakter. Eines, das es in sich hat.
Wer wie ich auch gleichzeitig Fussballfan ist, der ist über die Machenschaften des "Wim Bledon" entsetzt und wütend zugleich.
Dies ist das Pseudonym des Autors, der seine Schandtaten nicht unter seinem richtigen Namen zugeben will.
Der Verlag schreibt gleich im Buch, dass er die Identität des Autors selbst nicht kennt und man über anonyme Internetverbindungen kommuniziert habe.
Das macht die Sache natürlich zunächst mysteriös.
Natürlich bleibt die Frage damit offen: Wer ist der Autor? Ein Prominenter? Eine gewöhnliche einfache Person? Oder vielleicht sogar ein Hochstapler?
Wenn man dann allerdings das Buch liest, dann merkt man eines: Das ist alles echt, was hier ausgepackt wird,
Inhalt
Doch worum geht es überhaupt?
In "Schwarzmarkt Tickethandel" packt der anonyme Autor aus, wie er professionellen Schwarzhandel mit Eintrittskarten und Tickets aller Art betreibt.
Das hört sich zunächst etwas nebensächlich an, liest man aber die Berichte und sieht, was dahintersteckt, dann geht einem immer mehr das Messer in der Tasche auf. Man ist zwar einerseits bei dem Buch gut unterhalten, aber andererseits wird man wütend.
Denn Wim Bledon kauft gezielt den Fans die Tickets weg, indem hunderte Fakeadressen generiert werden, falsche Fanclubs gegründet werden, um an große Ticketkontingente zu kommen und viele miese Tricks mehr.
Auf diese Weise gelangt er immer wieder an hohe Ticket-Stückzahlen von FC Bayern, Borussia Dortmund, Eintracht Frankfurt aber auch Champions League-Spiele und Musikevents.
Speziell für Wacken und Tomorrowland kauft er große Mengen ein; ein Kumpel und er machen damit jedes Jahr bei eBay und viagogo 50.000 Euro. Rammstein und selbst Schlagerfuzzis wie Helene Fischer sind ständig ausverkauft und das macht sich der Buchautor zunutze.
Auch hier kauft er hunderte Karten auf und macht damit Zigtausende.
Manchmal kann die Spekulation gewaltig in die Hose gehen. So wie beim Eurovision Song Contest, der damals in Deutschland stattfand. Er und Schwarzhändler-Komplizen kauften angeblich einen größeren Teil des gesamten Stadions damals auf.
Was sich unwirklich anhört, ist allein aufgrund der Beschreibung wie der Autor das schildert ziemlich authentisch. Die Preise aber fielen damals so stark, wegen der Schwarzhändler, dass sich sich riesig verspekulierten und viel Geld verloren.
Aber natürlich verloren auch alle viel Geld, die damals aus anderen Gründen nicht zum ESC selbst hinkonnten und wegen der Flut an Schwarzhändler-Tickets ihre Karten weit unter Wert abgeben mussten.
Aber Bledon kauft auch andere knappe Tickets auf, z.B. Bahnfahrkarten. Das führt wiederum dazu, dass die Bahn aufgrund dieser Schwarzhändler die Zugbindung verschärfte und Ausweispflicht einführte. Wer heute ein Sparticket kauft und dann es doch nicht nutzen kann, der kann es nicht mehr weiterverkaufen. Alles nur, weil Schwarzhändler das als profitables Geschäft für sich entdeckten.
Immer wieder redet sich Wim Bledon damit heraus, dass es ja auch Prostitution und ähnliches gebe und er sehe sich lediglich als Dienstleister, weil der Markt das Geschäft möglich mache.
Skrupel Fans abzuzocken und ihnen die Karten im Vorverkauf gezielt wegzunehmen, nur um sie ihnen später viel teurer weiter zu verkaufen, gibt er offen zu, hat er keine.
Und als wäre das nicht schlimm genug, gibt er unverfroren Tipps, wie man in den Markt einsteigt. Er empfiehlt es Studenten, die nicht kellnern wollen. Wieso einen 400-Euro-Job annehmen und viele Stunden des Monats arbeiten, wenn man einfach nur mal kurz ein paar Tickets einkaufen und wieder verkaufen kann? Das sei doch viel einfacher.
Warum Aktien von Google kaufen? Bis man da 500% Rendite hat, muss man Jahre warten. Beim Schwarzhandel von Eintrittskarten geht dieselbe Rendite innerhalb von Wochen herauszuholen.
Und wer doch mal erwischt wird, für den hat der Typ Musterbriefe vorbereitet, wie man die Abmahnanwälte und Bundesligavereine kalt auflaufen lässt.
Selbst Tipps, wie man eBay-Auktionen formuliert, um den Vorwurf des gewerblichen Schwarzhandels auszuhebeln, werden darin gegeben.
Fazit:
Das Buch ist ziemlich spannend, liest sich auch recht gut, aber es ist auch eine echte Unverschämtheit.
Denn zurecht werden einige sich animiert fühlen, es Wim Bledon gleichzutun und mit Tickets anfangen das große Geld machen zu wollen. Wenn da viele Trittbrettfahrer aufspringen, dann wird es für echte Fans noch viel viel schwerer, zum Normalpreis an Tickets zu kommen.
Im Prinzip können Bundesliga- und Konzertfans nur eines machen: Auf die Events so lange verzichten, bis die Schwarzhändler keinen Spaß mehr am Geschäft haben und der Markt zum Erliegen kommt.
Ob das allerdings passiert, ist die große Frage. "Wim Bledon" beschreibt ziemlich treffend, dass die Deutschen geradezu süchtig nach Events sind und viele bereit sind, jeden Preis zu zahlen.
==> Wer sich für kriminelle Hintergründe interessiert, kann man "Schwarzmarkt Tickethandel" gut empfehlen.