Der Autor: Antonin Varenne arbeitete nach seinem Philosophiestudium in verschiedenen Berufen überall auf der Welt, bevor er in den USA seinen ersten Roman schrieb. Seine Werke wurden mehrfach ausgezeichnet.
Das Buch: Arthur Bowman ist einer jener vielen Söldner, weche für die Ostindienkompanie in Birma kämpfen. Er ist hart und rücksichtslos, einer der den Job erledigt!
Aus diesem Grund wird er auch mit der Durchführung einer speziellen Operation betraut, welche allerdings einen desaströsen Ausgang nimmt und mit der Gefangenschaft Bowmans und seiner Gefährten endet.
Jahre später ist Bowman ein einfacher Polizist in London, nach der Gefangenschaft und grausamen Folter im Dschungel allerdings ein gebrochener Mann, der nur mit Alkohol und Drogen gerade so zu existieren vermag.
Eines Tages entdeckt er in der Kanalisation eine grausam zugerichtete Leiche, deren Anblick ihn wie ein Hammerschlag trifft. Die Verletzungen des Toten gleichen den eigenen vernarbten Wunden, die ihm in der Gefangenschaft zugefügt wurden.
Deswegen selbst der Tat verdächtigt setzt sich Arthur Bowman auf die Spur des Killers, was ihn bis nach Amerika, tief in den Wilden Westen führt.
Meine Rezension: Dieses wahrhaft herausragende Werk ist weder ein historischer Krimi noch ein Wildwestroman! Es ist ein Abenteuerroman!
Ein Abenteuerroman beschreibt in der Regel - von der es natürlich Ausnahmen gibt - die Reise eines oder mehrerer Protagonisten. In vielen Fällen, von Karl May bis Rider Haggardt sind die Ereignisse auf dieser Reise, die Abenteuer, der zentrale Punkt der Erzählung. In dem hier vorliegenden Buch allerdings - und hier sei Joseph Conrad als anders Beispiel genannt - ist das Innenleben des Protagonisten die treibende Kraft, sowie der Veränderungen seines Verhaltens und seines Charakters, die durch die Eindrücke der Reise ausgelöst werden. (Nein, die Veränderung vom Greenhorn zu Old Shatterhand sind damit nicht gemeint!)
Auch der hier vorliegende Roman beschreibt eine solche Reise. Deren Ziel ist nicht primär nur die Aufklärung des Verbrechens und der damit einhergehende Unschuldsbeweis für Bowman. Vielmehr geht es darum mit der Vergangenheit abzuschließen, darum vielleicht ein wenig Frieden zu finden.
Varenne beschreibt hier die Stadt London als überwiegend dreckige, stinkende Kloake, deren Einwohner unterhalb eines zum leben notwendigen Einkommens in einer Art gesetzlosem Slum hausen. Auch die Polizei, die eigentlich zum Schutz der Gesellschaft agieren sollte rekrutiert ihr Personal vornehmlich aus den niederen Schichten, die Grenze zwischen dem Gesetz und der Gesetzlosigkeit ist relativ durchlässig.
Seine Spur führt Bowman irgendwann in die Vereinigten Staaten, das bevorzugte Ziel all derer, die sich in einer freien Umgebung ein neues, besseres Leben wünschen.
New York zeigt sich Bowman allerdings als ebenso düster und verkommen wie die Stadt, aus welcher er kommt.
Er wird Zeuge wie eine Demonstration für besser Löhne von Soldaten gewaltsam beendet wird. Diese feuern weiter, auch als die Teilnehmer längst fliehen - es sind vor allem Frauen und Kinder.
Und selbst im Westen, fernab vom sehr britisch geprägten, "zivilisierten" Osten zerschlägt der Autor unser Traumbild der Neuen Welt: Eine Siedlung zerfällt und vergeht langsam, da die Bewohner zwar idealistisch genug waren diese zu gründen, aber in der Praxis nicht dazu in der Lage waren sie am Leben zu halten.
Was Bowman dagegen am Leben erhält ist seine Suche, welche immer mehr auch eine Suche nach dem Grund seines Überlebens und dem Scheitern der anderen wird, es ist eine Suche die weit jenseits der Jagt auf einen Mörder führt, es ist diese Suche die verhindert das auch Bowman am dem Leben, welches ihm nach all den schrecklichen Ereignissen geblieben ist, scheitert. Und es sind diese Erfahrungen mehr denn das erfolgreiche Abschließen der Suche die ihm irgendwann, irgendwo vielleicht etwas Frieden bringen mögen.
Auch wenn ich Prognosen dieser Art eher ablehne, so glaube ich doch das dieser Roman das Zeug zu einem Klassiker hat - allein schon weil er heute nur wenig Konkurrenz fürchten muß!