Historische Romane = Schund?

  • Bodo


    das Buch, das Du jetzt liest, ist da - aber dafür sind andere nicht da.
    Darum geht es. Warum ist es da? Warum nicht andere?


    Und nein, meine Liste über die Möglichkeiten, ein Buch anzubieten, zeigt nicht frei zu entscheidende Möglichkeiten. Regalfläche wird verkauft, Schaufensterflächen werden verkauft. Es sind finanzielle Entscheidungen, nicht Entscheidungen nach Güte oder auch Nicht-Güte des jeweiligen Buchs.
    Was ist daran 'philosohisch', wenn etwas verkauft wird?
    Rabattdiskussionen zwischen Buchhandel und Verlagen entscheiden über das, was Leserinnen angepriesen wird.


    Ein Punkt, der hier auch noch fehlt, ist der Einfluß des Buchhandels auf die immer engere Schubladisierung der Genres. Die Aussage: das Genre ist nicht eindeutig, da weiß die Buchhändlerin nicht, wie sie das einordnen kann, hört man sehr häufig, wenn es darum geht, ob ein Roman angenommen oder abgelehnt wird.


    Freiheit wäre, ein Beispiel, sich gegen Bestseller zu entscheiden, weil man sie für Schund hält. Es soll Buchhandlungen gegeben haben, die haben SoG nicht im Laden ausgelegt.
    Fand ich interessant. Ein Versuch, sich von den allzu dicken Ketten zu befreien. Nicht daß es etwas nütz. Immerhin mal ein Ansatz des Denkens.


    Es ging nicht um meine Erfahrungen in Buchhandlungen, das diente allein zu Illustration meines Arguments, daß es eine Entwicklung gab. Der Buchhandel ist nichts Festes, Unveränderliches, er orientiert sich dorthin, wohin sich eine Konsumgesellschaft eben orientiert: zum größtmöglichen Gewinn.


    Daß es Vielfalt gibt, habe ich merhfach geschrieben. Daß ändert nichts daran, daß es zuviel Schund gibt. Eine Vielfalt, die herhalten muß, um eine mistige Massenproduktion zu rechtfertigen, hat schlechte Karten.
    800 Leute haben schon die Pest, aber, hey, 200 noch nicht. Also sind wir gesund?


    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Nein, das ist Unsinn! Das Erscheinen "meines" Buches hat aber auch garnix mit dem Nichterscheinen eines anderen Buches zu tun! Und - ganz ehrlich - ich verbitte es mir ausdrücklich den Buchhandel ausschließlich auf finanzielle Interessen zu reduzieren! Das ist nicht nur vollkommener Schwachsinn, es ist auch ein Schlag in die Fresse für all diejenigen da draussen, die sich für etwas einsetzen an das sie glauben, und das weit über ihr Gehalt oder Öffnungszeiten hinaus!


    SoG nicht anzubieten ist in keiner Weise ehrenhaft, oder ein Zeichen der Schundverweigerung - es ist Arroganz!
    Es sagt dem Kunden: "Hey, Du bist nicht gut genug für mich! Ich bin besser als Du, DU bist es nicht wert das ich für Dich da bin! Für mich sind solche Leute der übelste Abschaum in unserer Branche!
    Einschränkungen im Angebot sind unausweichlich - Leser jedoch in Klassen eoinzuteilen istnicht unsere Aufgabe.


    Warum sollte ich mich gegen Bestseller entscheiden? Das wäre wieder eine Einschränkung der Freiheit, und dazu noch eine die in keinem mir bekannten Universum irgend einen Sinn ergibt, weder finanziell noch aus ästhetischen Gründen. Bestseller sind nicht per se schlecht, sie sind nur erfolgreich.


    Die Auswahl der Verlage zu kritisieren hat sicherlich eine Berechtigung, allerdings nur so lange wie es nicht zum Totschlagargument wird. Ein Buch wird abgelehnt weil es.....
    Da wird dem Leser etwas vorenthalten was ihm möglicherweise gefallen hätte weil....


    Ich bitte Dich, das ist unter Deinem Niveau!


    Und diese Rabattdiskussionen entscheiden über die Menge des Einkaufs vor allem bei Einzeltiteln, das hat keinerlei Einfluss auf die Titelauswahl.


    Ja, den Verkauf von Fläche hat es gegeben, auch in Deutschland. Aber darüber sind wir größtenteils hinaus, weil es sich tatsächlich nicht rechnet, weder für den Verlag noch den Buchhandel.


    Zu viel Schund? Na endlich sind wir uns mal in einem Punkt einig! Aber die Verlage reagieren bereits, also ist das Thema erledigt.

  • @ Bodo


    große Buchhandlungen werden zweifellos mithilfe von KPIs (=Key Performance Indicators) gesteuert, welche diese auch immer für den Buchhandel sein mögen (die wesentlichen unternehmerischen Kennzahlen sind eh klar, aber erweitert sind es sicher auch noch ein paar spezifische).


    Trotzdem frage ich mich manchmal, wenn ich in eine große Buchhandlung gehe, welchen Sinn es macht, insbesondere im Eingangsbereich Bücher, i. d. R. die gängigen Bestseller, in Stapeln von 50 bis 100 Exemplaren auszulegen. Kannst Du mir das erklären?


    Selbst wenn es möglich ist, an einem Tag 100 Exemplare SoG, Regionalkrimis oder was auch immer zu verkaufen, wäre mein Gedanke, daß es doch "kaufanregender" ist, etwas mehr Vielfalt bereits im Eingangsbereich zu zeigen, und statt dessen von Zeit zu Zeit einfach nachzulegen. Oder sind die rauhen Mengen das Signal "schau mal, das kaufen so viele Menschen, daß Du Dir das auch anschauen solltest"?

  • „Das wird schließlich gekauft“ ist in meinen Augen eine ökonomisch motivierte, ansonsten aber anzuzweifelnde Legitimation. Billigfleisch wird auch gekauft ...
    Ich glaube nicht (mehr) an den mündigen Verbraucher, und der ist von der Wirtschaft auch gar nicht mehr gewünscht.


    Würde eine Buchhandlung einen Bestseller nicht vorrätig halten, wäre er trotzdem bestellbar. Eine Einschränkung der Freiheit kann ich nicht erkennen. Oder ist die Freiheit, die hier verteidigt wird, vielleicht doch eher eine wirtschaftliche?


    Dass der Wunsch nach Qualität als Arroganz ausgelegt wird, finde ich im Übrigen bezeichnend für unsere gegenwärtige Konsum- und Unterhaltungsgesellschaft.

  • Zitat

    Original von Sidonie
    „Das wird schließlich gekauft“ ist in meinen Augen eine ökonomisch motivierte, ansonsten aber anzuzweifelnde Legitimation. Billigfleisch wird auch gekauft ...
    Ich glaube nicht (mehr) an den mündigen Verbraucher, und der ist von der Wirtschaft auch gar nicht mehr gewünscht.


    Würde eine Buchhandlung einen Bestseller nicht vorrätig halten, wäre er trotzdem bestellbar. Eine Einschränkung der Freiheit kann ich nicht erkennen. Oder ist die Freiheit, die hier verteidigt wird, vielleicht doch eher eine wirtschaftliche?


    Dass der Wunsch nach Qualität als Arroganz ausgelegt wird, finde ich im Übrigen bezeichnend für unsere gegenwärtige Konsum- und Unterhaltungsgesellschaft.


    Trotz all der Ideale leben wir vom Verkauf. Die Stapel im Eingangsbereich sollen Spontankäufe generieren - und es funktioniert, was die Legende vom mündigen Käufer auch widerlegt! Oder aber all diese Abverkäufe sind das Resultat eine wohlüberlegten Entscheidung, was immer Euch besser gefällt.
    (Und die Leute kaufen Billigfleisch nicht zwingend weil es so gut schmeckt oder aus Geiz - viele können sich etwas anderes einfach nicht leisten - aber das ist ein anderes Thema.


    Bestellbar ist auch die Qualitätsware, das Argument verfängt also nicht. Allerdings gehen die Kunden in den Laden um sofort etwas zu kaufen, nicht erst am nächsten Tag, oder wenn die Post da war.


    Der Buchhandel macht schlichtweg ein Angebot, das der Kunde annehmen kann (und soll - sonst könnten wir und die Miete sparen)
    Natürlich versucht man als Unternehmer sein Angebot auf eine größtmögliche Kundenzahl auszurichten.


    Kommt schon Leute, müssen wir das immer wieder durchkauen? Ich bin es ehrlich leid immer wieder die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens das vom Verkauf lebt zu erläutern und zu verteidigen.
    Damit der Buchhandel funktioniert muß er Umsatz machen - man braucht kein Studium um das zu kapieren, gesunder Menschenverstand würde da ausreichen.
    Das ist mitnichten böse und verwerflich - ohne uns gäbe es keine Bücher - denn, und das schockiert wohl so manchen hier - auch Autoren wollen leben, und dazu brauchen sie das böse, böse Geld. Und das kommt letztendlich von uns!



    Niemand unterstellt demjenigen der Qualität will Arroganz - ich habe nur diejenigen als arrogant bezeichnet die Kunden aufgrund ihrer Wünsche nach literarisch weniger Anspruchsvollem aussondert diese unterstellt.


    Pelican : Das ist das typische Denken einer Büchereule! Ganz ehrlich, das ist nicht der Maßstab. Ich will Dir keinesfalls zu nahe treten, aber Beiträge wie Deiner sind wirklich rührend!
    Aber wie schon öfter in diesen Thread bemerkt, geht es der Masse nicht um qualitative Auswahl. Lesen nimmt bei vielen Leuten nicht den Stellenwert ein wie bei uns, so etwas wie ein Austausch, eine Diskussion über das gelesene findet da kaum statt. Es wird nicht einmal wahrgenommen was von welchem Autor gelesen wurde.


    Einerseits natürlich weil alles gleich aussieht, allerdings auch weil die Inhalte kaum noch unterscheidbar zu sein scheinen.

  • Zitat

    Original von Bodo


    Pelican : Das ist das typische Denken einer Büchereule! Ganz ehrlich, das ist nicht der Maßstab. Ich will Dir keinesfalls zu nahe treten, aber Beiträge wie Deiner sind wirklich rührend!
    Aber wie schon öfter in diesen Thread bemerkt, geht es der Masse nicht um qualitative Auswahl. Lesen nimmt bei vielen Leuten nicht den Stellenwert ein wie bei uns, so etwas wie ein Austausch, eine Diskussion über das gelesene findet da kaum statt. Es wird nicht einmal wahrgenommen was von welchem Autor gelesen wurde.


    Ich glaube, das ist auch das, was man vergisst, wenn man sich hier eine Weile aufhält. Ich bin jedes Mal erstaunt, dass die Leute in meinem Umfeld weder Neuerscheinungen kennen noch irgendwelche nicht so bekannten Autoren. Und dass sie immer auf die Bücher zulaufen, die genauso aussehen wie das, das sie im letzten Urlaub gelesen haben. Manche lesen auch unter Umständen Bücher von nur einem Autoren und warten dann ganz geduldig bis das neue Buch rausgekommen ist. So war ich noch nie und so werde ich auch nie sein.
    Ich werde sogar gefragt, was man denn in so einem Bücherforum zu besprechen hat. Also, wenn man das nicht weiss... ;-)


    Noch mal zum Schund: Ich habe eine Freundin, die nur "Schund" liest. Und sie ist ganz und gar nicht dumm. Sie hat studiert und einen anspruchsvollen Beruf. Wenn sie mal liest, was eh total selten ist, dann will sie sich berieseln lassen. Und ist dann erstaunt, wenn sie mich nach einem Bestseller fragt und ich sage, dass ich kein Interesse hätte diesen zu lesen.

  • Bodo, mir ist schon klar, dass eine Buchhandlung ein Wirtschaftsunternehmen ist und entsprechend agiert. Eben darum habe ich mich an der Argumentation mit der Freiheit gestoßen. :-)


    Es ist auch logisch, dass die Stapelauslagen funktionieren und gerade die Menschen, die nur gelegentlich Bücher kaufen und/oder sich nicht näher über Bücher informieren, bereitwillig zu dem greifen, was ihnen eben vorgelegt wird. Ich finde aber die Frage interessant, was wäre, wenn diese Stapel beispielsweise nicht zum größten Teil aus den immer gleichen Liebes- und Abenteuerromanen vor historischer Kulisse bestünden. Würde die Gelegenheitskäuferin dann gar kein Buch mehr kaufen? Oder weiterhin einfach das, was angeboten wird?

  • Zitat

    Original von Sidonie
    Bodo, mir ist schon klar, dass eine Buchhandlung ein Wirtschaftsunternehmen ist und entsprechend agiert. Eben darum habe ich mich an der Argumentation mit der Freiheit gestoßen. :-)


    Es ist auch logisch, dass die Stapelauslagen funktionieren und gerade die Menschen, die nur gelegentlich Bücher kaufen und/oder sich nicht näher über Bücher informieren, bereitwillig zu dem greifen, was ihnen eben vorgelegt wird. Ich finde aber die Frage interessant, was wäre, wenn diese Stapel beispielsweise nicht zum größten Teil aus den immer gleichen Liebes- und Abenteuerromanen vor historischer Kulisse bestünden. Würde die Gelegenheitskäuferin dann gar kein Buch mehr kaufen? Oder weiterhin einfach das, was angeboten wird?


    Eine wirklich gute Frage! Das Aufstapeln eines wirklich guten Buches ohne Bestsellerlistenhintergrund, von einem unbekannten Autor ohne Presse-Echo wird den Abverkauf, den ein solcher Titel bei "normaler Behandlung" bekommen würde, vervielfachen. Große Stapel - Aufmerksamkeit.
    Es würde aber den Gesamtumsatz rapide senken, weil eben dieser Einheitsbrei fehlt. Und dieser ist gewollt! Ich kann es nicht genug betonen: Die Leute wollen das Zeug! Und je mehr wir davon verkaufen, um so mehr andere - sagen wir ruhig bessere - Bücher können wir anbieten.
    Wichtig ist in meinen Augen das wir beides tun. Denn wir haben nicht nur die Aufgabe Geld zu verdienen, wit haben eine Verantwortung gegenüber der Literatur! Und die nehmen wir in der Regel sehr ernst!

  • Bodo


    Du führst einen Gespensterkrieg.
    Der wäre gar nicht nötig, hättest Du gelesen, was ich in zahlreichen Beiträgen geschrieben habe.


    Zu Beruf der Buchhändlerin:


    es ist ein Beruf. Das hat zwei Seiten, man verdient seinen Lebensunterhalt damit und man tut etwas Nützliches. Wenn es gut läuft, trifft man mit der Berufswahl etwas, das eine auch selber glücklich macht.
    Trotzdem ist kein Beruf grundsätzlich nur gut und schön und nützlich. Alles hat nicht nur zwei, sondern mehrere Seiten. In jedem Beruf ist ein waches Auge darauf angebracht und Selbstkritik auch.


    Deine Verklärung Deines Berufs führt nirgendwohin in diesem Gespräch, weil Du damit der Frage, was der Buchhandel zur Generierung und Verbreitung von Schund beiträgt, ausweichst.


    Wir reden hier auch nicht von Literatur und Literaturförderung, sondern vom Bodensatz der Unterhaltung, Schund.


    Wenn Buchhandlungen bestimmte Bestseller nicht auslegen, sind sie keineswegs arrogant, sie nehmen eine Möglichkeit wahr. Du hast oben selbst damit argumentiert, daß es eine Reihe von Möglichkeiten gibt, Bücher zu präsentieren. Sie nicht zu präsentieren, ist auch eine.
    Damit enthält man niemandem etwas vor, noch schreibt man LeserInnen mehr vor als bei den anderen vielen tausend Büchern, die schlicht aus Platzgründen nicht daliegen, die man aber bestellen kann.
    Natürlich haben diese wenigen Buchhandlungen SoG bestellt, wenn es jemand haben wollte.
    Andererseits leitet man sehr wohl Leserinnen, wenn man drei Quadratmeter Schaufenster mit Exemplaren eines einzigen Buchs samt Postern des Covers dekoriert.


    Und klar gäbe es Bücher ohne Buchhandlungen. Verlage sind älter, die haben einfach direkt verkauft. Es gibt ja auch Verlage, die Online Shops haben.
    Buchhandlungen können nur anbieten, was Verlage liefern.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Booklooker


    Noch mal zum Schund: Ich habe eine Freundin, die nur "Schund" liest. Und sie ist ganz und gar nicht dumm. Sie hat studiert und einen anspruchsvollen Beruf. Wenn sie mal liest, was eh total selten ist, dann will sie sich berieseln lassen. Und ist dann erstaunt, wenn sie mich nach einem Bestseller fragt und ich sage, dass ich kein Interesse hätte diesen zu lesen.


    Booklooker, wunderbar, danke. Endlich wieder ein Wort zum Thema.


    'Schund' in Deinem Fall ist was? Heftchen? Frauenzeitschriften? ChickLit light? Ebooks von SPlerInnen?
    Oder verstehst Du unter 'Schund' keine eigene Linie bei der Buchauswahl, sondern nehmen, was auf den Bestsellerlisten steht?
    Die Frage der eigenen Auswahl ist nämlich auch ein Faktor bei der Schund-Frage, glaube ich. :gruebel

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus


  • Ich bin ein großer Freund von Schund, beruflich wie privat!
    Und die Frage nach der Verantwortung oder Beteiligung des Buchhandels wurde nie gestellt, weil sie schon beantwortet ist: Wir verbreiten das Zeug! Massenweise! Das wird uns doch immer wieder vorgeworfen - ich dachte das hättest Du mitgekriegt!


    Ich verkläre garnix, ich sehe nur keinen Sinn darin die Wüste blöd zu finden weil es dort kein Wasser gibt. Mit bestimmten Dingen muß man sich abfinden, da kann man stundenlang jammern, dadurch wirds nicht besser.

  • Teresa


    danke, das war genug Stoff zum Nachdenken.
    Die Gründe für Auswahl und Güte eines historischen Romans habe ich soweit eingesehen. Ich finde sie auch überzeugend.


    Was mir fehlt - und das fehlt mir heuzutage bei den historischen Unterhaltungsromanen meistens - ist der Grund dafür, warum ein bestimmtes Ereignis ausgewählt und zum Romangegenstand gemacht wurde.
    Der künstlerische Funke reicht mir dabei nicht, weil es ja um ein historisches Thema geht.
    Warum beschäftige ich mich mit der Frage, ob da ein König 1471 eins über den Schädel gekriegt hat oder nicht?
    Warum mit einem Streit zwischen Kaiser und Kurfürst/en (ist das Dein Romanthema?)?
    Was ist daran wichtig für Leserinnen 2015?


    Der letzte historische Unterhaltungsroman, den ich mit Gewinn gelesen habe, war der Versuch der Autorin S.G. MacLean, eine strikt religiös gebundene Gemeinde im Schottland der 1620er Jahre darzustellen. Ihre Überzeugungen, Konflikte, ihr Menschenbild und ihre Handlungen, die sich daraus ergeben. Was ist richtig, was falsch, was Sünde, was schiebt man in Richtung Gott ab, wo darf der Mensch einschreiten.
    Ein Krimi ist es auch, aber nicht im der Detection willen, sondern um zu zeigen, welche unterschiedlichen Folgen eine 'Sünde' haben kann.
    Dazu kamen Fragen um Verantwortung und Sozialverhalten, damals Barmherzigkeit und Vergebung.
    Der Roman ist vor sechs Jahren erschienen, hat aber deswegen, weil wir heute wieder mal mit streng begrenzten religiösen Anschauungen zu tun haben, durchaus Aktualität. Unser eigenes christliches Erbe kann man als Leserin gleich innerlich mitdiskutieren. Verantwortung, Sozialverhalten.


    Wenn ich Historisches lese, möchte ich einen Bezug zu wichtigen Themen haben, die mich heute betreffen. Und zwar nicht nur ein bißchen, sondern als Grund für den Roman. Für mich entsteht dann eher die Frage, inwieweit Faktisches verbogen werden darf, um Parallelen zu heute zu verdeutlichen. Oder das zu erzählen, was der Autorin wirklich am Herzen liegt und sie die Distanz nutzt zur Verdeutlichung.
    So ein Fall wäre Fontanes Grete Minde, die ja mit der historischen wenig gemein hat.


    Rein Unterhaltendes im Bereich 'historisch' muß schon sehr gut gemacht sein, um zu unterhalten. Das ist richtig schwer, fürchte ich. Dorothy Dunnett ist leider tot.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • PS.: Da der Punkt erreicht ist a dem Du nicht nur nicht mehr auf von mir gemachte Aussagen reagierst sondern mit Allgemeinplätzen kommst und mir sogar den eigenen Beruf erklärst ist für mich der Zeitpunkt gekommen Lebewohl zu sagen! Ich denke darüber hinaus ist der Unterhaltungswert für unsere Mitleser erschöpft.


    Ich danke Euch allen soweit, verpasst nicht die nächste Show, wenn Bodo und Magali - die Groucho und Marx des Eulenforums, darüber streiten ob und warum im sitzen pinkelnde Männer der Emanzipation schaden!

  • Bodo


    Wir jammern nicht, wir reden darüber, um etwas ändern zu können.
    So wurde das Rad erfunden, weißt Du?
    Jemand fand es unpraktisch, Lasten an Stirnriemen oder auf den Schultern zu schleppen und hat sich hingesetzt zum Nachdenken und Problem diskutieren. Die Großmutter sagte: das war schon immer so, kannst du auch nichts ändern.
    Mutter sagte: woher hat das Kind das bloß und Vater sagte: es ist deine Tochter! Und nun ab auf den Acker und daß ich nichts mehr davon höre!
    Die Nachbarn tratschten und zeigten mit dem Finger und die Hersteller von Schulterriemen und Tragejoch riefen: das ist das Ende unseres aufrechten Gangs, wenn Lasten anders transportiert werden und ihre Frauen, die leere Kassen befürchteten, drohten mit einer Klage beim Dorfrichter oder gleich beim König.
    Deswegen hat es mit der Erfindung des Rads auch so lange gedauert.
    Aber heute sind wir moderner, da geht alles schneller.


    Wenn es weniger Schund gibt, gibt es imer noch genug Unterhaltung. Sogar mit Buch.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Bodo
    Pelican : Das ist das typische Denken einer Büchereule! Ganz ehrlich, das ist nicht der Maßstab. Ich will Dir keinesfalls zu nahe treten, aber Beiträge wie Deiner sind wirklich rührend!


    @ Bodo
    ich finde es schade, daß Du mir meine Frage nach dem verkaufspsychologischen Hintergrund von Riesenstapeln der gleichen Werke im Eingangsbereich nicht beantwortest. Ich bin in einer anderen Branche als Du unterwegs, in der man die Produkte auf andere Art und Weise verkauft. Insofern hat mich wirklich interessiert, was denn so die verkaufspsychologische Theorie dahinter ist, auch wenn Du das als "rührend" empfindest. Vielleicht darfst Du das hier aber nicht erläutern.

  • Pelican : wo gehst Du einkaufen? Selbst in der Nachbarstadt in der großen Mayerschen liegen da höchstens 15 Bücher. 50-100 auf einem Stapel oder Tisch. Hab ich noch nie gesehen.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

  • Zitat

    Original von magali
    Der letzte historische Unterhaltungsroman, den ich mit Gewinn gelesen habe, war der Versuch der Autorin S.G. MacLean, eine strikt religiös gebundene Gemeinde im Schottland der 1620er Jahre darzustellen. Ihre Überzeugungen, Konflikte, ihr Menschenbild und ihre Handlungen, die sich daraus ergeben. Was ist richtig, was falsch, was Sünde, was schiebt man in Richtung Gott ab, wo darf der Mensch einschreiten.
    Ein Krimi ist es auch, aber nicht im der Detection willen, sondern um zu zeigen, welche unterschiedlichen Folgen eine 'Sünde' haben kann.
    Dazu kamen Fragen um Verantwortung und Sozialverhalten, damals Barmherzigkeit und Vergebung.
    Der Roman ist vor sechs Jahren erschienen, hat aber deswegen, weil wir heute wieder mal mit streng begrenzten religiösen Anschauungen zu tun haben, durchaus Aktualität. Unser eigenes christliches Erbe kann man als Leserin gleich innerlich mitdiskutieren. Verantwortung, Sozialverhalten.


    Schönes Beispiel. Ich bin überzeugt, daß viele Leserinnen diesen Roman lesen, ohne das, was Du darin erkannt hast, auch nur ansatzweise zu sehen. Aber es besteht eben immerhin die Möglichkeit.


    Zitat

    Rein Unterhaltendes im Bereich 'historisch' muß schon sehr gut gemacht sein, um zu unterhalten. Das ist richtig schwer, fürchte ich. Dorothy Dunnett ist leider tot.


    Leider wurde die Neuübersetzung von Dorothy Dunnetts Niccolo-Reihe von Klett-Cotta wegen schlechter Verkaufszahlen eingestellt. Ob es die Reihe mit anderer Vermarktung zu mehr Verkaufserfolg gebracht hätte?

  • Zitat

    Original von magali


    Booklooker, wunderbar, danke. Endlich wieder ein Wort zum Thema.


    'Schund' in Deinem Fall ist was? Heftchen? Frauenzeitschriften? ChickLit light? Ebooks von SPlerInnen?
    Oder verstehst Du unter 'Schund' keine eigene Linie bei der Buchauswahl, sondern nehmen, was auf den Bestsellerlisten steht?
    Die Frage der eigenen Auswahl ist nämlich auch ein Faktor bei der Schund-Frage, glaube ich. :gruebel


    Naja, Schund scheint ja hier zu sein, was nicht hoch literarisch ist. Ich lese wirklich sehr gern Bücher, bei denen Herzschmerz nur so raustropft.... Es soll also nicht abwertend gemeint sein.


    In diesem Fall sind es einfach - ich sag mal - seichte Bücher ohne viel Anspruch, die sie liest. Was ja gar nicht schlimm sein muss. Immerhin besser als sich vom TV berieseln zu lassen, in dem ja wirklich nur Unsinn läuft.


    Ebooks von SPlern können manchmal ganz grandios sein! Das wollte ich auch kurz noch mal anmerken.

  • Zitat

    Original von Pelican


    @ Bodo
    ich finde es schade, daß Du mir meine Frage nach dem verkaufspsychologischen Hintergrund von Riesenstapeln der gleichen Werke im Eingangsbereich nicht beantwortest. Ich bin in einer anderen Branche als Du unterwegs, in der man die Produkte auf andere Art und Weise verkauft. Insofern hat mich wirklich interessiert, was denn so die verkaufspsychologische Theorie dahinter ist, auch wenn Du das als "rührend" empfindest. Vielleicht darfst Du das hier aber nicht erläutern.


    Riesenstapel = Aufmerksamkeit = Abverkauf.... So die Theorie. Natürlich gibt es da auch Verhandlungen über (Sonder-) Rückgaben der nicht verkauften Titel bzw Sonderkonditionen bei Großmengen - ich denke mal sowas ist überall gleich. Ich denke allerdings nicht das sich sowas wirklich rechnet und bin überrascht, das es noch praktiziert wird. Natürlich wird einer Buchhandlung deren Einkaufszahlen drei- und vierstellig sind besondere Konditionen gewährt - doch das Resultat sind die vielen recht aktuellen Titel in den Ramschkisten in Kaufhäusern.