Erstmals erschienen 1974
Anfang der 1970er entschloß man sich beim Süddeutschen Rundfunk Romane von Hedwig Courths-Mahler zu verfilmen. Da die Romane als etwas anrüchig galten und unter Schund klassifiziert wurden und die Verantwortlichen deswegen von Schuldgefühlen geplagt, daß sie ‚so etwas‘ dem Publikum vorsetzen, gab es dieses Buch. Geschrieben hat es Curt Riess (1902-1993), Journalist und Autor u.a. von etwas populär gehaltenen Biografien berühmter KünstlerInnen aus Film, Literatur, Musik.
Seine Biographie beginnt mit dem Anfang des Romans ‚Griseldis‘ und schlägt gleich den Bogen zu der damals entstehenden Verfilmung von Peter Beauvais. Die Mischung von Romaninhalten und Sachthema behält er bei. Da er für die Lebensbeschreibung von Courths-Mahler nicht sehr tief gegraben hat, erfährt man mindestens soviel über Liebe und Leid in den ausgewählten und für eine Verfilmung vorgesehenen Romanen wie über die Autorin.
Ihr Lebensweg liest sich wie einer ihrer Romane. 1867 in Nebra geboren, bei Pflegeeltern aufgewachsen, weil der Mann ihrer Mutter nicht ihr Vater war, mußte sie mit vierzehn die Schule verlassen. Sie arbeitete als Dienstmädchen, wo sie auf die ‚Gartenlaube‘ stieß, die berühmteste Zeitschrift für Unterhaltungsromane jener Jahre. Sie verliebte sich ins Lesen und bald auch ins Schreiben, mit siebzehn kritzelte sie die erste Geschichte zusammen. Es folgte eine Handvoll weitere, für die Schublade. Inzwischen war sie Verkäuferin geworden. Sie schrieb immer noch. Eines Tages war sie mutig genug, eine ihrer Geschichten an eine Zeitung zu schicken. Sie wurde tatsächlich gedruckt. In der Folgezeit schickte sie immer wieder Geschichten an Zeitungen, immer wieder wurden sie angenommen. Der erste größere Erfolg war ein Fortsetzungsroman im Chemnitzer Tagblatt 1904. Es dauerte aber noch Jahre, bis sie berühmt wurde.
Sie heiratete, bekam zwei Töchter, die Familie zog 1905 nach Berlin. Finanzielle Schwierigkeiten brachten Courths-Mahler dazu, das Schreiben wieder aufzunehmen. Sie wurde schlecht bezahlte Lohnschreiberin, mit einer Produktion von mindestens zehn Romanen im Jahr. Das Tempo behielt sie auch später bei, als sie längst keine Schreibsklavin für Fortsetzungsromane war, sondern ihre Geschichten als gebundene Bücher herauskamen. Ihr Arbeitstag betrug ca. 14 Stunden, ihr Einkommen war zeitweise hoch, es konnte 30 000 Mark/Monat betragen. Bis etwa 1920 schrieb sie mit der Hand, dann erst kaufte sie eine Schreibmaschine.
Ihre Interesse fürs Theater, Komödie und Oper, brachte ihr viele Bekannte unter den KünstlerInnen, zeitweise führte sie einen Salon. Mitte der 1930er zog sie nach Bayern, in ein Haus am Tegernsee, der Ruhe wegen. Sie schrieb immer noch. Als sie 1950 starb, hatte sie mindestens 200 Romane geschrieben.
Das Problem bei diesem Buch ist, daß Riess nichts ausläßt, um seine Heldin im besten Licht erscheinen zu lassen. Ihre Freundlichkeit, Bescheidenheit, ihre gute Ehe und das harmonische Familienleben seien ihm und ihr unbenommen. Nicht ganz so schön ist, wenn Riess Szenen erfindet, in denen Courths-Mahlers ‚Widerstand‘ gegen die Nationalsozialisten ausgemalt werden, die einer Überprüfung leider nicht standhalten. Das Gegenteil war der Fall. Daß jemand wie Riess, der selbst vor den Nazis flüchten mußte, so etwas verbreitet, befremdet. Die Schwierigkeiten der Töchter mit den Nazis schildert er ausführlicher am Beispiel der jüngeren, Friede, was hinter dem Familienkonflikt wegen der älteren Tochter steckt, überspielt er. Es muß alles glücklich und rosarot sein, wie eben in den Romanen.
Es gibt ein Spürchen Kritik, etwa, daß in Courths-Mahlers Welt fast ausschließlich Adlige auftreten, die über jeden Tadel erhaben sind. Daß Reichtum die Lösung aller Probleme ist, daß die Dienstboten immer treu sind, nie an sich denken und die Herrschaft vergöttern. Die schreckliche sprachliche Umsetzung. Aber noch ehe die Kritik richtig wirkt, wird sie schon entkräftet. ‚Das war damals so‘, heißt es dann, oder ‚die Autorin war ärmlich aufgewachsen, so waren eben ihre Träume‘ oder ‚sie wollte den Menschen ja nur etwas Gutes schenken‘. Hier wird deutlich eine Ware angepriesen.
Es gibt Fotos der Familie, Porträts von Courths-Mahler aus allen Lebensabschnitten und, wirklich interessant, eines Auszugs einer Honorarabrechnung aus der Schweiz von 1942.
Das Ganze liest sich flott und herzerwärmend, ist gekonnt formuliert und verzichtet auf jeden höheren Anspruch. Das Buch richtet sich schließlich an die, die gern Courths-Mahlers Romane lesen. Die Bücher wie ihr Publikum werden auch alle paar Seiten heftig verteidigt gegen den Vorwurf seicht, anspruchslos und verdummend zu sein. Sie sollen einfach schöne Unterhaltung bieten, entspannen, ablenken, das Leben versüßen, so wie die Marzipankugeln, die Courths-Mahler so gern im Theater oder im Kino aß, wenn vorne auf Bühne oder Leinwand ‚Henny Porten oder Asta Nielsen geköpft werden‘.
Da diese Biographie nicht ehrlich ist, Fakten verbiegt, zurechtrückt, beschönigt oder verschweigt, um die Verfilmung anzupreisen und damit auch gleich den Nachdruck der Romane Courths-Mahlers anzukurbeln, ist sie ein Beleg dafür geworden, was der Kitschroman tatsächlich ist: eine einzige bewußte Lüge, um Leserinnen hinters Licht zu führen, sie mit billigen Vorwänden am Nachdenken zu hindern und damit viel zu verdienen. Und natürlich werden die Leserinnen für dumm gehalten. Hätte man ihnen sonst eine geschönte Biographie ihrer Lieblingsautorin vorgelegt?