Historische Romane = Schund?



  • Endlich mal jemand, der diese Selbstdarstellerin Teresa durchschaut. Ist schon schlimm wie einige meinen sich über andere erheben zu müssen.


    Aber was soll man auch schon von Leuten halten, dieser grausamen Hilary Mantel offenbar obsessiv verbunden sind.


    Booklooker, deine Einwand war überfällig!

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Teresa


    ja, das ist waghr, auf ihren Websites schreiben die AutorInnen, warum sie ihre Themen wählen. Schön.
    Ich habe mich etwas schräg ausgedrückt, das passiert häufig.
    Was für mcih die Wahl eiens historischen Themas schlüssig macht, ist das Intersse an einem zentralen Thema, das einen Bezug zur heutigen Zeit hat.
    Nioch mal Grete Minde:
    hätte Fontane die Umstände zu Lebzeiten dieser Frau beschreiben wollen, hätte er das tun können, die Akten lagen ja da. Das wollte er aber nicht, weil es ihm nciht darum ging, eine vergangen Zeit wiederaufleben zu lassen oder 'Opfern ein gesicht geben'.
    Er hatte in dem bißchen, was er fand gefunden, wa er suchte, nämlich einen Aufhänger für ein Thema, das ihn wieder und wieder beschäftigte: die Beschränkungen, die die Gesellschaft Frauen auflegt und die Unmöglichkeit, sich angemessen zur Wehr zu setzen.
    Das ist das Thema, es kommt auch in anderen Texten von ihm vor. Es geht ihm nicht um Historienspektakel.


    Es sind die Historienspektakel, die so leicht in Schund abrutschen können.


    Noch mal zu Mantel:


    ich sehe ihre Bücher keineswegs als Geheimtip. Sie hat für 'Wölfe' den Man Bookerpreis bekommen, deswegen wurde das Buch ja wohl übersetzt. In folgenden Jahr war es immer wieder wochenweise auf den Bestsellerlisten, die Feuilletons haben es breit besprochen. Es lag stapelweise in Buchhandlungen.


    Die Frage, ob so ein Buch von einer deutsche Autorin gedruckt worden wäre, kann man so nicht stellen.
    Mantel ist keine Debütautorin. Sie schreibt seit den frühen 1980ern, wenn ich das recht sehe. Keine historischen, sondern Romane, die in der jeweiligen Gegenwart spielen. Sie hat sich langsam hochgearbeitet in England.
    Hier war sie vor dem Man Booker Preis völlig unbekannt.


    Man müßte eher fragen, ob ein historischer Roman von Lewitscharoff, Ulla Hahn, Streeruwwitz, Christa Wolf etc. gedruckt werden würde.
    Die Antwort ist doch klar?

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Teresa
    Auffallend auch, dass das einzige Buch, das eindeutig eine ganz eigene Liga ist ( "Wölfe" von Hilary Mantel) eine Übersetzung aus dem Englischen ist. (Ich frage mich übrigens, ob ein Buch wie "Wölfe" es auch auf den deutschsprachigen Buchmarkt geschafft hätte, wenn Mantel eine deutschsprachige Autorin gewesen wäre.) Letztlich aber war dieses Buch auch kein wirklicher Bestseller oder besonders omnipräsent, sondern einfach ein Geheimtipp, den ich glücklicherweise erhalten habe.


    Hilary Mantel steht selbst jetzt noch auf der NYT Bestseller List (hier, Wölfe war immerhin auf Platz 36 der Spiegel-Bestsellerliste im Jahr 2010. Das ist nicht ganz so erfolgreich wie SoG, aber präsent genug, um kein Geheimtipp mehr zu sein.


    Hilary Mantels Bücher, insbesondere die beiden, für die sie den Man Booker Prize bekommen hat, sind zweifellos etwas ganz besonderes. Allerdings sind es auch Bücher, die besondere Anforderungen an den Leser stellen, die nicht jeder zu jederzeit mitbringt, manch einer sogar sein ganzes Leben nicht.


    Insofern finde ich es auch durchaus gut, wenn Autoren handwerklich solide Unterhaltungsliteratur im historischen Bereich liefern, und Leuten damit Themen näher bringen, mit denen sie sich sonst vielleicht nicht beschäftigen würden. Und wenn es dann noch so weit geht, wie es Magali im Beispiel mit Shona MacLean aufzeigt - umso besser (übrigens "Friedhof der Unschuldigen" von Andrew Miller ist für mich ein Roman, der über ein historisches Ereignis deutlich macht, was Veränderungsprozesse für Menschen bedeuten, wie sie auf Menschen wirken und welche Entwicklungen Menschen im Rahmen solcher Veränderungsprozesse machen).

  • Zitat

    Original von Booklooker
    Ist das denn auch so? Mir ist doch egal, wie der Autor heißt, wenn der Inhalt stimmt.


    Verkauft wird nicht "Buch X" vom Autor "Y" zum Thema "Z", verkauft wird ein Paket aus Name/Titel/Autorenname - das muß einfach passen!


    Das Buch "Der Rächer von Soho" verkauft sich besser wenn es nicht von Fritz-Ludwig Ollenbein-Hasenkämper verfasst wurde.


    Der Buchmarkt ist eben.... Magali hat das sehr gut zusammengefasst.


    Er ist aber uA. so, weil alle ungefragt das Spiel mitspielen, ohne je auf den Gedanken zu kommen: " Hey, wir sind ja alle echt bescheuert - wir hören jetzt mal auf mit dem Scheiß!"


    Veränderungen brauchen auch hier zeit - und einen der anfängt!

  • Zitat

    Original von Bodo
    Der Buchmarkt ist eben.... Magali hat das sehr gut zusammengefasst.


    Er ist aber uA. so, weil alle ungefragt das Spiel mitspielen, ohne je auf den Gedanken zu kommen: " Hey, wir sind ja alle echt bescheuert - wir hören jetzt mal auf mit dem Scheiß!"


    Veränderungen brauchen auch hier zeit - und einen der anfängt!


    Leider bin ich da eher pessimistisch. Wenn ich sehe, was Kindle & Co. alles über unsere Lesegewohnheiten herausfinden können, wird das Thema "Auftragsschreiberei" wohl immer mehr zunehmen, das Zuschneiden von Romanen nach Lesegewohnheiten Einzug halten, bis hin dazu, daß die Romane vielleicht irgendwann mal zunächst über Bausteine später aber komplexer von Programmen geschrieben werden. Und weil das so einfach und kostengünstig geht, werden Autoren immer schlechtere Verträge bekommen.

  • Oh ja, das Lesegerät zeichnet alles genau auf: was gelesen wird, wie lange... Wie lang wir an einer Stelle verharren, was wir "überblättern"... Der Weg zu massenkompatiblen Roman für.. Die Masse... Ist bereits geebnet... Nur der Asphalt fehlt noch...
    Das ist die Zukunft der Literatur!


    Vergesst es! Das ist alles Scheiße!


    Literatur ist Kunst!


    Und wenn uns die Geschichte eines gelehrt hat, dann das:


    Kunst lässt sich nicht berechnen, einsperren, vorausplanen!


    Egal was die Euch erzählen, glaubt es nicht!
    Das sind die selben die erzählen das der Gitarrensound out ist - und die Beatles ablehnen.


    "Die da" haben keine Ahnung! "Die da" haben Angst um ihr Geld - und das ist immer ein schlechter Ratgeber!


    Der Leser - und das weiß ich aus Erfahrung, ist nicht berechenbar! Der Leser will überrascht, gefordert, herausgefordert werden - und das kann "Literatur nach Maß" eben einfach nicht. Und wird es nie können!
    Kunst war nie demokratisch, die echte Kunst kommt direkt aus dem Herzen des Künstlers, dem, der auf den Massenmarkt scheisst und Kunst nur für sich selber erfahrbar macht, und wenn er damit fertig ist stellt er sich der Öffentlichkeit und sagt: " Nimm es, oder lass es sein!"


    Das gibt es auch in der Literatur, und wird es immer geben, egal was die Masse oder magali sagen! Das geht nicht weg nur weil die Technik soweit ist es abzulösen.


    Ein Beispiel aus der Praxis - direkt von mir zu Euch.



    Meine Verehrung für den berliner Golkonda-Verlag hat sich möglicherweise schon herumgesprochen.
    Hier noch einmal die Kurzfassung:


    Der Schwerpunkt des Verlages liegt in der Phantastik, außerdem sind sie der Verlag welcher meinen Leib- und Magenautoren Joe Lansdale zu seinem lang verdienten Durchbruch verholfen haben.


    Ein Kleinverlag - keine Sau kennt den....


    Ich habe nur eine Auswahl an Titeln dieses Verlages am Lager - aber jedes (!) dieser Bücher ist einzigartig und durch keines der großen Verlage zu ersetzten!


    Sie legen Wert auf gutes Papier, die wirklich wundervolle Gestaltung des Covers setzt sich innen fort- - und der Inhalt ist auf dem deutschen Buchmarkt beispiellos!


    Und sie haben Erfolg damit!


    Dieser digitale Scheiß ist bloß ein Zeitphänomen - und jeder denkt er müsse mitmachen um bloß nix zu verpassen, und das ist grundfalsch!


    Literatur bleibt Kunst und d Kunst ist unbestechlich!


    Lasst Euch nix anderes einreden - seit keine Ahnung wievielen Jahren malen Maler auf Leinwand - und die Digitalisierung hat bisher keinen (!) passenden Ersatz gefunden, trotz Photoshop und so einer Scheiße!


    Kunst entsteht auch heute noch außerhalb des Computers, und das ist auch in 100 Jahren noch so!


    Die Literatur wird siegen...


    Das hat sie die letzten 10.000 Jahre getan




    Und wir sind noch da!

  • Zitat

    Original von magali
    Ich habe mich etwas schräg ausgedrückt, das passiert häufig.
    Was für mcih die Wahl eiens historischen Themas schlüssig macht, ist das Intersse an einem zentralen Thema, das einen Bezug zur heutigen Zeit hat.


    Wie gesagt, für mich muss bei einem historischen Roman nicht unbedingt ein Bezug zur Gegenwart gegeben sein, aber Geschmäcker sind verschieden, und das ist auch gut so.


    Zitat

    Original von magali
    Noch mal Grete Minde:
    hätte Fontane die Umstände zu Lebzeiten dieser Frau beschreiben wollen, hätte er das tun können, die Akten lagen ja da. Das wollte er aber nicht, weil es ihm nciht darum ging, eine vergangen Zeit wiederaufleben zu lassen oder 'Opfern ein gesicht geben'.
    Er hatte in dem bißchen, was er fand gefunden, wa er suchte, nämlich einen Aufhänger für ein Thema, das ihn wieder und wieder beschäftigte: die Beschränkungen, die die Gesellschaft Frauen auflegt und die Unmöglichkeit, sich angemessen zur Wehr zu setzen.
    Das ist das Thema, es kommt auch in anderen Texten von ihm vor. Es geht ihm nicht um Historienspektakel.


    In wie weit Fontane zu den Originaldokumenten Zugang hatte, kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls dürfte er zum Zeitpunkt des Schreibens davon ausgegangen sein, dass sie tatsächlich die Brandstiftung begangen hatte.


    Allerdings wollte er offensichtlich auch nicht einen historischen Roman über Grete Minde schreiben, sondern ihn interessierte an dem Stoff die Frage: Wie ein Mensch dazu gebracht wird, ein solches Verbrechen zu begehen. (Ähnlich ist es auch z. B. in der relativ zeitgleich entstandenen Erzählung "Unterm Birnbaum" oder in seinem Roman "Quitt".) Bei Grete Minde kommt noch die Rolle der Frau dazu.


    Zitat

    Original von magali
    Noch mal zu Mantel:


    ich sehe ihre Bücher keineswegs als Geheimtip. Sie hat für 'Wölfe' den Man Bookerpreis bekommen, deswegen wurde das Buch ja wohl übersetzt. In folgenden Jahr war es immer wieder wochenweise auf den Bestsellerlisten, die Feuilletons haben es breit besprochen. Es lag stapelweise in Buchhandlungen.


    Für mich war Mantel ein Geheimtipp - allerdings könnte ich mir vorstellen, dass das vielleicht auch lokal bedingt war.


    Zitat

    Original von magali
    Die Frage, ob so ein Buch von einer deutsche Autorin gedruckt worden wäre, kann man so nicht stellen.


    Die Frage lässt sich sicher nicht so eindeutig beantworten.
    Ich habe viele Jahre lang den Buchmarkt verfolgt und dabei durchaus den Eindruck gewonnen, dass "Neuerungen" am Buchmarkt gewöhnlich eigentlich zunächst in den Übersetzungen zu finden sind.


    Ich hatte in den letzten Jahren einige Gespräche mit Menschen, die eine Publikation planen oder Hobbyautoren/innen sind, und da habe ich jedenfalls den Eindruck gewonnen, dass die Toleranz für Neues oder einmal etwas Anderes gar nicht besonders hoch ist. Als ich bei einer unserer Diskussionen einige Autoren/innen als Beispiele dafür angeführt habe, die so etwas in der Richtung versucht hatten und damit auch durchaus Erfolg hatten, ist mir aufgefallen, dass es sich um fremdsprachige Autoren/innen handelt. Bei den Reaktionen der anderen hatte ich den Eindruck, fremdsprachige Autoren/innen ja, aber als deutschsprachige/r Autor/in wäre so etwas am deutschsprachigen Buchmarkt unmöglich.


    Hier haben wir auch einmal diskutiert, ob es nicht mehr bringen würde, ein Buch unter einem amerikanischen Pseudonym zu publizieren. Jedenfalls waren mehrere der Meinung, dass die Leserschaft gewisse Dinge (gerade historische Details) bei deutschsprachigen Autoren/innen anders (nämlich strenger) bewerten würde, als bei anglo-amerikanischen Autoren/innen. Jemand wollte das übrigens mit einem Ebook austesten, allerdings ist mir das Ergebnis bis jetzt nicht bekannt.


    Zitat

    Original von magali
    Mantel ist keine Debütautorin. Sie schreibt seit den frühen 1980ern, wenn ich das recht sehe. Keine historischen, sondern Romane, die in der jeweiligen Gegenwart spielen. Sie hat sich langsam hochgearbeitet in England.
    Hier war sie vor dem Man Booker Preis völlig unbekannt.


    Danke für Deine Informationen zu Mantel.


    Zitat

    Original von magali
    Man müßte eher fragen, ob ein historischer Roman von Lewitscharoff, Ulla Hahn, Streeruwwitz, Christa Wolf etc. gedruckt werden würde.
    Die Antwort ist doch klar?


    Christa Wolfs "Cassandra" könnte vielleicht als historischer Roman gesehen werden.

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    Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten, mäßig entstellt. (Georg Christoph Lichtenberg)

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  • Bodo, Dein Beitrag liest sich für mich wie eine glühende Wahlrede, so als wolltest Du der nächste Oberbürgermeister von Literaturhausen werden. :grin


    Außerdem widersprichst Du Dir meiner Meinung nach.


    Zitat

    Original von Bodo (vor ein paar Tagen)
    Die so oft herangezogene "Breite Masse" tickt aber anders! Sie kaufen den Einheitsbrei WEIL SIE DAS SO WOLLEN! Sie wollen genau wissen was sie kriegen. Sie lesen seichte Unterhaltung nicht weil sie für anspruchsvolles zu blöd sind - davon gibt es auch genug - sondern weil der Lesegenuss für sie in der literarischen Berieselung liegt, so wie man nebenher den Fernseher laufen lässt. Sie wollen leichte, nicht belastende Unterhaltung.


    Zitat

    Original von Bodo (heute)
    Der Leser - und das weiß ich aus Erfahrung, ist nicht berechenbar! Der Leser will überrascht, gefordert, herausgefordert werden - und das kann "Literatur nach Maß" eben einfach nicht. Und wird es nie können!


    Was denn nu? ;-)


    Ich könnte mir vorstellen, dass es so ist wie im "Elaboration Likelihood Modell". Das Modell beschreibt den Prozess einer möglichen Meinungsänderung in Folge einer persuasiven Botschaft (also zum Beispiel die Entscheidung, ein Buch zu kaufen, oder nicht). Es sagt, dass es zwei Arten der Arten der Verarbeitung der Informationen gibt.


    - In der „zentralen Route“ findet eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Argumenten, die für oder gegen den Kauf eines Buches sprechen, und auch der Qualität der Argumente statt.


    - In der periphären Route findet eher eine oberflächliche Auseinandersetzung mit den Argumenten statt. Hier sind oberflächliche Hinweisreize und äußere Merkmale wichtiger. So etwas wie Cover, Titel, Autorenname, oder ein Aufkleber "Bestseller", Blurb von Stephen King, dass er das Buch auch toll fand.


    Die zentrale Route der Verarbeitung wird gewählt, wenn etwas eine hohe Bedeutung für einen hat. Da reicht dann nicht ein Blurb auf der Rückseite, dass das Buch der nächste Tollkien ist, oder das Buch auch Wölkchen auf dem Cover hat. Es werden unterschiedliche Informationsquellen herangezogen (zum Beispiel wird bei Amazon-Rezis nicht nur nach der Anzahl der Sterne gegangen, sondern auch geguckt, was diejenigen sagen, denen das Buch nicht gefallen hat, Eulenmeinungen werden beurteilt danach, ob eine Eule aus der Erfahrung heraus den gleichen Buchgeschmack hat, es werden Leseproben gelesen, geguckt, was denn in den Feuilletons steht, und es wird auch die Zuverlässigkeit der Informationsquelle abgeschätzt, vielleicht der Autor mal gegoogelt, und vieles mehr).


    Ich könnte mir vorstellen, dass man in einem Bücherforum viele Leute trifft, denen das Lesen sehr wichtig ist und die deshalb beim Buchkauf eher eine zentrale Route der Verarbeitung einschlagen. Viele Selfpublisher, die hier ihr eigene Buch vorstellen, fliegen zum Beispiel auf, weil die fünf Fünf-Sterne-Rezis, die ihre Bücher haben, alle von Leuten kommen, die vorher noch nie ein Buch rezensiert haben und die Rezis daher als nicht aussagekräftig eingestuft werden.


    Die periphere Route wählen vermutlich eher die Gelegenheitsleser und solche, denen nicht so wichtig ist, was sie lesen, Hauptsache guter Schmöker. Sieht das Cover genauso aus wie das vom letzten Buch, das man geliebt hat, ist der Titel so ähnlich, suggeriert der Name der Autorin, dass sie über das Land Bescheid weiß, über das sie schreibt (ohne groß darüber nachzudenken, ob der Name vielleicht nur ein Pseudonym ist und die Autorin in Wahrheit nicht in Argentinien wohnt, sondern seit 55 Jahren nicht aus Wuppertal rausgekommen ist).


    Wenn Verlage auf oberflächliche Hinweisreize wie ähnliche Cover oder Titel, oder erfundene Autorenvita setzen, dann bauen sie im Grunde darauf, dass Buchkäufer überwiegend die periphäre Route wählen.


    ELM besser erklärt

  • Delphin


    das ist mal ein guter Erklärungsversuch!
    :anbet



    Bodo


    irgendwie ja und irgendwie eher nein. Literatur halte ich gern raus aus Gesprächen über Unterhaltungsliteratur. Die Marktmechanismen sind ähnlich, wiel sich auch Literatur einen Markt erschließen muß. Aber Literatur vom Fließband geht nicht, Unterhaltung sehr wohl. Das ist ihr Problem.



    Teresa


    ja, genau, der Cassandra-Roman wäre ein Beispiel.
    Niemand kann vorhersehen, was gedruckt wird und was dann davon wirklich erfolgreich wird.


    Man muß auch an eines denken: auch die Iny Lorentz-Bücher waren mal 'neu'. Autorin und Autor wurden auch nicht gleich mit ihrem ersten erfolgreich. Und sogar 'Die Wanderhure' wurden abgelehnt, bis eine Agentur sie dann endlich nahm.
    Das kann man als Dammbruch in Richtung einfacher Geschichtsbetrachtung mit Erotik/Porno-Einschluß sehen, so wie man etwa im angelsächsischen Sprachraum die Publikation des ersten Dan Brown-Romans als Anfang vom Ende einer guten englischen Schriftsprache sieht.
    Aber auch leichte Unterhaltung muß sich einen Weg bahnen.
    Das ist einer der Gründe, warum ich dafür bin, die Schleusentore möglichst geschlossen zu halten.



    Übrigens war ich gestern in meinem kleinen gemütlichen Thalia.
    Dabei fiel mir auf, daß die Ladenfläche sehr verschlankt aussah. Ich habe gleich gefragt. Es gab neue Möbel, niedrigere Tische und kleinere Stapel. Eleganz und Übersichtlichkeit ist der neue Trend, nicht mehr Vorführen der Fülle.
    Bei größeren Stapeln habe ich mal schnell gezählt, da können immer noch 22 Exemplare liegen. :lache
    Literatur liegt aber auch auf Stapeln, das war aber schon immer so. Eiinfach 'Stapelware' = Schund stimmt nicht ganz. Hängt vom Tisch ab.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Delphin : Jepp, ich sollte das differenzieren. Tatsächlich werfe hier her zwei "Arten" von Lesern zusammen, zum einen die viel beschworene breite Masse, zum anderen eine nach meinem Eindruck - ich möchte deutlich darauf hinweisen das dem keinerlei Statistiken zugrunde liegen - stetig wachsende Gruppe von Lesern, die zumindest offen sind für Literatur abseits des Mainstream, und sogar gezielt nach Büchern dieser Art suchen. Ob es sich hierbei tatsächlich um zwei getrennte Gruppen handelt oder um sozusagen die "Peripherie der Masse" vermag ich nicht zu sagen, doch die Bereitschaft sich auf etwas einzulassen und dafür sogar "auf verdacht" mehr Geld auszugeben ist auf jeden Fall da.


    Und: Ja, ich habe mich möglicherweise hinreißen lassen. Vielleicht neige ich zu sehr dazu meinen Beruf - der mir ausgesprochen wichtig ist - zu wuchtig zu verteidigen.


    Ich glaube einfach daran das Bücher wichtig sind und nicht nur der Zerstreuung dienen. Ich wünschte ihnen würde mehr Respekt entgegengebracht werden, auf der anderen Seite gibt es zu vieles da draußen , was kaum Respekt verdient. Ich hänge sicherlich zu sehr einem Ideal nach, immer in dem Bewusstsein das es dafür einen Preis gibt....



    Oder so ähnlich.


    Ich bin sicher ein ums andere Mal übers Ziel hinausgeschossen, und sollte ich jemandem zu nahe getreten sein entschuldige ich mich dafür.


    Eine Diskussion wie diese ist für mich niemals nur eine sachliche.

  • Na, das wäre auch zuviel verlangt, bei Herzensthemen 100% sachlich bleiben.
    :lache


    Ich habe übrigens eben Deinetwegen heute in der Buchhanbdlung nachgefragt, wie es ist mit den Stapeln. Ich erinnerte mich nämlich, wie Pelican, an richtig große und war erstaunt, die nicht mehr zu sehen.
    Und weil Du sagtest, das sei nicht mehr in, wollte ich das genau wissen.


    Ich bin gespannt auf die nächste Schund-Diskussion.


    :schnellweg

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus


  • Soll das bedeuten wir sind hier fertig und reden jetzt über mein Emanzipations-Thema? :chen


    Und was haben die Kollegen zu den Stapeln gesagt?

  • Nä, über die Marx Brothers.


    Dein Kollege hat gesagt, die Stapel seien genauso hoch wie früher und als ich sagte, noch im Mai hätten gefühlte hundertfünfzig gleich am Eingang gelauert, hat er gesagt, er arbeite erst seit drei Wochen in der Filiale.


    :rofl


    Just my luck.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Die Marktmechanismen sind ähnlich, weil sich auch Literatur einen Markt erschließen muß. Aber Literatur vom Fließband geht nicht, Unterhaltung sehr wohl. Das ist ihr Problem.


    Vielleicht ist das letztendlich auch ein wesentliches Merkmal, woran erkennbar ist, ob es sich bereits um (Hoch-)Literatur handelt.


    Zitat

    Original von magali
    ja, genau, der Cassandra-Roman wäre ein Beispiel.
    Niemand kann vorhersehen, was gedruckt wird und was dann davon wirklich erfolgreich wird.


    Das stimmt - Erfolg ist letztlich nicht vorhersehbar, ebenso die Wirkung eines Buches oder anderen Werkes.


    Auch nicht zu übersehen ist - ich habe ganze Menge Bücher in meinem Leben bisher gelesen, die nichts für mich waren und die ich auch nicht herausragend gefunden habe (was allerdings nicht gleich bedeutet, dass sie schlecht sind), bei denen ich aber nachvollziehen konnte, warum sie so erfolgreich waren. Sei es, weil sie für eine bestimmte Gruppe waren, weil sie den damaligen Zeitgeist trafen oder weil sie einfach für gewisse Gruppen etwas zu bieten hatten, was die angeblich bessere Literatur nicht bieten konnte.


    Nehmen wir z. B. Eugenie Marlitt, die immerhin als eine der "Schundautorinnen" des 19. Jahrhunderts gilt. "Schulmeisters Marie" ist sicher keine hohe Literatur und wenn Wert auf eine glaubwürdige Handlung gelegt wird, nun es handelt sich eindeutig um eine künstliche und unwirklich konstruierte Geschichte. Auf der anderen Seite kann ich mir gut vorstellen, warum das Buch beim weiblichen Publikum gut angekommen ist. Immerhin darf die Heldin hier einiges machen, was die Heldinnen in Romanen des 19. Jahrhunderts gewöhnlich nicht machen, wie z. B. den Verbrecher verfolgen. Am Schluss geht es dann durchaus nicht wirklich überzeugend in die Ehe mit Mister Right. Aber zumindest im Mittelteil bietet die Geschichte für Leserinnen einmal etwas anderes.


    Zitat

    Original von magali
    Man muß auch an eines denken: auch die Iny Lorentz-Bücher waren mal 'neu'. Autorin und Autor wurden auch nicht gleich mit ihrem ersten erfolgreich. Und sogar 'Die Wanderhure' wurden abgelehnt, bis eine Agentur sie dann endlich nahm.


    Abgesehen davon gibt es auch bei der Bewertung von seichter Literatur und Unterhaltungsliteratur qualitative Unterschiede. Ein gut gemachtes seichtes Buch ist sicher einem hochgeputschten Starwerk, das mit Qualitäten prahlt, die es überhaupt nicht erfüllt, vorzuziehen. Im ersteren Fall kann es selbst für Leser/innen, die doch etwas mehr als eine 08/15 Liebes- und Abenteuerstory mit Mittelalterfeeling lesen möchte, sogar eine positive Überraschung sein, im zweiten Fall dagegen sind solche Leser/innen sicher enttäuscht oder gar frustriert und wahrscheinlich noch verärgert, wenn sie das Buch gekauft haben und es gar nicht billig war.


    Um zum Anfangsthema zurückzukommen - wenn ständig großartige historische Romane vermarktet werden, die sich dann als mittelmäßig oder gar schundig herausstellen, was für ein Eindruck entsteht da für Leser/innen, die einen Anspruch haben: historischer Roman = Schund.


    Dabei sind historische Romane nicht automatisch Schund, sondern das hängt von der Umsetzung ab, darauf wie die Geschichte erzählt wird, was für eine Geschichte erzählt wird etc.


    Insofern wäre es natürlich gut, wenn Autoren/innen, Literaturagenturen oder Verlage das bei der Vermarktung berücksichtigen.
    Ein mittelprächtiger Roman wird nun einmal nicht besser, indem er zum besten Roman aller Zeiten erklärt wird, aber wenn er das gar nicht sein will und dafür eine etwas interessantere und originellere Geschichte bietet als die meisten mittelprächtigen Romane wird er sich von diesen durchaus vorteilhaft abheben (und dem wünsche ich wirklich, dass er seine Leser/innen findet und nicht in der großen Masse untergeht.)

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    Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten, mäßig entstellt. (Georg Christoph Lichtenberg)

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  • Zitat

    Original von Teresa
    Abgesehen davon gibt es auch bei der Bewertung von seichter Literatur und Unterhaltungsliteratur qualitative Unterschiede. Ein gut gemachtes seichtes Buch ist sicher einem hochgeputschten Starwerk, das mit Qualitäten prahlt, die es überhaupt nicht erfüllt, vorzuziehen. Im ersteren Fall kann es selbst für Leser/innen, die doch etwas mehr als eine 08/15 Liebes- und Abenteuerstory mit Mittelalterfeeling lesen möchte, sogar eine positive Überraschung sein, im zweiten Fall dagegen sind solche Leser/innen sicher enttäuscht oder gar frustriert und wahrscheinlich noch verärgert, wenn sie das Buch gekauft haben und es gar nicht billig war.


    Es gibt viele gute Unterhaltungsromane die leicht sind, seichte Romane hingegen sind für mich eindeutig "Schund". Das Wort seicht hat für mich ein negatives Konnotat. Da ich mir nicht sicher war, ob ich Dich im obigen Absatz richtig verstehe, habe ich im Duden die Bedeutung des Wortes seicht nochmal nachgeschaut. Romane mit geringer Tiefe, flache, banale Romane sind für mich eindeutig "Schund".


    Was leichte, handwerklich solide Unterhaltungsromane angeht, bin ich ganz Deiner Meinung. Im Gegenteil, es ist gut, daß es sie gibt, weil sie die Möglichkeit bieten, auf einfache Art zu Themen Zugang zu bekommen, denen man sich vielleicht sonst verschließen würde oder auch nach perönlichen Bedürfnissen zu steuern, welche Möglichkeiten man gerade wählen möchte, sich einem Thema zu öffnen.


    Anders gesagt: "Das foucaultsche Pendel", "Wölfe", etc. sind keine Romane, die ich nach einem 14-Stunden-Tag lesen will, auf die ich mich aber an einem langen Wochenende oder im Urlaub wirklich freue.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Ich möchte bitten, dass in diesen Thread weiterhin sachlich diskutiert wird, wie es überwiegend ja der Fall ist. Es ist nicht sinnvoll. dass jemand persönlich angegriffen oder diffamiert wird.


    :anbet

    Zitat

    Original von Pelican
    Anders gesagt: "Das foucaultsche Pendel", "Wölfe", etc. sind keine Romane, die ich nach einem 14-Stunden-Tag lesen will, auf die ich mich aber an einem langen Wochenende oder im Urlaub wirklich freue.


    Vermutlich gibt es daher leider auch noch keine Eulenrezension dazu...

  • Zitat

    Original von Filtertuete


    Vermutlich gibt es daher leider auch noch keine Eulenrezension dazu...


    Sicher gibt es Leser/innen des "foucaultschen Pendels", die das Gefühl haben, das Buch maximal im Ansatz verstanden zu haben (mich explizit eingeschlossen), aber ich denke, es gibt noch einen anderen Grund:


    Das Buch ist etwa anderthalb Jahrzehnte älter als die Büchereule und es gab meines Wissens in den letzten Jahren keinen Grund (Verfilmung, Neuauflage, 100. Geburtstag des Autors etc pp), daß dieses Buch wieder mehr ins öffentliche Bewußtsein rutschte. So wird die Anzahl der Eulen, die dieses Buch während Ihrer Zeit bei den Eulen lesen, eher gering sein. Und wenn dann noch dazu kommt, dass Eule den Eindruck hat, das Buch nicht wirklich überblicken zu können, unterläßt man die Rezi dann vielleicht auch eher.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Zitat

    Original von LeSeebär


    Sicher gibt es Leser/innen des "foucaultschen Pendels", die das Gefühl haben, das Buch maximal im Ansatz verstanden zu haben (mich explizit eingeschlossen), aber ich denke, es gibt noch einen anderen Grund:


    Das Buch ist etwa anderthalb Jahrzehnte älter als die Büchereule und es gab meines Wissens in den letzten Jahren keinen Grund (Verfilmung, Neuauflage, 100. Geburtstag des Autors etc pp), daß dieses Buch wieder mehr ins öffentliche Bewußtsein rutschte. So wird die Anzahl der Eulen, die dieses Buch während Ihrer Zeit bei den Eulen lesen, eher gering sein. Und wenn dann noch dazu kommt, dass Eule den Eindruck hat, das Buch nicht wirklich überblicken zu können, unterläßt man die Rezi dann vielleicht auch eher.


    Da magst du Recht haben, LeSeebär.
    Ich habe es jetzt trotzdem mal im Rezensionswunschthread versucht.